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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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zwei bereitmachen. Das wäre dann der Zweikampf Mann gegen Mann, wobei es darauf ankam, wer sich als der aufrechte erweisen würde.
    Warum sollte meine Rechnung nicht aufgehen? Immerhin, es war möglich. Ich fuhr mit der Hand in die rechte Tasche des dicken Mantels und prüfte noch einmal, ob die Ladestreifen an ihrem Platz waren. Das war der Fall. Mein Herz pochte heftig, denn nun hieß es: Es gilt. Jetzt kam es weniger auf gutes Planen, sondern auf Schnelligkeit und Selbstvertrauen an.
    Ich schlich mich ein wenig weiter nach rechts – vorsichtig –, und das musste reichen. Ich beugte mich langsam nach vorn, bereit zum Lossprinten. Noch ein letzter sichernder Blick zur Seite.
    Da stand jemand.
    Eine junge Frau, nur wenige Meter entfernt in leicht erhöhter Position. Sie trug einen geblümten Schlafanzug und war barfuß. Sie stand halb im Schatten zweier Bäume, Schnee rieselte auf sie herab, einzelne Flocken landeten auf Haar und Schultern. Ich sah sogar ihre Augen und die Linie der Wangenknochen.
    Es war Jessica Jones.
    »Vorsicht«, sagte sie, »es sind mehrere.«
    Dann war sie plötzlich wieder verschwunden.
    Statt loszulaufen, lehnte ich mich gegen den Felsen. Dort blieb ich eine Weile bewegungslos und schaute blinzelnd nach rechts, nach links. Nichts, sie war fort.
    Ich kroch zu dem erhöhten Punkt, wo ich sie hatte stehen sehen. Auch dort war niemand, aber der Schnee am Boden war zertrampelt. Man hätte darin Fußspuren erkennen können, doch waren sie eigentlich viel zu groß. Und wer ginge hier draußen barfuß?
    Mir fehlte die Entschlusskraft zu tun, was ich mir vorgenommen hatte. Geduckt eilte ich auf dem gleichen Weg zurück zu Nina. Sie schaute mich verblüfft an. »Was ist denn los?«
    »Ich glaube, er ist nicht allein da«, bot ich als Erklärung an, ohne ihr in die Augen zu sehen.
    »Wie? Woher weißt du das? Wer ist außer ihm noch da?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Was hast du gesehen? Was hast du denn, Ward?«
    Ich antwortete nicht, konnte es nicht. Was hätte ich ihr auch sagen sollen?
    Stattdessen huschte ich zu Phil hinüber, der seine Stellung neben dem Sheriff hielt.
    »Wie geht es ihm?« Connelly antwortete selbst: »Mir geht es gut. Ich brauche keine Krankenschwester. Jetzt geht und erledigt diesen Scheißkerl.«
    »Wir haben es mindestens mit zwei Typen von der Sorte zu tun«, sagte ich. »Deshalb brauche ich Sie jetzt hier unten, Phil.«
    Phil schaute seinen Chef an, und der nickte kurz. »Aber lass dich nicht umlegen. Der Tag ist sowieso schon schlecht gelaufen, ich will nicht auch noch mit deiner Mutter sprechen müssen.«
    Phil folgte mir halb geduckt. »Gerade vorhin war da so ein komischer Geruch«, flüsterte er. »Haben Sie den auch gerochen?«
    »Nein«, sagte ich. »Was für ein Geruch soll das gewesen sein?«
    Er hob nur ratlos die Schultern.
    Als wir wieder bei Nina waren, sah sie mich herausfordernd an.
    »Was ist da oben passiert, Ward? Du machst so ein seltsames Gesicht.«
    »Nichts. Ich hatte nur so eine Ahnung. Aber jetzt …«
    Da fiel von oben links ein Schuss.
    »Verdammt«, sagte sie. »Du hattest recht.«
    »Er hat jemanden als Verstärkung. Wer kann das sein?«, fragte Phil.
    »Wenn ich das …« Eine Sekunde lang streifte mich die verrückte Idee, John und Paul könnten gemeinsame Sache machen. Nein, das war absurd. Aber wer dann?
    Weiter kam ich mit dem Denken nicht, denn nun flog eine Gestalt schattengleich bergan und feuerte auf uns.
    Nina und ich schossen zur gleichen Zeit, verfehlten aber unser Ziel. Phil rollte sich seitwärts, bis er gegen einen Baum prallte, brachte sich in Position, zögerte aber eine Sekunde zu lange. Ich richtete mich auf und drückte ab.
    Die Gestalt drehte sich im Sprung und stürzte. Ich schoss noch zweimal, dann war ein Stöhnen zu hören.
    »Nina, halt die Stellung«, rief ich. »Phil, kommen Sie mit mir.«
    Sie schaute mich an und gab mir ein Zeichen, dass sie verstanden hatte.
    Ich lief mit Phil über den Bergkamm zurück, dann trennten wir uns, um Connelly nicht in Gefahr zu bringen. Das Echo mehrerer Schüsse hallte zu uns herauf, gerade aus der Richtung, wo der Schütze gestanden hatte.
    »Scheiße«, sagte Phil, »ich dachte, Sie hätten den Kerl erwischt.«
    »Dann müssen es insgesamt drei sein«, schloss ich. »Das wird ja immer schöner.«
    Wir verharrten für einen Augenblick in völliger Bewegungslosigkeit. Schauten nach vorn. Der Wald schien noch dunkler und undurchdringlicher.
    Ich zitterte vor Kälte und fühlte

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