Engel Der Nacht
konnte das Beben in meiner Stimme nicht zurückhalten. »Er - er …« Ich hatte schon genug Ärger wegen meinem Date mit Patch. Meine Mutter wollte heute Abend auf die Hochzeitsfeier der Tochter einer Arbeitskollegin gehen, aber wenn ich ihr sagte, dass Elliot mich bedroht hatte, würde sie mit Sicherheit zu Hause bleiben. Und das war das Allerletzte, was ich brauchen konnte, weil ich nämlich nach Portland fahren musste, um Elliot auszukundschaften. Die geringste Spur von belastendem Beweismaterial könnte ausreichen, um ihn hinter Gitter zu bringen, und bevor das nicht passiert war, würde ich mich nicht mehr sicher fühlen. Ich spürte, dass sich in ihm eine Aggressivität aufbaute, und ich wollte nicht dabei sein, wenn die außer Kontrolle geriet und sich entlud. »Er wollte meine Notizen zu Hamlet «, log ich dreist. »Letzte Woche hat er bei der Prüfung von mir
abgeschrieben, und es scheint, als wollte er sich das zur Gewohnheit machen.«
»Oh, Kleines.« Sie kam und setzte sich neben mich, streichelte mein feuchtes Haar, das sich kalt anfühlte, seit ich aus der Dusche gekommen war. »Ich kann verstehen, dass du verärgert bist. Wenn du möchtest, rufe ich seine Eltern an.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Dann mache ich jetzt Frühstück«, sagte Mom. »Geh und zieh dich an. Ich habe dann alles fertig, wenn du herunterkommst.«
Ich stand vor meinem Kleiderschrank, als mein Handy klingelte.
»Hast du schon gehört? Wir vier gehen z-e-l-t-e-n über Ostern!«, sagte Vee, wobei sie bizarr fröhlich klang.
»Vee«, sagte ich mit zitternder Stimme. »Elliot plant etwas. Etwas Unheimliches. Er will nur zelten gehen, damit er uns allein zu fassen bekommt. Wir gehen nicht mit.«
»Was meinst du damit, wir gehen nicht mit? Das ist ein Witz, oder? Ich meine, endlich können wir mal über Ostern was Aufregendes machen, und du sagst nein? Meine Mutter lässt mich bestimmt nicht allein mitfahren. Ich tue alles für dich. Ehrlich. Ich mache eine Woche lang deine Hausaufgaben. Nora, raff dich auf. Ein einziges Wort. Sag es. Es fängt mit J an …«
Die Hand, in der ich mein Handy hielt, zitterte, und ich hob meine andere Hand, um sie ruhig zu halten. »Elliot ist vor einer Viertelstunde hier bei mir zu Hause aufgetaucht, betrunken. Er hat mich - körperlich bedroht.«
Sie war einen Moment lang still. »Was meinst du mit ›körperlich bedroht‹?«
»Er hat mich zur Haustür rausgezogen und mich gegen die Hauswand gedrückt.«
»Aber er war betrunken, nicht?«
»Ist das wichtig?«, blaffte ich.
»Nun ja, er hat eine Menge um die Ohren. Ich meine, er ist fälschlicherweise beschuldigt worden, etwas mit dem Selbstmord eines Mädchens zu tun zu haben, und er war gezwungen, die Schule zu wechseln. Wenn er dich verletzt hat - und ich will damit wirklich nicht rechtfertigen, was er getan hat -, dann braucht er vielleicht eine Therapie, weißt du?«
»Wenn er mich verletzt hat?«
»Er war stockbesoffen. Vielleicht - vielleicht wusste er gar nicht, was er tat. Morgen wird er sich sicher total schlecht fühlen.«
Ich öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Es war nicht zu fassen, dass Vee sich auf Elliots Seite schlug. »Ich muss jetzt los«, sagte ich kurz angebunden. »Wir reden später.«
»Darf ich mal völlig offen sein, Süße? Ich weiß, dass du dir wegen des Typen mit der Skimaske Sorgen machst. Hasse mich jetzt nicht dafür, aber ist es nicht vielleicht so, dass du nur deshalb so heftig versuchst, es Elliot anzuhängen, weil du nicht willst, dass Patch es ist? Du begründest alles so vernünftig und machst mich ganz verrückt damit.«
Ich war sprachlos. »Begründen? Es war nicht Patch, der heute Morgen an meiner Haustür aufgetaucht ist und mich gegen die Hauswand gestoßen hat.«
»Weißt du was? Ich hätte nicht damit anfangen sollen. Lassen wir es bleiben, okay?«
»Gut«, sagte ich steif.
»Also … was machst du heute?«
Ich steckte meinen Kopf zur Tür hinaus, auf meine Mutter horchend. Das Geräusch eines Schneebesens, der in einer Schüssel rührte, hallte aus der Küche herauf. Ein Teil von mir sah nicht ein, wieso ich ihr überhaupt noch irgendetwas erzählen sollte, aber ein anderer Teil von mir war in streitlustiger Stimmung. Sie wollte hören, was ich vorhatte?
Konnte sie gern. Es war schließlich nicht mein Problem, wenn es ihr nicht gefiel. »Ich fahre nach Portland, sobald meine Mutter auf dem Weg zu ihrer Hochzeit in Old Orchard Beach ist.« Die Hochzeit begann um 16:00 Uhr, und wenn man
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