Engel des Todes
Diese Leute töten zum Vergnügen. Zur Beschaffung von Opfern hatten sie sich eine Kette aufgebaut, zu denen Männer wie Stephen DeLong gehörten. Der Mann, der von der Kripo als Botenjunge bezeichnet wurde, arbeitete auch für sie. Er wurde ihr wichtigster Lieferant und spielt nun eine Rolle in der ganzen Organisation. Dazu muss man wissen, dass er selbst ein Serienmörder ist und sich Upright Man nennt. Außerdem ist er mein Zwillingsbruder. Er hat eine Schlüsselrolle bei Massakern gespielt. Erinnern Sie sich an den Anschlag in der Schule in Evanston vergangenes Jahr?«
»Ja. Zwei Jugendliche sind damals verhaftet worden.«
»Die waren es aber nicht, sondern mein Bruder. Er steckt auch hinter anderen Massakern der letzten zwanzig Jahre in Florida, England und anderen europäischen Ländern. Die Gruppe gab es schon Mitte der sechziger Jahre. Sie verüben selbst solche Massaker und stiften andere dazu an.«
Monroe sah verblüfft aus. »Nina – glauben Sie das?«
»Glauben oder nicht ist nicht die Frage. Das sind alles Tatsachen. Die Gruppe lebt in den Rissen der amerikanischen Gesellschaft und treibt dort schon sehr lange ihr Unwesen. Diesen Leuten sind wir ins Gehege gekommen. Sie töten, und sie sind mächtig. Aber jetzt zum letzten Mal: Sagen Sie alles, was Sie über den Fall Jessica Jones wissen.«
Er zögerte nur kurz. Seine Entscheidung war gefallen.
»Ich bekam einen Anruf«, sagte er leise.
Obwohl Nina sah, dass Monroe jetzt reden wollte, hätte sie ihn fast doch noch erschossen. So schien es mir jedenfalls, und Monroe musste den gleichen Eindruck haben.
Eine lange Stille folgte.
Monroe machte schließlich den Mund auf, doch seine Stimme versagte ihm. Er nahm einen Schluck Mineralwasser und setzte erneut an.
»Ich bekam den Anruf am Abend zuvor«, erklärte er. »Und zwar auf meinem Handy. Nicht viele Leute haben meine persönliche Nummer. Ich dachte zuerst, Sie wären es, Nina. Ich war gerade mit Nancy im Theater. Es war Pause, und wir standen an der Bar, es war sehr laut. Eine männliche Stimme sagte etwas, aber ich konnte ihn nicht richtig verstehen, und bis ich schließlich draußen war, hatte er schon aufgehängt. Ich hatte keinen Grund … Am nächsten Morgen bekam ich auf dem Weg ins Büro einen zweiten Anruf. Wieder war es ein Mann. Er fragte, was mit mir los sei, ob ich kein Interesse hätte. Ich sagte, ich wüsste nicht, wovon er rede. Und da sagte er mir, ein Polizist sei erschossen worden, ich solle gleich zum Motel Knights fahren. Das wäre …«
»Das wäre gut für Sie«, vervollständigte Nina, als ob Monroe nach langem Abstreiten zugegeben hätte, Crack in Säuglingsnahrung zu mischen.
»Ja«, sagte er, »das waren genau seine Worte.«
»Dieselbe Nummer wie tags zuvor?«
»Ja. Es hätte auch jemand aus dem Police Department sein können.«
»Ohne seinen Namen zu nennen? Na schön.«
»Wenn es für mich gut wäre, dann auch für das Büro.«
»Denken Sie an die Waffe in meiner Hand, Charles. Ich glaube Ihnen nicht. Sie fuhren zu dem Motel, weil man Ihnen einen Tipp gegeben hatte. Sie hofften dort etwas vorzufinden, was gut für Ihre Karriere sein könnte, und Sie haben mich da hineingezogen, obwohl Sie wussten, dass etwas an der Sache faul war. Sie sagten niemandem, dass Sie vorher informiert worden waren. Sie brachten sogar Olbrich dazu, eine Sonderkommission zu bilden, und warteten ein paar Tage, bis die Ermittlungen einen toten Punkt erreicht hatten. Als ich Sie im Haus der McCains fragte, ob wir Gewissheit hätten, dass der Polizistenmörder auch Jessica umgebracht hatte, da wussten Sie schon, dass es verschiedene Täter sein konnten.«
»Dass es verschiedene Täter sein konnten, hieß nicht, dass sie es tatsächlich waren.«
»Ach, hören Sie doch auf, Charles. Sie wollten mir die Idee sogar ausreden. Und am Morgen, als John wegen des Mordfalls Ferillo ganz oben auf der Liste der Meistgesuchten stand, da bekommen Sie eine brisante E-Mail. Woher, das war wieder nicht festzustellen, vermute ich.«
»Das spielt keine Rolle, Nina. Das Video ist echt. Und kommen Sie endlich von Ihrem hohen Ross herunter. Sie wussten, dass Zandt DeLong umgebracht hatte, und verschwiegen es.«
»Damals wusste ich es nicht. Er hat es mir erst Ende letzten Jahres gestanden.«
»Tut nichts zur Sache. Sobald Sie von seiner Täterschaft wussten, haben Sie sich mitschuldig gemacht, also …«
Ich mischte mich ein. »Wer war der Mann, der mit am Tisch saß, als Sie Nina das Video
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