Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
Vom Netzwerk:
besonders schweren Verbrechen. Wir müssen mächtig aufpassen. Die Polizisten draußen haben eine Mordswut im Bauch. Ich möchte nicht zu denen gehören, die heute Nacht ertappt werden, wie sie um irgendein fremdes Haus schleichen.«
    »Einen Polizisten am helllichten Tag umzulegen, das ist selbst für einen Durchgeknallten ein starkes Stück.«
    »Durchgeknallten?«
    »Also, Charles, ich bitte Sie.« Nina hatte sich die amtliche Redeweise an dem Tag abgeschminkt, als sie zusehen musste, wie ein schwarzes Kind aus einem Mülleimer gezogen wurde. Das Kind hatte dort eine Woche lang gelegen, und das bei Temperaturen wie am heutigen Tag. Die Mutter identifizierte die Leiche und nahm sich drei Wochen später das Leben, indem sie von den Klippen bei The Palisades sprang. Das war nun ein paar Jahre her. Monroe hielt sich hingegen immer noch an die kriminologische Terminologie, wenn er von Menschen sprach, durch deren Hände ganze Familien mitsamt ihrer Geschichte ruiniert worden waren.
    »Als was würden Sie ihn denn bezeichnen? Mangelhaft sozialisiert?«
    »Wir müssen rasch handeln«, fuhr Monroe ungerührt fort. »Ein Polizistenmord am helllichten Tag. Der Täter ist ein Mann, der jede Kontrolle über sich verloren hat. Wir müssen schnell zu Ergebnissen kommen.«
    Nina verdrehte die Augen. Einer, der jede Kontrolle verloren hatte und danach lechzte, gefasst zu werden. Und doch nirgends in Sicht war. Die hochkarätigste Ermittlung, an der sie bisher beteiligt gewesen war, betraf die sogenannten Botenjungenmorde vor zwei Jahren. Das war ebenfalls in Los Angeles und unter der Leitung von Charles Monroe. Damals hatte er ähnliche Vermutungen über einen Mann angestellt, der drei junge Mädchen aus besseren Kreisen umgebracht hatte, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen. Er hatte weiter getötet, sogar mehr als einmal, und war verschwunden. Er wurde niemals gefasst. Monroe hatte sich dem nächsten großen Fall zugewandt. Für die Eltern der Mädchen war nichts mehr in ihrem Leben so wie vorher. »Die Frage ist doch, ob es weitere Morde gibt.«
    »Vielleicht, ja. Das sagte ich ja, wenn wir nicht …«
    »Nein, ich meine, ob es Morde vor dem heutigen gegeben hat. Wenn das hier das Ende ist, wie Sie annehmen, wo ist dann der Anfang? Was hat ihn bis hierher geführt? Wo liegen die Wurzeln seiner Tat?«
    »Wir sind ihm auf der Spur. Während wir hier reden, arbeitet man im Los Angeles Police Department an einem Abgleich mit ähnlichen Fällen.«
    »Und wir wissen noch nicht einmal, wer das Opfer ist.«
    »Keine Handtasche, keine persönlichen Sachen außer dem alten Schlafanzug. Der Typ an der Rezeption behauptet, sie vor ihrer Ermordung nie gesehen zu haben. Wir veröffentlichen ein Foto von ihr, sobald sie wieder etwas hergerichtet ist. Noch am späten Nachmittag bekommen die Leute auf der Straße ein Bild von ihr zu sehen. Wissen Sie, was das für ein Gegenstand in ihrem Mund war?«
    Nina schüttelte den Kopf und spürte dabei einen metallischen Geschmack auf der Zunge. Sie hatte schon viele Leichen gesehen, einige in solch schlimmem Zustand, dass sie im Kopf eine Mauer um sie bauen musste, um beim Erinnern nicht unvermutet auf sie zu stoßen. Bei Tätern, die sich am Mund ihrer Opfer zu schaffen machen, konnte man fast immer sexuellen Missbrauch unterstellen. Wenn für jedermann sichtbare Körperteile wie Augen, Mund und Hände übel zugerichtet wurden, dann bedeutete das gewöhnlich eine eher soziale Schändung. Wer sich an einem Opfer sexuell verging, tastete dessen Persönlichkeit an. Wer die bloßliegenden Körperteile manipulierte, wollte damit sagen: »Schaut her, ihr alle da draußen, was ich getan habe!« Es zielte nach außen und sollte durch ein magisches Zeichen die Welt verändern. So schien es wenigstens.
    »Eine Festplatte«, sagte Monroe. »Eine kleine wie für einen Laptop. Ein Labortechniker hat es auf den ersten Blick gesehen, als sie noch im Mund steckte.«
    »Fingerabdrücke?«
    Er schüttelte verneinend den Kopf. »Keine. Aber im Labor hat man etwas anderes gefunden. Eine Seriennummer, immerhin. Die Festplatte wurde irgendwo gefertigt und irgendwo gekauft. Und selbstverständlich könnte noch etwas auf ihr gespeichert sein. Heute Abend wissen wir mehr darüber.«
    Diesmal las er Ninas Miene. »Der Täter hat das aus einem bestimmten Grund getan, Nina. Gehen wir wieder an die Arbeit.«
    Er stand auf und wählte schon wieder eine neue Nummer auf seinem Handy. Tack, tack, tack. Nina hätte nicht Monroes

Weitere Kostenlose Bücher