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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gar keine Zeit, uns richtig vorzustellen. Ich bin Raul Endymion.«
    Die Augen des Mädchens leuchteten. Trotz Schlamm und Schmutz in ihrem Gesicht konnte ich erkennen, wie hell ihre Haut war. »Ich erinnere mich«, sagte sie. »Endymion, wie das Gedicht.«
    »Gedicht?«, sagte ich. »Ich weiß nichts von einem Gedicht. Es ist Endymion, wie die alte Stadt.«
    Sie lächelte. »Ich kenne das Gedicht nur, weil mein Vater es geschrieben hat. Wie passend von Onkel Martin, einen Helden mit so einem Namen auszusuchen.«
    Ich wand mich, als ich das Wort »Held« hörte. Auch ohne das schien das gesamte Unternehmen schon absurd genug zu sein.
    Das Mädchen streckte seine kleine Hand aus. »Aenea«, sagte es. »Aber das weißt du ja.«
    Seine Finger lagen kühl in meiner Handfläche. »Der alte Dichter sagte, dass du deinen Namen ein paarmal geändert hast.«
    Sein Lächeln blieb konstant. »Und ich wette, ich werde es wieder tun.«
    Es entzog mir seine Hand und hielt sie dem Androiden hin. »Aenea, Waise der Zeit.«
    A. Bettik schüttelte ihr die Hand anmutiger als ich, verbeugte sich tief und stellte sich vor. »Ich stehe zu Ihren Diensten, M. Lamia.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Meine Mutter ist... war... M. Lamia. Ich bin nur Aenea.« Sie bemerkte meinen veränderten Gesichtsausdruck. »Du kennst meine Mutter?«
    »Sie ist berühmt«, sagte ich und errötete aus einem unerfindlichen Grund ein wenig. »Wie alle Pilger nach Hyperion. Sogar legendär. Es gibt ein Gedicht, eigentlich ein mündlich überliefertes Epos...«
    Aenea lachte. »O Gott, Onkel Martin hat seine verdammten Cantos fertig geschrieben.«
    Ich muss gestehen, ich war schockiert. Man muss es meinem Gesicht angesehen haben. Ich bin froh, dass wir an jenem besagten Morgen nicht Poker gespielt haben.
    »Entschuldigung«, sagte Aenea. »Offenbar ist das Gekritzel des alten Satyrn zu einer Art kostbarem kulturellem Erbe geworden. Lebt er noch?
    Ich meine Onkel Martin.«
    »Ja, M.... ja, M. Aenea«, sagte A. Bettik. »Ich hatte das Privileg, deinem Onkel mehr als ein Jahrhundert dienen zu dürfen.«
    Das Mädchen verzog das Gesicht. »Du musst ein Heiliger sein, M. Bettik.«
    »A. Bettik, M. Aenea«, sagte er. »Aber nein, ich bin kein Heiliger.
    Lediglich ein langjähriger Bekannter deines Onkels.«
    Aenea nickte. »Ich habe ein paar Androiden kennen gelernt, als wir von Jacktown raufgeflogen sind, um Onkel Martin in der Stadt des Dichters zu besuchen, aber dich nicht. Mehr als ein Jahrhundert, sagst du. Welches Jahr schreiben wir?«
    Ich sagte es ihr. »Nun, dann haben wir wenigstens den Teil richtig gemacht«, sagte sie, verstummte und betrachtete das Holo der Welt, die hinter uns zurückblieb. Hyperion war nur noch ein Pünktchen.
    »Du kommst wirklich aus der Vergangenheit?«, sagte ich. Es war eine dumme Frage, aber an diesem Morgen fühlte ich mich nicht besonders klug.
    Aenea nickte. »Onkel Martin muss es dir erzählt haben.«
    »Ja. Du fliehst vor dem Pax.«
    Sie sah auf. Unvergossene Tränen funkelten in ihren Augen. »Der Pax? Nennen sie es so?«
    Da musste ich blinzeln. Der Gedanke, dass jemand mit dem Konzept des Pax nicht vertraut sein könnte, erschütterte mich. Dies alles war echt. »Ja«, sagte ich.
    »Also beherrscht die Kirche inzwischen alles?«
    »Nun, in gewisser Weise«, sagte ich. Ich erklärte ihr die Rolle der Kirche in dem komplexen Bund, den der Pax darstellte.
    »Sie beherrschen alles«, bekräftigte Aenea. »Wir dachten, dass es so kommen könnte. Auch was das angeht, waren meine Träume zutreffend.«
    »Deine Träume?«
    »Vergiss es«, sagte Aenea. Sie stand auf, sah sich in dem Raum um und ging zu dem Steinway. Sie klimperte ein paar Noten auf den Tasten. »Und das ist das Schiff des Konsuls.«
    »Ja«, sagte das Schiff, »obschon ich nur undeutliche Erinnerungen an den Herrn habe. Kanntest du ihn?«
    Aenea lächelte und ließ die Finger immer noch über die Tasten gleiten.
    »Nein. Meine Mutter kannte ihn. Sie gab ihm das als Geschenk –« Sie zeigte auf die sandbedeckte Hawking-Matte, die neben dem Treppenabgang lag. »Als er Hyperion nach dem Fall verließ. Er kehrte ins Netz zurück. Zu meiner Zeit ist er nicht mehr wiedergekommen.«
    »Er ist nie mehr wiedergekommen«, sagte das Schiff. »Wie ich schon sagte, meine Erinnerungen wurden beschädigt, aber ich bin sicher, dass er irgendwo dort gestorben ist.« Die sanfte Stimme des Schiffs veränderte sich, wurde sachlicher. »Wir wurden beschossen, als wir die Atmosphäre

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