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Engel der Kindheit

Engel der Kindheit

Titel: Engel der Kindheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skyla Hegelund
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Platz nahm. Willenlos zitterte ihr ganzer Körper. Hundeelend war ihr, eine dicke Faust spüre sie mitten in ihrem Magen.
    „Frau Johle“, fing er vorsichtig an zu reden, während er sie nicht aus den Augen ließ, „es tut mir leid Ihnen sagen zu müssen, dass sich mein Anfangsverdacht bestätigt hat! Ihre Tochter hat Leukämie!“
    Lena meinte, die Welt würde geradeswegs über ihr zusammenbrechen. Bestürzt hob sie die Hand vor den Mund und starrte den Arzt fassungslos an.
    „Die genauen Blutwerte werden wir bis heute Nachmittag vorliegen haben, aber die Diagnose ist sicher! Wir werden morgen mit der Chemotherapie beginnen! Bis dahin werden wir nähere Angaben vom Labor erhalten haben. Dann kann ich Ihnen auch sagen, um welche Art der Leukämie es sich handelt und welche Heilungschancen bestehen! Bitte, stecken Sie den Kopf nicht in den Sand! Leukämie im Kindesalter hat eine große Aussicht auf vollkommene Genesung! Als letzte Möglichkeit besteht immer noch die Chance auf eine Knochenmarktransplantation, sofern ein geeigneter Spender gefunden wird. Ich bitte Sie, sich selbst und Ihre komplette Familie testen zu lassen. Die Untersuchungen kosten den Betrag, den das Labor für die Bestimmung verrechnet. Wir können besser agieren, wenn wir wissen, dass ein geeigneter Spender im Hintergrund ist. Bitte, lassen Sie sich so schnell wie möglich testen. Die Wahrscheinlichkeit einen Spender in der eigenen Familie zu finden ist natürlich viel größer, als zuerst deutschland- und dann weltweit nach einem genetischen Zwilling suchen zu müssen. Alle auch noch so entfernten Verwandten sollten sich testen lassen, natürlich Geschwister, Eltern sowieso, die Großeltern, Onkel, Tanten, Cousin und Cousinen...“ Eindringlich sah er Lena an, die zusammengekauert vor ihm in dem Stuhl saß.
    „Frau Johle, verzweifeln Sie jetzt bitte noch nicht! Ich werde Ihnen Morgen genaueres sagen! Wenn Sie möchten, dürfen Sie bei Ihrer Tochter im Zimmer bleiben! Sie wird jetzt auf Station verlegt, wie gesagt, morgen beginnen wir mit der Chemotherapie! Dafür bräuchte ich die Unterschrift von Ihnen und Ihrem Mann!“ Nüchtern erhob Doktor Herlach sich, zog ein Schriftstück aus der Schublade und legte es Lena zur Unterschrift vor. Hinter seinem Schreibtisch ließ er sich in dem großen Schreibtischstuhl nieder.
    „Ich bin alleinerziehend! Ich bin nicht verheiratet!“ Unkontrollierbar zitterte ihre schmale Hand, als sie den schweren Kugelschreiber ergriff.
    „Haben Sie das alleinige Sorgerecht?“
    Stumm nickte Lena.
    „Frau Johle! Sie sollten den Vater von Barbara trotzdem verständigen! Er sollte sich unbedingt testen lassen!“ Streng blickten die dunkelbraunen Augen sie an.
    Lahm nickte Lena mit dem Kopf. Rasselnd und pfeifend zog sie die Luft in ihre Lungen.
    Kritisch sah der Arzt sie an, fieberhaft suchte sie in der Handtasche nach ihrem Spray. Ziehend ging ihre Atmung, sie spürte die Enge in ihren Bronchien. Endlich legte sich ihre Hand um das kalte, glatte Metall des Sprays. Kraftlos hob sie es sich mit beiden Händen vor den Mund, fest drückte sie es nach unten, tief atmete sie das rettende Medikament ein. So lange Zeit hatte sie es nicht mehr benötigt! Regelmäßig nahm sie ihre homöopathischen Medikamente. In ruhigen, geordneten Bahnen verlief ihr Leben, sie haderte nicht mit dem Schicksal, denn es hatte ihr zwei wundervolle Kinder geschenkt. Keines davon wollte sie verlieren! Alles, was in ihrer Macht stand, würde sie für ihre große Tochter tun!
    „Sie haben Asthma?“ Aufmerksam blickte Doktor Herlach sie an. Inzwischen hatte er sich erhoben, stand vor ihr in seinem weißen Hemd und der weißen Hose und wartete darauf, dass Lena unterschrieb.
    Abermals ergriff sie den schweren Kugelschreiber, nickte nur zu seiner Frage, da sie keinen Ton herausbrachte und setzte ihre Unterschrift unter das Formular, das sie kurz überflogen hatte.
    „Wir sehen uns morgen! Sie sollten Barbara keine Angst machen!“
    Kraftvoll reichte er ihr die Hand, sein Händedruck war fest. Rasch ging er über den breiten, weißgestrichenen Flur und verschwand hinter einer Schwenktüre, die in eine andere Station führte.
    Schweratmend lehnte Lena sich gegen die Wand des Korridors und schloss die Augen. Die Kälte der Wand, die ihren Körper durchströmte, fühlte sie wie Eiswasser in ihren Adern. Ausgelaugt legte sie ihren Kopf in den Nacken und versuchte, ihre Atmung zu normalisieren. Alle Gedanken in ihrem Kopf irrten durcheinander. Es

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