Engel der Finsternis (German Edition)
seien in Wirklichkeit Dämonen, die Gott zu uns gesandt hat, um uns zu verführen.“
„Um die Frauen zu verführen!“, berichtigte Hieronymus streng. „Worauf wollt Ihr hinaus?“
Der Graf blieb wieder die Antwort schuldig und wandte sich stattdessen direkt an Franzi. „Wer ist Agreas?“
Franzi sah Konrad wortlos an. Sie saß in der Falle. Es war klar, was nun kommen würde. „Er ist ein Dämon wie Meresin“, antwortete sie leise.
„Du lügst!“, schrie Konrad. „Er ist kein Dämon wie Meresin, er ist es! Agreas und Meresin sind ein und derselbe, habe ich recht?“
„Nein!“, rief Franzi erschrocken und schüttelte den Kopf so heftig, dass ihr langes, dunkles Haar hin und her schwang.
Aber Konrad duldete keinen Widerspruch. „Du hast ihn auf meine Frau gehetzt! Wegen dir musste sie sterben. Es ist alles deine Schuld! Deswegen hasst sie dich so sehr. Aber sie kann dir nichts tun, weil dieser Dämon dich beschützt. Walburga hatte recht, als sie sagte, das Wilde Heer komme nur wegen dir nach Waldenfels.“ Der Graf wandte sich zum schweigenden Kaplan um. „Du selbst hast es bestätigt. So war es doch? Du warst in der Kapelle, als die Weiber kamen. Die Weiber wollten das Mädchen, nicht dich.“
„So war es!“ Der Kaplan erhob sich unter Schmerzen. Noch immer litt er unter den Folgen des Kampfes mit den Weibern. Er hinkte zu Franzi hinüber und betrachtete sie nachdenklich. „Wir alle haben einen furchtbaren Fehler gemacht. Die ganze Zeit über glaubten wir, jemand habe die Weiber gerufen. Dabei kamen sie nur, um sich zu rächen.“
„Am ganzen Dorf?“ Der Gutsverwalter schien ehrlich verwirrt. „Das ergibt doch keinen Sinn!“
„Es sind viele Frauen. Wer weiß, mit wessen Hilfe der Dämon sie ins Unglück gerissen hat. Fest steht, dass die Gräfin wegen Franzi sterben musste und nun kehrt ihre verdammte Seele so lange hierher zurück, bis die Schuldige gerichtet und der Dämon gefunden ist.“ Hieronymus trat vor Franzi, nahm das Kreuz, das um seinen Hals hing, in die Hand und blickte auf sie hinab. „Erleichtere dein Gewissen, Mädchen, und sag uns, wo der Dämon sich versteckt hält!“
„Ich weiß es nicht!“, antwortete Franzi und sah dem Kaplan mit zitternden Lippen ins Gesicht.
Hieronymus atmete schwer, stützte sich stöhnend auf den Stock in seiner linken Hand und verkündete mit lauter Stimme sein Urteil. „Sie wird nicht reden - zumindest nicht freiwillig. Man wird sie zwingen müssen.“
„Schafft sie in den Kerker!“, befahl Konrad den beiden Soldaten. „Und richtet dem Henker aus, er soll alles für die Folterprozedur vorbereiten.“
Franzi taumelte wie eine Schlafwandlerin an Hieronymus und dem Grafen vorbei und verschwand in Richtung Wendeltreppe. Die Hoffnungslosigkeit schnürte ihr die Kehle zu. Sogar in dem Moment, als Konrad die Folter angeordnet hatte, hatte sie weder um Gnade gefleht noch verzweifelt aufgeschrien. Auf die Männer wirkte sie ungewöhnlich ruhig und gelassen. Deswegen befahl der Graf strengste Bewachung. Die Gefangene durfte auf keinen Fall entkommen. Die Soldaten verstanden natürlich, was er damit meinte. Es war kaum anzunehmen, dass eine so kleine und zierliche Frau auf eigene Faust einen Fluchtversuch unternehmen würde. Wenn der Graf befahl, sie an der Flucht zu hindern, dann meinte er, die Männer sollten verhindern, dass der Dämon bis zu Franzi vordringen konnte. Aber wie sie das anstellen sollten, wusste er natürlich auch nicht. So wenig wie der Burgkommandant, den die vollkommen verängstigten Soldaten um Rat fragten. Rainald wusste sich nicht anders zu helfen, als selbst vor dem Verlies Posten zu beziehen. Der alte Haudegen wollte nicht vor dem Kaminfeuer sitzen und Däumchen drehen, während seine Männer vor Angst starben. Außerdem hatte er Grimberts mutigen Vorstoß in den Wald nicht vergessen.
„Denkt an Grimbert!“, rief er seinen Männern ins Gedächtnis. „Er ist mitten in der Nacht alleine in den Wald gegangen und hat es mit dem Dämon und den Weibern aufgenommen. Wenn er das kann, dann können wir das auch!“ Die Soldaten blickten betreten zu Boden und scharrten mit den Füßen im Stroh.
Hätten sie gewusst, dass hinter der Kerkertür bereits ein Dämon stand, wären sie zweifellos laut schreiend davongerannt. So aber saßen sie verängstigt und schweigsam beisammen und horchten auf jedes noch so kleine Geräusch.
„Du weißt, dass sie dich foltern werden“, sagte Agreas mit einem brutalen Lächeln auf den
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