Engel für den Duke
sich ziemlich sicher, dass sie nicht einverstanden wäre, wenn er ihr das vorschlug. Wie hatte er nur seine Gefühle für sie so entgleiten lassen können?
Sherry wollte etwas sagen, als es leise an der Tür klopfte und beide Männer aufsahen. Der grauhaarige Kopf des Butlers erschien.
„Ihr Bruder Lord Rule ist hier, Sir.“
Schon drängte Rule sich an ihm vorbei. Royal warf Sherry einen Blick zu, der ihm sagte, dass ein Gespräch über Lily jetzt nicht mehr infrage kam, nicht einmal in Gegenwart seines Bruders.
„Du bist also noch in der Stadt“, sagte Royal, als Rule an der Anrichte stehen blieb, um sich einen Drink einzuschenken. „Ich dachte, du wärst wieder nach Oxford unterwegs.“
„Ich habe noch ein paar Tage. Ich dachte, es gibt vielleicht eine Möglichkeit, dir bei diesem Loomis zu helfen.“
In der Nacht auf dem Ball hatte Royal seinen Bruder über den Schwindel informiert, in den Loomis ihren Vater verwickelt hatte, über Madam Tsayas tatsächliche Identität und darüber, wie er hoffte, ein wenig Gerechtigkeit zu erwirken, indem er einen Teil des Geldes zurückholte, das Loomis ergaunert hatte.
Sherry schien über Rules Vorschlag nachzudenken und beobachtete den hochgewachsenen schwarzhaarigen Mann über den Rand seines Glases hinweg. „Vielleicht könnte Tsaya vorhersagen, dass du gute Noten in deinem Abschlussexamen bekommst.“ Er runzelte leicht die Stirn. „Das wirst du doch, oder?“
„Ich werde ganz gut sein“, entgegnete Rule. „Das war ich immer.“
Der jüngste der Dewar-Brüder war immer ein ausgezeichneter Schüler gewesen. Er hatte seine Studien so lange wie möglich ausgedehnt, vermutlich um keine Verantwortung übernehmen zu müssen – aber allmählich wurde es ihm wohl zu langweilig. Er war bereit, sein Leben zu leben. Royal hoffte nur, dass er sich für einen weisen Weg entschied.
Royal setzte sich gerader hin. „Tsaya ist zu einem Musikabend bei Lady Severn Ende der Woche eingeladen. Wenn du dort bist, kann sie dir die Vorhersage machen. Die Examen stehen bevor. Du könntest mit der guten Nachricht über deinen Erfolg bald zurückkommen.“
„Ich werde dort sein.“ Rule grinste, und in seiner Wange erschien ein Grübchen. „Das sollte keine Umstände machen. Die Countess soll sehr schön sein, und ihr Ehemann ist so alt wie Moses. Es heißt, sie ist sehr erfindungsreich im Bett, und mir wäre nichts lieber, als das herauszufinden.“
Royal schüttelte den Kopf, aber er lächelte dabei. „Du bist unverbesserlich, Brüderchen.“
„Und du warst in meinem Alter kein bisschen an Frauen interessiert?“
Natürlich war er das gewesen. „Ein Punkt für dich.“ Auf Barbados hatte er eine schöne Mätresse gehabt. Hätte er mehr Geld, so hätte er zweifellos in London eine Frau für seine Bedürfnisse unterhalten.
Doch in letzter Zeit schien er sehr zu seiner eigenen Verwunderung das Interesse am weiblichen Geschlecht verloren zu haben.
Abgesehen von Lily natürlich.
Der Gedanke gefiel ihm nicht.
„Also gut“, sagte Sherry. „Royal, du wirst Lily nächste Woche Mittwoch sehen, nicht wahr?“
Er erstarrte. Vermutlich würde sie dort sein. Er wünschte, er würde sich nicht so sehr auf das Treffen freuen. „Falls sie nicht kommt, Jack, wird Moran sie benachrichtigen.“
Sherry sah Rule an. „Und wir können darauf zählen, dass du zu Lady Severn kommst?“
„Keine Angst. Da mein Bruder darauf besteht, dass die geheimnisvolle Tsaya verboten ist, konzentriere ich mich auf die reizende Countess.“
Royal lächelte wieder. Er kannte seinen Bruder und ging davon aus, dass Lady Severn in dessen Bett landen würde.
Dann wanderten seine Gedanken zurück zu dem bevorstehenden Ereignis. Annabelle war es gelungen, Loomis auf Severns Gästeliste setzen zu lassen. Charles Sinclair zufolge war es jetzt Zeit für Tsaya, den Bastard einzuwickeln.
Es regnete. Preston Loomis hatte es schon immer gehasst, im Regen auszugehen. Als er zu seiner Kutsche eilte, schaute er unter dem Schirm, den sein Butler für ihn hielt, hervor und zum grauen Himmel hinauf. Schwere Tropfen hatten seinen teuren Abendmantel durchweicht. Falls der Mond schien, so konnte er ihn nicht sehen.
Murrend stieg er die Stufen hinauf und setzte sich mit einem erleichterten Seufzer in die Kutsche. Abgesehen von dem abscheulichen Wetter hatte sein Leben gerade eine interessante Wendung genommen. Er hatte eine schöne Frau getroffen, was an sich nicht überraschend war. Seit er ein reicher Mann
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