Engel der Verdammten (German Edition)
mit einem Gähnen.
»Seinen Fingerabdruck auf der Puderdose unserer unbekannten Toten im Park zurückzulassen.«
Der Kriminalobermeister erhob sich. »Jau, das war dann wohl mal ein Fehler. Fühlen wir dem Kerl mal auf den Zahn und schaun nach, wo’s wehtut.«
Sabine verstaute bereits Notizbuch und Aufnahmegerät in ihrer Tasche. »Du sprichst mir aus der Seele, verehrter Kollege!«
Zusammen fuhren sie zu der Adresse der Kanzlei in der Steinstraße, die – welch Ironie – nur wenige Hundert Schritte vom Finanzamt entfernt lag.
Eine brünette Dame um die Fünfzig empfing die beiden Kripoleute. Sie war stark geschminkt, wodurch sie vielleicht älter wirkte, als sie war. Für eine Sekretärin war sie zudem außergewöhnlich gut gekleidet, soweit die Kommissarin dies beurteilen konnte.
Die Dame hinter dem Empfangstresen nahm ihre Lesebrille ab und sah die Besucher mit gerunzelter Stirn an. »Sie wünschen?«
»Wir möchten Dr. Jaspar sprechen«, sagte Sönke.
»Dann müssen Sie erst einen Termin machen«, tadelte ihn die Dame, schob ihre Brille wieder auf die Nase und warf einen Blick in den Terminkalender. »Mittwoch gegen elf?«
»Nein, wir wollen Dr. Jaspar sofort sprechen, wenn er im Haus ist«, gab Sabine zurück und zog Ausweis und Dienstmarke aus der Tasche.
»Kriminalpolizei, mein Name ist Berner, und das ist Kommissar Lodering.«
Sönke brummte etwas vor sich hin, doch Sabine beachtete ihn nicht. »Und dürfte ich Sie um Ihren Namen bitten?«
»Jaspar«, sagte die Dame mit fester Stimme und sah der Kommissarin fast ein wenig trotzig in die Augen. »Ich will nachsehen, ob mein Mann Sie empfangen kann. Worum geht es?«
»Das sagen wir ihm dann selbst«, wehrte Sabine ab, die auf alle Fälle seinen Gesichtsausdruck beobachten wollte, wenn sie die Tote erwähnte.
Betont würdevoll erhob sich Frau Jaspar und stöckelte davon. Sie klopfte an die letzte Tür im Korridor und trat dann ein. Die beiden Kripobeamten konnten hören, wie sie sich für die Störung entschuldigte und atemlos hervorstieß, die Kripo wäre im Haus und wolle ihn sprechen. Sabine konnte die unausgesprochene Frage aus ihrer Stimme heraushören. Frau Jaspar schien keine Ahnung zu haben, worum es sich handeln könnte. Sabine trat schnell einige Schritte in den Gang, um seine Antwort nicht zu verpassen. Sie war so leise, dass sie seine Worte nicht verstehen konnte, doch es hörte sich verdächtig nach einem Fluch an.
»Was wollen die?«, knurrte die Männerstimme dann.
»Ich weiß es nicht. Haben sie nicht gesagt«, gab seine Frau zurück. »Kannst du dir vorstellen, worum es geht? Sind wir wieder in Schwierigkeiten?«
Ihre Stimme kletterte einige Töne höher. Sabine konnte die aufkeimende Panik darin spüren. Frau Jaspar hatte den Prozess offensichtlich noch deutlich in Erinnerung. Es war vermutlich auch für sie keine angenehme Zeit gewesen, dachte Sabine.
»Quatsch!«, gab ihr Mann vielleicht ein wenig zu überzeugt zurück. Sabine hörte Papiere rascheln. Eine Schublade wurde aufgezogen und wieder geschlossen.
»Sag ihnen, sie können hereinkommen«, wies er seine Frau an.
Sabine winkte Sönke und ging dann rasch auf die Tür zu, sodass sie fast mit Frau Jaspar zusammenstieß, die erschreckt zurückfuhr, dann aber den Kripoleuten die Tür aufhielt.
»Mein Mann lässt bitten.«
Sabine und Sönke traten in das großzügig geschnittene Büro, dessen teure Einrichtung sicher dazu dienen sollte, die Kundschaft zu beeindrucken. Hier residiert ein erfolgreicher Mann, der weiß, was er tut, schienen die schweren Ledersessel und der überdimensionierte Schreibtisch zu sagen. Und auch die Kleidung und das Styling des Finanzberaters schienen zu signalisieren: Lassen Sie Ihr Geld beruhigt in diesen erfahrenen Händen! Sabine kräuselte die Lippen. Der Kerl war ihr vom Fleck weg unsympathisch und das nicht nur wegen seiner Vorliebe für bezahlten Sex.
Dr. Jaspar stand am Schrank rechts der üppigen Fensterfront und schlug fast ein wenig hastig die glänzende Schleiflacktür zu, die nun durch den feuchten Abdruck seiner Hand verunziert wurde. Sein Schreibtisch sah ein wenig zu aufgeräumt aus. Zu gern hätte die Kommissarin gewusst, was er so schnell in Schrank und Schublade verstaut hatte, doch dazu hätte sie einen Durchsuchungsbeschluss benötigt. Nein, heute würden sie nur mal ein wenig auf den Busch klopfen und sehen, wie er reagierte.
Dr. Jaspar setzte ein sicher sorgfältig geübtes Lächeln auf, das für einen Besuch der
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