Engel für den Duke
ihr über die Wange liefen. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals glücklicher gewesen zu sein als in diesem Augenblick.
Oder verliebter.
Oder mehr davon überzeugt, das Richtige getan zu haben.
Es war Samstag, zwei Wochen nachdem Royal und Jocelyn ihre Verlobung bekannt gegeben hatten. Bei jenem letzten Treffen im Red Rooster Inn hatte Jack darauf bestanden, dass Lily ihren Anteil von dem Geld bekam, das sie Preston Loomis abgenommen hatten. Obwohl sie versucht hatte abzulehnen, hatte auch Royal darauf bestanden, und schließlich hatte sie nachgegeben.
Das Geld brachte sie auf die Bank, als Polster, für den Fall, dass ihr Laden unvorhergesehene Probleme hatte. Bisher war das nicht geschehen. Ihr Geschäft lief gut, und ihre Kundenzahl wuchs.
Bei dem Lebensmittelhändler einen Block weiter machte Tommy Cox gute Arbeit als Botenjunge – das hatte zumindest Mrs Smythe berichtet. An der Oberfläche schien ihr Leben gut zu verlaufen.
An der Oberfläche.
Darunter war ihr Herz gebrochen, und sie war nicht sicher, ob sie sich davon jemals erholen würde.
Sie fühlte einen Stich in ihrem Herzen, als sie die Ladentür abschloss und einen weiteren Arbeitstag beendete. Als sie an der Hintertür ein Geräusch hörte, drehte sie sich um und lächelte in dem Glauben, es wäre Tommy, der zum Abendessen kam. Gerade gestern erst war er da gewesen, aber sie freute sich immer, wenn Mugs und er kamen.
Sie lief dorthin, öffnete die Tür und erschrak beim Anblick einen großen, stämmigen Mannes.
„Sind Sie Lily Moran?“
„Ja, das bin ich. Kann ich etwas für Sie tun?“
Seine Augen funkelten. „Für mich nicht. Aber für meinen Freund Dick Flynn.“
Lily schrie, als der Mann sie packte und aus der Tür zog. Himmel, Dick Flynn! Preston Loomis hatte sie gefunden! Angst durchzuckte sie, und ihr Herz schlug heftig. Sie nahm ihren Mut zusammen und wehrte sich gegen den brutalen Griff. Sie versuchte, nach dem Mann zu treten, doch die Röcke waren ihr im Weg. Sie versuchte, die Hand zu beißen, die um ihren Hals gelegt war, drehte und wand sich, benutzte alle Tricks, die sie als Kind auf der Straße gelernt hatte.
Einen Moment lang konnte sie sich befreien, fuhr ihm mit den Nägeln ins Gesicht und versuchte wegzulaufen.
„Kleines Biest!“ Sofort war er wieder bei ihr, fluchte und beschimpfte sie auf eine Weise, wie sie sie seit Jahren nicht mehr gehört hatte.
Sie schrie, als er ihr mit der Faust ins Gesicht schlug. Schmerz durchzuckte sie. Bei einem weiteren Schlag platzte ihre Lippe auf, und überall war Blut. In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie versuchte sich zu befreien, aber vor ihren Augen schien ein Schleier zu liegen. Schließlich wurde es schwarz um sie herum.
Royal lehnte sich in seiner schwarzen Reisekutsche zurück. Das goldene Wappen an der Seite war zerkratzt und verblasst, und die roten Ledersitze waren brüchig, eine Erinnerung daran, warum er nach London gefahren war.
Nun, jetzt heiratete er eine Erbin.
Er holte tief Luft. Seine Aufgabe war erfüllt. Es war Zeit für ihn, nach Hause zurückzukehren. Nachdem er von Jack Moran den Löwenanteil des Geldes erhalten hatte, das sie Loomis abgenommen hatten, war er in der Stadt geblieben, um die Schulden seines Vaters zu begleichen. Die meisten Rechnungen hatte er bezahlt und gerade so viel Geld behalten, wie nötig war, um die Brauerei zu erweitern, die er gegründet hatte und von der er immer noch glaubte, dass sie eine gute Investition war.
Obwohl das meiste Geld fort war, hatte er das Gefühl, seinem Vater gegenüber eine Schuld beglichen zu haben. Es waren nicht genügend Mittel da, um Bransford Castle wieder aufzubauen, aber immerhin hatte er den guten Namen der Familie wiederhergestellt.
Er starrte aus dem Kutschenfenster und sah nicht viel mehr als verschwommenes Grün, bemerkte nicht die aufbrechenden Blattknospen an den Bäumen und nicht die kleinen Frühlingsblumen im Gras.
Stattdessen dachte er an Jocelyn und seine bevorstehende Heirat. Er dachte daran, dass er seine Pflicht tat, wie schmerzhaft das auch sein mochte.
An Lily zu denken, dagegen wehrte er sich. Diese Zeit war vorüber, und die Erinnerung daran brachte nichts als Schmerz.
Er war tief in Gedanken, als er Hufgetrappel hörte. Galoppierende Pferde, die die Kutsche verfolgten. Royal schrak auf.
„Straßenräuber!“, rief der Kutscher und trieb die Pferde an. Schüsse wurden abgefeuert. Royal sah aus dem Fenster und fluchte beim Anblick von vier Reitern, die näher kamen. Er
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