Engel der Verdammten (German Edition)
zweiten Teil. »Ja, was ist mit denen?«
»Angefangen hat es mit ihrem Nachbarn, einem Dr. Reißenberger, für den ich vor Jahren mal was gemacht habe. Er hat mir am Samstag drei Mal auf den Anrufbeantworter gesprochen! Die von Ilsenbricks kamen dann zur Krönung noch hinterher.«
Sabine biss sich auf die Lippen, um nichts zu sagen. Sie konnte sich gut vorstellen, warum der gute Doktor so dringend einen Anwalt sprechen wollte, doch musste er sich ausgerechnet an ihren Ex wenden? Das roch geradezu nach Ärger.
»Ich hätte ihn ja am Montag zurückgerufen, aber er hat sich dann von den Ilsenbricks meine Handynummer besorgt und mich heute Morgen während des Frühstücks angerufen.« Empörung klang in seiner Stimme.
Sabine musste sich ein Grinsen verkneifen. »Und, was gab es so Wichtiges, das nicht bis morgen warten kann?«, erkundigte sie sich so neutral wie möglich.
Ihr Exmann schenkte ihr einen misstrauischen Blick. »Das müsstest du doch eigentlich wissen, oder nicht? Ihr Kripoleute seid doch gestern bei ihm aufgetaucht, um ihn mit so einer Räuberpistole zu bedrängen.«
»Über laufende Ermittlungen darf ich nicht sprechen«, wehrte Sabine ab.
»Warst du da etwa mit dabei?«, rief er. Die Idee schien ihm erst jetzt zu kommen.
»Ja, ich war da«, gab sie widerstrebend zu.
»Und was soll das ganze Gerede von wegen Mordverdacht? Das ist doch absurd. Völlig aus der Luft gegriffen!«
»Ich versichere dir, das Opfer ist sehr real und tot. Und über den Tatort gibt es nicht den geringsten Zweifel.«
Jens Thorne seufzte. »Aber ihr habt im Haus doch gar keine Leiche gefunden.«
»Haben dir die Reißenbergers das gesagt? Und vielleicht auch, dass sie die Tote weggeschafft haben, um den Mord zu vertuschen?«, brauste die Kommissarin auf.
»Das behauptet ihr. Die Reißenbergers werden das niemals zugeben, und ihr könnt es nicht beweisen. Was habt Ihr schon? Ein wenig Blut, mehr nicht. Nichts, was die Tote mit meinen Mandanten in Verbindung bringt.«
Sabine winkte ab. »Ach, sie haben schon so einiges zugegeben. Da kommen sie nicht mehr raus. Zu dumm, dass sie am Samstag nur deinen Anrufbeantworter erreicht haben«, fügte sie ein wenig rachsüchtig hinzu. »So konnte unser Hauptkommissar schon eine recht interessante Aussage aufnehmen.«
Der Anwalt starrte sie entsetzt an. »Was haben sie gesagt?«
»Darf ich dir nicht verraten«, gab sie zurück. »Frag doch deine sauberen Mandanten!«
Er stöhnte. »Du weißt aber, dass das Entfernen einer Leiche vom Tatort allein noch keine Straftat ist?«
Sabine hob nur die Schultern. Stattdessen fragte sie: »Und was wollten die von Ilsenbricks von dir?«
»Sie machen sich Sorgen, inwieweit auch sie belästigt werden, wenn die Kripo in der Nachbarschaft herumschnüffelt und ihre Nase überall hineinsteckt.«
Sabine runzelte die Stirn. »Ach, und da befürchten sie, dass wir auch bei ihnen etwas finden, das sie lieber vor uns verbergen möchten? Was das wohl sein könnte?«
»Blödsinn!« Er sprang auf und stemmte die Hände in die Hüften. »Sie wollen nur ihre Privatsphäre wahren, und ich werde ihnen dabei helfen!«
Sabine erhob sich ebenfalls und erwiderte seinen kriegerischen Blick. »Dann pass nur auf, dass du nicht in die Schusslinie gerätst. Es geht um Mord, und da versteht die Kripo keinen Spaß.«
»Danke für die Warnung, doch mit euch nehme ich es jederzeit auf. Es ist meine Aufgabe, meine Klienten vor den ungerechtfertigten Übergriffen der Polizei zu schützen, und genau das werde ich tun.«
Er stürmte aus dem Wohnzimmer. »Julia, hol deine Sachen, wir gehen!«
Und schon waren sie weg. Sabine starrte ihnen nach und versuchte, das miese Gefühl zu unterdrücken, das sie beschlich. Das war nicht gut. Warum musste ausgerechnet ihr Exmann diese Leute vertreten? Tief im Innern wusste sie, dass sie logen. Das Mordopfer war nicht irgendeine Einbrecherin. Die Reißenbergers steckten bis zum Hals mit drin, und sie würde nicht zulassen, dass ihr Ex sie da rausholte.
Ihr Ärger hielt an, bis kaum eine Stunde später ein kalter Schatten in ihre Wohnung schlüpfte.
»Du bist erzürnt?«, erkundigte sich der Vampir, der wie immer in ihren Stimmungen las wie in einem offenen Buch.
»Eine lange Geschichte«, sagte sie mit einem Seufzer. »Man kann einem Jens Thorne einfach nicht entgehen. Kaum ist die Scheidung über die Bühne, kommt er mir als Anwalt in die Quere.«
»Du hast ihn einst geliebt, oder warum hast du ihn geheiratet?«
»Verblendung!«,
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