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Engel der Finsternis (German Edition)

Engel der Finsternis (German Edition)

Titel: Engel der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.B. Brothers
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gebreitet hatte. Es schien, als würde sie sich bewegen. Rasch rutschte Franzi auf den Knien ein Stück nach hinten und biss sich vor Angst in die Hand. Sie wollte schreien, um Hilfe rufen, aber sie traute sich nicht.
    Die Flammen der mächtigen Kerzen flackerten unruhig. Gespenstische Schatten huschten über den zugedeckten Leichnam und im Stroh raschelte es leise. Franzi kümmerte sich nicht darum. Schon die ganze Zeit rannten Mäuse oder Ratten durch die Kapelle. Die Tiere spürten die Anwesenheit des Wilden Heeres ganz deutlich und ihr Quieken wurde lauter. Im Burghof schrie irgendwo ein Esel. Dann wurde es von einem Augenblick zum nächsten still.
    Trotz der Kälte rann Franzi der Schweiß die Schläfen hinab. Sie schloss die Augen und betete weiter. „Tag und Nacht, ich bitte dich …“
    Weiter kam sie nicht, denn jemand legte ihr die Hand auf die Schulter. Mit einem Schrei fuhr Franziska entsetzt herum. Es war die Gräfin.
    „Er wird dich nicht mehr beschützen können.“ Aus kalten, leblosen Augen starrte sie Franzi an. „Deine Schwester hat dich an uns verschachert. Sie hat sich selbst losgekauft, indem sie dich verraten hat. Niemand kann dich jetzt noch retten! Auch nicht dein Schutzengel.“ Katharina riss das Bauernmädchen an den Haaren in die Höhe. Franzi war wie gelähmt von dem, was die Gräfin soeben von sich gegeben hatte. Ihr versagte die Stimme. Nicht ein Laut kam über ihre Lippen, kein Schrei. „Weißt du, was deine Schwester gerade in diesem Augenblick macht? Sie vergnügt sich mit dem Grafen, diesem Hurenbock. Sieh mich nicht an wie ein dummes Schaf. Was dachtest du denn? Sie weiß, dass du sterben wirst und es schert sie nicht im Geringsten. Während du getötet wirst, liegt sie schreiend und strampelnd vor Lüsternheit unter …“ Mitten im Satz brach Katharina ab, riss die Augen auf und blickte an sich hinab. Aus ihrem Bauch ragte ein angespitztes Stück Holz.
    Ohne Franzis Haare loszulassen, blickte sie über die Schulter zurück. Hieronymus zog sein Kreuz aus dem Leib der Gräfin und stieß erneut zu.
    „Lass sie los und kämpfe mit mir, du Ungeheuer! Gott, gib mir die Kraft, diese Kreatur dahin zurückzuschicken, woher sie gekommen ist! Fahr zur Hölle!“ Hieronymus wollte erneut zustoßen, als die anderen Weiber in der Kapelle auftauchten. Wie aus dem Nichts strömten sie aus allen Richtungen auf den Geistlichen zu und fielen heulend und kreischend über ihn her. Die Gräfin ließ Franzi los und wandte sich fauchend ihrem Gegner zu. Der war zwar durch den Angriff der Weiber zu Boden gegangen, kämpfte aber furchtlos weiter.
    Franzi beobachtete, wie er schreiend mit funkelnden Augen nach den Weibern schlug, und traute sich nicht, ihm zu Hilfe zu eilen. Was hätte sie tun können?
    „Franzi!“, keuchte der Kaplan. „Hol Hilfe! Rasch!“ Er schaffte es, sich unter größter Kraftanstrengung vom Boden zu erheben. Aber die bucklige Tochter der Hebamme saß auf seinem Rücken, klammerte sich mit Armen und Beinen an ihm fest und schlug ihre Zähne in sein linkes Ohr. Der Kaplan heulte auf vor Schmerz, erkannte aber trotzdem noch rechtzeitig, dass die Nonne mit einer der Kerzen auf ihn zukam. Rasch drehte er sich um und die Nonne rammte dem Weib auf seinem Rücken die brennende Kerze in den Rücken. Die Tochter der Hebamme ließ ihn los und fiel zu Boden. Mit einer Schnelligkeit, die man dem alten Mann gar nicht zugetraut hätte, fiel er über die Köhlerin her, die soeben versuchte, Franzi am Arm zu packen.
    „Lauf, Mädchen, lauf!“, rief er und stopfte Marlies das kleine Kreuz, das er um den Hals trug, in den Rachen. „Der Herr ist mit mir!“ Es klang wie ein Schlachtruf.
    Franzi rannte nach Hilfe schreiend zur Kapellentür. Die Männer im Burghof mussten doch hören, was hier vor sich ging. Den Eisenring schon in der Hand, wurde sie von der Gräfin herumgerissen.
    „Weg da!“, knurrte Katharina. Sie packte Franzi am Arm und zog sie wie einen Sack Mehl hinter sich her ins Kirchenschiff zurück.
    Franzi wehrte sich, so gut sie konnte. Die Gräfin ließ jedoch nicht locker. Ihre Hände schlossen sich sogar noch fester um Franziskas Handgelenk, dass sie vor Schmerz aufschrie.
    „Ich habe sie!“ Kaum verkündete Katharina ihren Triumph, ließen die anderen Weiber von Hieronymus ab. Der Kaplan lag blutüberströmt am Boden, war aber noch am Leben.
    „Wir sehen uns wieder“, versprach die Köhlerin drohend, die im Kampf mit Hieronymus ein Büschel Haare verloren hatte.

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