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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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leicht, man muss den anderen nämlich wirklich töten wollen. Ich war mittlerweile dazu bereit.
    Der Knall eines weiteren Schusses kam aus einer anderen Richtung, und ich dachte schon,
O Gott, da ist ja noch ein anderer Killer
 – doch dann sah ich, dass Monroe den Schuss abgegeben hatte. Mit blutüberströmtem Mantel saß er eingezwängt in der Sitzecke, hatte aber seinen Oberkörper aufrichten können und schoss nun auf den Mann, bis das Magazin seiner Pistole leer war. Ich nutzte den Augenblick, packte Nina und zog sie hinter die Trennwand. Meine Kellnerin kauerte dort nach Atem ringend und versuchte zu schreien, doch statt eines Schreis war nur ein gedämpftes Quieken zu hören, wie bei einer Maus, auf die mit einem Hammer geschlagen wird.
    An der rückwärtigen Wand sah ich ein paar halb mannshohe Türen.
    Plötzlich weitere Schüsse wie das Geräusch langsam klatschender Hände.
    »Ward, wir müssen Charles da rausholen …«
    »Dazu ist es zu spät.« Ich riss sie durch die Schwingtüren in die kleine Küche. Sie sträubte sich anfangs, folgte mir dann aber, vorbei an erschrocken aussehenden Männern mit weißen Kochschürzen und dann durch die offene Hintertür direkt nach draußen.
    Ich geriet auf der ersten Stufe einer niedrigen Treppe ins Stolpern, bekam aber noch das Geländer zu fassen und fing mich wieder.
    Wir liefen außen an der Fensterfront vorbei. Das Schießen hatte aufgehört. Ich schaute nach drinnen und sah den Mann vor der Sitzecke stehen, wo Monroe jetzt mit dem Gesicht auf dem Tisch lag.
    Der Mann drehte sich um und sah uns. Sogleich rannte er in Richtung Tür.
    »Hol das Auto!«, rief ich. Nina lief weiter.
    Ich drehte mich um und lief mit gezogener Waffe wieder zurück. Er feuerte seinen ersten Schuss ab, kaum dass er draußen auf der Straße war.
    Ich zielte, traf ihn wieder, diesmal in den Bauch, und wieder wurde er umgeworfen. Ich wandte mich ab und rannte zum Auto. Die Scheinwerfer leuchteten auf, und der Motor sprang an.
    Da spürte ich etwas wie einen Schlag auf die Schulter. Es riss mich um, und ich fiel auf den Gehweg. Ich rappelte mich wieder auf, ohne recht zu wissen, was eigentlich geschehen war, aber mit einem heftigen Schmerz in der Schulter. Dann feuerte ich weiter.
    Das Auto machte einen Satz vorwärts, die Tür flog auf, und ich hechtete hinein. Meine Beine hingen immer noch draußen, als Nina mit über sechzig Stundenkilometern rückwärts die Straße hinunterfuhr. Als ich auch mit den Beinen im Wagen war und die Tür zugeschlagen hatte, wendete sie und jagte mit Vollgas die Straße hoch.
    »Wohin fahre ich jetzt?« Sie schaute mich kurz von der Seite an. Ihre Augen, die vor Entsetzen geweitet waren, sagten mir, was ich schon vermutet hatte.
    Ich betastete meine linke Schulter. Es fühlte sich feucht und warm an.
    »Egal, wohin«, sagte ich noch, da durchfuhr mich plötzlich der Schmerz wie ein Messer.

23
    A ls sie aus Henry’s Diner traten, empfing sie ein leichter, aber hartnäckiger Nieselregen. Tom begann vor Kälte zu zittern. Im Restaurant hatte er mit Henrickson in der hintersten Ecke gesessen und nur die Hälfte seiner Essensportion geschafft, weil ein paar Einheimische in seine Richtung geschaut hatten. Man konnte ihnen ansehen, was sie im Stillen dachten: »Schau an, da sitzt Bigfoots Kumpel« oder »der Spinner, der aus der Kälte kam«. Das hatte ihm den Appetit verschlagen. Henrickson war während des Essens ungewöhnlich wortkarg gewesen, und sein letztes Grinsen war schon eine ganze Weile her. Möglich, dass er ebenfalls müde war, obwohl er nicht so aussah. Seine Bewegungen waren immer noch rasch und präzise, und auch beim Essen trödelte er nicht, sondern vertilgte sein Steak mit wenigen Bissen. Er hatte es sich noch halb blutig servieren lassen – ein Novum für Tom und wohl auch für die Kellnerin, nach ihrem verstörten Blick zu urteilen. Wenn er nicht mit Essen beschäftigt war, schaute er aus dem Fenster, als ob er sich das Ende der Dunkelheit herbeiwünschte.
    »Schön«, sagte Henrickson, während sich Tom zum Schutz vor dem kalten Wind tief in seinen Mantel vergrub. »Ich gehe jetzt mal zurück zum Motel.«
    Das überraschte Tom. Er hätte gedacht, sie würden noch die Bar aufsuchen. Nicht dass er unbedingt trinken wollte. Die Wanderung hatte ihn erschöpft, und die warme, stickige Luft im Restaurant hatte ihn benommen und nur noch müder gemacht.
    Der Gedanke an das warme Bett hatte etwas Einnehmendes. Doch wenn er wieder allein in seinem

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