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Engel der Kindheit

Engel der Kindheit

Titel: Engel der Kindheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skyla Hegelund
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Anlegestelle der Fähre. In saftigem Grün standen die Wiesen neben dem Straßenrand, Tulpen und Osterglocken öffneten ihr Knospen, streckten ihre rot und gelb leuchtenden Kelche der Sonne entgegen.
    Bis Krischan aus ihrem Blickfeld verschwunden war, winkte Lena aus dem Fenster. Glücklich drehte sie ihrem Vater das Gesicht zu. „Ach Paps, ich freu mich so darauf, Babs wieder in die Arme nehmen zu können!“ Beinahe vollständig war ihre Energie wieder zurückgekehrt. Nicht erwarten konnte sie es, bis sie endlich auf der Fähre waren.
    „Sie freut sich genauso! Am liebsten wäre sie mitgekommen, aber Mama hat gesagt, die Fahrt wäre zu lange für sie!“ Kurz blickte er in die leuchtenden Augen seiner Tochter.
    „Schade! Ich hätte mich gefreut!“ Erwartungsvoll schloss Lena die Augen und stellte sich das rosige, volle Gesichtchen vor, die patschenden Hände, die alles berühren mussten und ihre tiefblauen Augen, die sie stets an Nils erinnerten. Nils, wenn sie ihn doch nur vergessen könnte! Wie sehr wünschte sie sich, dass er sie in seinen Armen hielt, dass er ihr die liebevollen Worte zuflüsterte, die sie bei Krischan hörte und nicht erwidern konnte.
    „Liebst du ihn?“
    Ganz in ihren Gedanken, schreckte Lena bei der leise gestellten Frage ihres Vaters auf.
    „Nils? Ja!“ Wie aus der Pistole geschossen, kamen ihr diese Worte über die Lippen. Flammende Röte überzog ihr Gesicht. Verlegen blickte sie zu Boden. „Du hast Krischan gemeint?“
    Stumm nickte ihr Vater, er parkte hinter den Autos, die auf die Ankunft der Fähre warteten und musterte seine Tochter genau. „Du liebst ihn nicht!“
    Verneinend schüttelte Lena den gesenkten Kopf, ihr langes Haar verdeckte ihr Gesicht, aber er musste es nicht sehen, um zu wissen, wie schuldig sie sich fühlte.
    „Warum, Lena? Du tust ihm und dir weh!“ Sacht umfasste Georg die schmalen Schultern seiner Tochter.
    „Vielleicht wächst die Liebe ja erst noch langsam, oder?“ Zweifelnd hob sie den Kopf. Schuldgefühle, Mitleid und Zerrissenheit waren in ihren Augen zu sehen.
    „Vielleicht, Lena, ich würde es dir wünschen!“ Mitfühlend zog er sie in seine Arme, vertrauensvoll legte sie den Kopf an seine Schulter. Von Weitem sahen sie die Fähre in den Hafen fahren, von einem Schwarm kreischender Möwen wurde sie begleitete. Urlauber fieberten der Ankunft auf der Insel entgegen, dichtgedrängt standen sie an der Reling, streckten die Hände aus und deuteten auf das Land, das nicht mehr fern war.
    „Er ist wie ein Bruder für mich, ich mag ihn, ich weiß, dass ich mich auf ihn verlassen kann, er ist lieb und nett...“
    „Aber du liebst ihn nicht!“ Vollendete ihr Vater ihren angefangenen Satz. So gut kannte er sie und wusste, dass sie ihr Herz nicht mehr verschenken konnte, da sie es vor langer Zeit verschenkt hatte. Warum nur hatte Nils ihre Liebe verraten?
    Es dämmerte bereits, als Georg das Auto in die Garage fuhr.
    Aufgeregt öffnete Lena die Beifahrertüre, nichts konnte sie mehr halten, sie stürmte über den geschotterten Weg, klopfte wild an der Eingangstür und breitete die Arme aus, in die sich ihre Tochter stürzte.
    „Mami! Mami! Endlich! Ich habe dich so vermisst.“ Jubelnd schlang Babs die Arme um den Hals ihrer Mutter, ließ sich von ihr im Kreis drehen, sie lachte und kicherte dabei, bis sie um Hilfe rief und Lena zum Stehen kam.
    Ungehindert liefen Lena die Tränen über die Wangen, sie küsste ihre Tochter auf die Stirn, die Augen, die Wangen, das Näschen und den kleinen spitzen Mund.
    „Mein Liebling! Wie sehr habe ich mich darauf gefreut, dich wieder im Arm halten zu können! Ich habe dich so lieb!“ Mit dem Handrücken wischte Lena sich über die Wangen.
    „Komm, ich muss dir alles zeigen, was ich gebastelt habe!“ Jauchzend strampelte Babs, um auf den Boden zu kommen, ihre langen Korkenzieherlocken wippten bei jedem Schritt, als sie ihre Mutter an der Hand zu ihrem Zimmer zog.
    Gerührt stand Sonja daneben und wartete, bis Mutter und Tochter sich begrüßt hatten.
    „Hallo, Mama!“ Im Vorbeigehen winkte Lena kurz ihrer Mutter zu, die sie richtig begrüßen würde, wenn sie aus dem Kinderzimmer zurückkommen würde.
    Gemütlich setzte Lena sich auf den flauschigen Teppichboden. Berge von Zeichnungen brachte ihre kleine Tochter, die sie allesamt für Lena gemalt hatte. Wiesen voller leuchtender Blumen, Blumensträuße, Hunde, Katzen, Vögel, die sie gesehen hatte und immer wieder sich selbst, zusammen mit ihrer Mutter.

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