Engel der Verdammten (German Edition)
machten sie sich auf den Weg zu dem kleinen Häuschen, um sich von Frau Maschek verwöhnen zu lassen.
Sabine hätte zu gern über die beiden Fälle mit ihr gesprochen. Die alte Dame verfügte über einen wachen Geist und eine ungewöhnliche Fähigkeit, sich in Menschen hineinzuversetzen. Vielleicht hätte sie der Kommissarin einen frischen Denkanstoß geben können. Doch sie verzichtete nicht zuletzt wegen Julia darauf und sagte: »Ich habe vor einigen Tagen Meike und Carmen getroffen. Sie haben Alettas Grab besucht.«
Rosa Maschek nickte. »Ich sehe sie regelmäßig. Sie wohnen noch immer nebenan bei Meikes Großmutter. Es ist eine Freude, ihre Entwicklung zu beobachten. Es ist Ihnen doch auch aufgefallen, nicht wahr?«
Sabine nickte.
»Und ich meine nicht nur die Äußerlichkeiten, dass Meike sich ihr Haar nicht mehr so scheußlich blau färbt und einige Kilo abgenommen hat. Beide nehmen nun ihr Leben entschlossen in die eigenen Hände, und ich glaube, sie werden es schaffen. Das haben sie Ihnen zu verdanken!« Rosa Maschek beugte sich über den Tisch und ergriff Sabines Hände.
Sabine spürte, wie sie rot wurde. »Nein, da liegen Sie falsch. Es ist ganz sicher nicht mein Verdienst.«
Die alte Dame sah sie aufmerksam an. »Sie geben sich die Schuld an Alettas Tod? Das sollten Sie nicht. Nicht Sie sind für Alettas Tod verantwortlich oder für den von Iris. Es liegt nicht in unserer Macht, die ganze Welt zu retten. Wir müssen schon dankbar sein, wenn es uns gelingt, einen kleinen Stein ins Rollen zu bringen, der den Lauf des Schicksals verändert. Und das haben Sie getan! Sie haben Meikes und Carmens Leben eine neue Richtung gegeben. Eine gute Richtung! Darüber sollten Sie sich freuen.«
Sabine sah in die gütigen Augen der alten Frau, und sie fühlte sich plötzlich so geborgen. Es war, als könne sie ihr Absolution erteilen, sodass sie sich auch selbst verzeihen konnte.
»Und Aletta?«, stieß sie hervor.
»Auch Aletta hat einen Stein ins Rollen gebracht«, sagte Rosa Maschek sanft. »Einen großen Stein, der ein großes Opfer von ihr verlangte. Sie hat es aus Liebe zu ihren Freundinnen gegeben, und so ist es nicht an uns, zu zweifeln oder zu verurteilen.«
»Sie sind eine sehr weise Frau, und ich bin froh, Sie kennengelernt zu haben!«, sagte Sabine bewegt.
Rosa Maschek lachte. »Aber nein, ich sage nur, was ich denke. Und das Kompliment kann ich nur zurückgeben: Auch ich bin froh, Sie kennengelernt zu haben, denn Sie bereichern mein Leben, meine Liebe, und Sie bringen ab und zu ein wenig Aufregung hinein. Die rechte Würze, die ich viele Jahre vermissen musste!«, fügte sie mit einem Zwinkern hinzu.
Müde und zufrieden kehrten sie nach Einbruch der Dunkelheit nach Hause zurück, wo Sabine die obligatorischen Spaghetti kochte, während Leila unter dem Tisch schlief und Julia ihre neuen Malstifte ausprobierte.
Es hätte eigentlich ein Abend zum Genießen sein können, doch dieses Mal gelang es weder dem Kind noch dem Hund, die Kommissarin von ihren stetig kreisenden Gedanken zu erlösen. So war sie fast erleichtert, als es gegen neun klingelte und Jens vor der Tür stand, um Kind und Hund abzuholen. Er war heute noch mürrischer als sonst.
»Was ist denn los?«, erkundigte sich Sabine, obwohl sie das eigentlich nicht wirklich interessierte.
»Ich hatte heute einen ganz tollen Tag«, schnaubte er.
»Du hast dich mit Angelika gestritten?«
»Nein, mach dir keine falschen Hoffnungen.«
Sabine wich mit erhobenen Händen zurück. »Entschuldige, dass ich gefragt habe.«
Er brummte nur und ließ sich in einen der abgewetzten Sessel fallen. »Du könntest dir mal neue Möbel kaufen. Bezahlen die dich bei der Kripo so schlecht?«
Sabine kannte diese Ausweichmanöver und sagte daher nichts. Sie setzte sich ihm gegenüber und wartete. Es dauerte nicht lange, bis das, was ihn beschäftigte, aus ihm herausbrach.
»Zwei meiner Mandanten haben mich heute fast um den Verstand gebracht. Und das am Sonntag! Ich war den ganzen Tag unterwegs.«
Aha, daher die schlechte Laune. Er hatte sich sein Wochenende anders vorgestellt. Sabines Mitgefühl hielt sich in Grenzen. Sie musste auch oft Überstunden schieben oder am Wochenende arbeiten und bekam nicht annähernd den Stundenlohn, den der Herr Anwalt seinen Mandanten berechnete. Seine nächsten Worte ließen sie allerdings aufhorchen.
»Du erinnerst dich doch noch an die von Ilsenbricks, auf deren Dinnerparty du dich eingeschlichen hast?«
Sie ignorierte den
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