Engel der Kindheit
und spürte das warme Wasser über ihren Körper rinnen. Matt schloss sie die brennenden Augen, regungslos stand sie unter dem festen Strahl und schmeckte die Tränen nicht mehr, die nicht versiegten.
„Babs, es ist Zeit für das Bett!“ Traurig öffnete Lena die Wohnzimmertüre, hinter der sie das Lachen ihrer Tochter hörte. Gemütlich saß ihr Vater mit seiner Enkeltochter auf dem Boden und puzzelte mit ihr an einem Holzpuzzle.
„Paps!“
„Engelchen! Komm mal zu mir!“ Tröstend zog er seine Tochter in seine kräftigen Arme, legte ihren Kopf an seine Schulter und streichelte ihr feuchtes Haar.
„Warum hat er das getan?“ Es war kein Hass oder Vorwurf aus seiner Stimme zu hören, er fragte sie nur nach Nils Beweggründen.
„Ich weiß es nicht! Er schreibt, dass er sie nicht liebt, dass sie eine kaltherzige Hexe wäre, aber sie bekommt ein Kind von ihm. Er bleibt wegen dem Kind bei ihr, dem er nicht zumuten möchte, alleine bei ihr aufzuwachsen. Paps, ich liebe ihn so sehr!“ Hoffnungslos schmiegte Lena ihren Kopf an seine breite Schulter und genoss das Gefühl der Geborgenheit.
„Ich weiß, Engelchen! Ich kenne dich! Vielleicht findest du einen Mann, dem du deine Liebe schenken kannst, wenigstens den Teil, den du noch in deinem Herzen trägst!“ Fest schloss er sie in seine Arme, wiegte sie hin und her, wie er es mit ihr getan hatte, als sie ein kleines Kind gewesen war.
Quengelnd quetschte Babs sich zwischen die Beine der Erwachsenen, sie spürte, wie traurig ihre Mutter war und wollte sie ebenso wie ihr Pops trösten.
„Ach Babs, mein kleiner Liebling! Komm, ich bringe dich ins Bett!“ All ihre Kraft zusammennehmend nahm Lena ihre Tochter auf die Arme. Seit zwei Jahren schlief Babs in Philipps früherem Zimmer. Dort hatte Lena ihr ein gemütliches Kinderzimmer eingerichtet.
Mit zitternden Händen half sie ihrer Tochter den Schlafanzug anzuziehen und die Zähne zu putzen.
Im Bett las sie ihr eine Gutenachtgeschichte vor, stockend versuchte sie ein Lied zu singen, doch die Tränen schossen in ihre Augen und sie gab auf. Zärtlich zog sie Babs in ihre Arme, küsste sie auf die duftende, runde Wange, deckte sie zu, löschte das Licht und zog die Türe ins Schloss.
In ihrem eigenen Zimmer schloss sie die Türe hinter sich, legt sich ebenfalls ins Bett und starrte in dem dunklen Zimmer an die Zimmerdecke. Irgendwann mussten ihr die Augen zugefallen sein. Mitten in der Nacht wachte sie schweißgebadet auf. Höllisch schmerzten ihre Glieder, der Hals tat ihr beim Schlucken weh, ihr Kopf fühlte sich an, wie wenn unzählige Nadeln in ihn einstachen, wenn sie hustete musste sie vor Schmerz ihren Brustkorb halten.
Sicher war es nur eine leichte Grippe, die bis morgen früh wieder vergangen war. Unruhig versuchte Lena in den Schlaf zu finden, doch sie wälzte sich unter Schmerzen von einer auf die andere Seite. Lahm erhob sie sich, sie würde ein pflanzliches Grippemittel einnehmen. Als sie aufgestanden war, drehte sich ihr Zimmer vor ihren Augen, sie spürte nicht den Aufprall, mit dem sie gegen die Bettkante stieß.
Am Morgen fand ihre Mutter sie vor dem Bett auf dem Boden liegend. Dampfend glühte ihr Körper, hochrot war sie im Gesicht und wimmerte leise vor Schmerzen.
„Georg! Georg!“ Kreischend rannte Sonja über den Flur in ihr Schlafzimmer.
Georg, der bei dem Schrei seiner Frau aus dem Bett gesprungen war, rannte ihr bereits entgegen. Die schrecklichsten Bilder malte er sich aus und rechnete mit allem.
„Lena, sie ist krank, komm schnell!“
Erleichtert stieß er die Luft aus, die sich in seinen Lungen angesammelt hatte.
Rennend betrat er Lenas Zimmer, dichtgefolgt von seiner Frau und fühlte die heiße Stirn seiner Tochter.
Aufstöhnend ließ sie sich auf den Rücken drehen, ihre Arme und Beine folgten willenlos der Bewegung.
„Wir brauchen einen Arzt! Ruf Doktor Heiner an, wenn du ihn nicht erreichst, rufe den Krankenwagen, dann muss sie ins Krankenhaus!“ Sorgenvoll strich er über die glühenden Wangen seiner Tochter. Bestimmt hatte sie sich gestern erkältet, als sie stundenlang in der feuchten Kälte umhergeirrt war. Sein erster Verdacht war, dass sie sich eine Lungenentzündung geholt hatte.
Besorgt eilte Sonja in den Flur, wählte mit fliegenden Fingern die Nummer des Hausarztes, der nur den Anrufbeantworter eingeschaltet hatte, da heute Samstag war.
Sofort wählte sie die Nummer des Rettungsdienstes. Dort bekam sie die Auskunft, dass sie so schnell wie möglich einen
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