Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel der Verdammten

Engel der Verdammten

Titel: Engel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
hinzu:
    ›Dies ist alles so luxuriös. Ich kann nicht einmal aufrecht sitzen, selbst wenn ich es wollte.‹
    Die Frau mit den bleichen kalten Augen war wieder hereingekommen. Sie griff nach ein paar Gurten neben mir, an deren Enden Schnallen befestigt waren. Ich musste sie einfach ansehen, ihre Haut und ihre Hände faszinierten mich. Das Äuße-re all dieser Menschen hier war so unglaublich perfekt.
    ›Das sind Sicherheitsgurte‹, sagte Rachel, während sie die Schnallen des eigenen Gurts zuschnappen ließ. Und was sie dann tat, reizte mich extrem. Sie stieß ihre Schuhe von den Füßen, diese hübschen Schuhe mit den hohen Absätzen. Indem sie mit dem einen Fuß gegen die Ferse des anderen drückte, schob sie die Schuhe von den Füßen und ließ sie zu Boden fallen. Auf dem schmalen weißen Rist sah man die Ab-drücke der dünnen Riemchen, und mich überkam der Wunsch, ihre Füße zu berühren, sie zu küssen. Mir schien, dass ich mir diesmal einen Körper geschaffen hatte, der wesentlich besser funktionierte als jemals zuvor einer.
    Die kühle Dame betrachtete mich unbehaglich, trat unsicher von einem Fuß auf den anderen, dann zog sie sich, sichtlich zögernd, zurück.
    Rachel ignorierte das alles.
    Ich konnte die Augen nicht von ihr abwenden, wie sie da so ernst und lebendig in dem dämmrigen Licht unseres Refugiums saß, ich verzehrte mich nach ihr. Ich hatte das heftige Verlangen, meine Hände über die Innenseite ihrer Schenkel wandern zu lassen, um zu erfahren, ob die von Flaum umge-bene Blüte dort ebenso jugendlich erhalten war wie ihr übriger Körper.
    Das war irritierend und auch beschämend. Und mir wurde noch etwas klar: Kränkliches kann faszinierend schön sein.
    Vielleicht, genauer überlegt, kann man auch die Flamme einer Kerze als kränklich ansehen, wie sie auf ihrem Docht tanzt und das Wachs verzehrt und damit auch ihren eigenen Körper, so wie die Krankheit Rachels Körper verzehrte und nur ihre Seele zurückließ. Das Fieber und die Schärfe ihres Geistes erzeugten gleichermaßen eine hinreißende Glut in ihr.
    ›Nun fliegen wir also in einem solchen Ding‹, bemerkte ich,
    ›wir steigen auf in die Luft und reisen schneller, als es uns auf dem Boden möglich wäre, wir fliegen wie ein kraftvoll geschleuderter Speer, nur dass wir die Möglichkeit haben, den Kurs selbst zu bestimmen.‹
    ›Ja‹, antwortete sie. ›Dieses Ding wird uns zur Südspitze des Staates bringen, in weniger als zwei Stunden werden wir in meinem eigenen kleinen Zuhause sein, dort werde ich mich zum Sterben niederlegen. Das ist mir klar.‹
    ›Du willst sterben?‹
    ›Ja. Mein Kopf klärt sich langsam. Ich habe Schmerzen, aber ich spüre auch, dass mein Körper sich langsam von Gregorys giftigen Drogen befreit. Ja, ich will es bewusst erleben, ich will sehen, was mit mir passiert.‹
    Ich wollte ihr sagen, dass der Tod für die meisten Menschen nicht so war, wie sie es empfand. Aber ich wollte lieber nichts sagen, dessen ich mir nicht ganz sicher war, und ganz bestimmt nichts, das ihr noch mehr Kummer bereiten könnte.
    Sie gab der Frau ein Zeichen, die wohl schon eine Weile im Hintergrund hantiert hatte. Das Flugzeug hatte sich in Bewegung gesetzt, rollte wohl auf seinen kleinen Rädern. Es rum-pelte ziemlich.
    ›Etwas zu trinken‹, befahl Rachel. ›Was möchtest du?‹ Und plötzlich lächelte sie. Sie wollte einen Scherz machen. ›Was trinken Geister denn am liebsten?‹
    ›Wasser‹, antwortete ich. ›Ich bin so froh, dass du mich fragst.
    Ich bin schon ganz ausgetrocknet, solchen Durst habe ich.
    Dieser Körper hier ist sehr massiv und in Feinarbeit zusammengesetzt. Ich glaube, er entwickelt ein paar sehr wesentli-che Körperteile.‹
    Sie lachte laut auf: ›Ich frage mich, was für Teile das sein könnten!‹
    Das Wasser wurde gebracht. Mengen davon. Herrliches Wasser.
    Die durchsichtige Flasche war in ein mit Eis gefülltes Gefäß gebettet, und auch das Eis war einfach herrlich. Ich starrte es an, nachdem ich meine Augen von dem Wasser losgerissen hatte. Was ich auch in diesem neuen, modernen Zeitalter gesehen hatte, nichts, aber auch gar nichts war zu vergleichen mit der schlichten Schönheit dieser glitzernden, funkelnden Eisstückchen, die sich in dem seltsam unansehnlichen Was-serbehältnis häuften.
    Die junge Frau, die den Kübel mit Eis niedergesetzt hatte, zog nun die Flasche daraus hervor, sodass das Eis, im Licht glitzernde Facetten werfend, nach unten rutschte. Ich bemerkte, dass die

Weitere Kostenlose Bücher