Engel der Schatten - 01 - Astrid Martini
wirkte. Er kniete vor ihr und strich ihr
sanft die Haare aus der Stirn.
„Lebe wohl, meine süße Cecile. Wir werden uns nicht wieder sehen. Das erste, was du spüren wirst – wenn du aufwachst – wird der Schmerz der Erinnerung sein über das,
was du gesehen hast. Es tut mir Leid, dass ich dich so verletzt habe – aber es war notwendig, damit dein Sehnen mich nicht mehr zu dir lockt und ich mich besser von dir fern halten kann. Wut und Abscheu werden in dir aufsteigen wenn du erwachst, und du wirst dir wünschen, mir nie wieder begegnen zu müssen.“
Der Glanz aus seinen Augen war verschwunden.
Er würde sie vermissen – brennend – und wusste, dass es hartnäckige Kämpfe mit seiner dunklen Seite geben würde. Mit der Seite in ihm, die Ceciles Seele wollte. Unbarmherzig und ohne Gnade.
Aber er war guter Dinge, dass er dagegen angehen konnte, zumal es hilfreich war, wenn Cecile voller Ekel, Wut und Abneigung an ihn dachte, anstatt sich süß und unschuldig nach ihm zu sehnen. Denn dies würde ihn zu ihr locken, ohne dass er auch nur den Funken von Kraft hätte, dagegen anzugehen.
„Du bist mein Engel des Lichtes, und das sollst du auch bleiben – für immer.“ Mit diesen Worten erhob er sich und verschwand …
***
46
Astrid Martini
Engel der Schatten
Cecile erwachte, und ihr schossen augenblicklich die Tränen in die Augen; denn mit einem Schlag waren wieder alle Erinnerungen da, und sie verwünschte den Tag, an dem sie Nicholas begegnet war.
Aufschluchzend erhob sie sich, warf einen bitteren Blick auf das Meer aus Rosenblüten und machte sich weinend auf den Weg nach Hause.
Sie meldete sich krank, schloss sich zu Hause ein, stellte Türglocke und Telefon ab und wollte niemanden sehen. Vor allem Agnes nicht. Obwohl sie ihr ja gar nicht böse sein konnte, denn sie hatte ihr nie etwas von Nicholas erzählt. Agnes konnte ja schließlich nichts dafür, dass auch sie Nicholas verfallen war. Cecile vergrub sich im Bett und weinte. Stundenlang. Sie hoffte darauf, diesen Mistkerl so schnell wie möglich aus ihrer Seele spülen zu können.
Die Tage, die dann folgten, waren grausam. Sie spürte Wut und Enttäuschung in sich, aber leider auch eine schmerzende Traurigkeit und alles verzehrenden Liebeskummer. Sie verbrachte die meiste Zeit im Bett – lethargisch und lustlos.
Und dann stand sie eines Morgens auf und beschloss, gegen diese Trauer anzukämpfen. Auch in der vergangenen Nacht hatte sie tränenreiche und einsame Stunden verbracht und damit sollte nun Schluss sein.
Sie begann ihren Koffer zu packen, meldete sich telefonisch für weitere zwei Wochen krank und atmete entschlossen durch.
Sie beschloss, zu ihrer Tante Hermine zu fahren. Ein Ort, an dem sie sich schon als Kind immer sehr wohl gefühlt hatte und den sie regelmäßig aufsuchte, um aufzutanken. Doch diesmal war es kein bloßes Kräfte sammeln, was sie dorthin trieb. Es war ein brennender Liebeskummer, den sie unbedingt vertreiben wollte. Mit Hilfe ihrer Tante würde sie diesem Vorhaben sicherlich ein Stückchen näher kommen.
Kurze Zeit später hatte sie das Gepäck in ihrem Kleinwagen verstaut und fuhr so schnell es ging davon. Wenn es eines gab, wozu sie absolut keine Lust mehr hatte, dann war es das: Nicholas noch einmal begegnen zu müssen.
Wie immer freute sich Hermine sehr drüber, Cecile zu sehen.
Und da sie alles andere als auf den Kopf gefallen war, spürte sie sofort, dass mit ihr etwas nicht stimmte.
47
Astrid Martini
Engel der Schatten
„Kindchen – was ist los? Du siehst ja furchtbar aus. Komm, ich werde dir einen heißen Tee aufbrühen, und dann darfst du dir jeden erdenklichen Ballast von der Seele reden.“
Cecile war froh über die Wärme und Herzlichkeit, die ihr hier entgegen gebracht wurde und ließ sich bereitwillig in den gemütlichen Wohnraum führen.
Bei aromatischem Tee und selbst gebackenem Gebäck berichtete sie Hermine, was sich zugetragen hatte. Sie konnte nicht verhindern, dass sie dabei immer wieder in Tränen ausbrach.
„Das ist eine zum Himmel schreiende Unverschämtheit. Was fällt diesem Kerl bloß ein? Na, der soll mir mal in die Finger kommen!“ Hermine schüttelte erbost den Kopf.
Cecile musste trotz ihres Schmerzes lachen. Es war einfach zu drollig, wenn Hermine sich erboste. Mit Tränen in den Augen und einem dicken Kloß im Hals legte sie ihren Kopf auf die Schulter ihrer Tante.
Diese strich ihr liebevoll durchs Haar. „Und was hast du jetzt vor?“
„Ich würde bei dir
Weitere Kostenlose Bücher