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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Willkommen bei Gant-Ag, Ms. Warshawski. Wir haben letzte Woche bei Fabian keine richtige Gelegenheit gehabt, uns zu unterhalten. Traurige Sache mit Deirdre. Angeblich soll Fabians Tochter einen geistigen Aussetzer gehabt haben und weggelaufen sein. Was kann ich für Sie tun?«
    Sein angenehmer Baß wechselte mit der Gewandtheit eines Samuel Ramey von Freude über gedämpfte Anteilnahme zu Geschäftstüchtigkeit. Ich schüttelte seine gepflegte Hand und merkte, wie rauh die meine war: Ich arbeitete zu oft mit den Händen, ohne sie hinterher zu pflegen. Gantner setzte sich wieder auf einen drehbaren Ledersessel hinter dem Schreibtisch und bot mir einen Polstersessel gegenüber an.
    »Nett, daß Sie mich ohne Voranmeldung empfangen haben. Hat Jasper Ihnen gesagt, daß ich mich vielleicht bei Ihnen melden würde?«
    Gantner schenkte mir ein lockeres, jungenhaftes Lächeln, bei dem er seine perfekten Zähne entblößte. »Wie wär's, wenn Sie mir sagen, was Sie wollen - dann brauchen wir keine Mutmaßungen anzustellen.«
    Ich lehnte mich zurück, ganz die entspannte Frau von Welt. »Mir geht es um dieselben Fragen wie Ihnen: um Deirdre Messengers Tod und das Verschwinden ihrer Tochter. Aber ich sehe die beiden Ereignisse ein bißchen anders als Sie. Natürlich würde die Polizei Emily Messenger gern finden, denn die Straßen von Chicago sind nicht der richtige Ort für Teenager, besonders dann, wenn sie kleine Kinder dabeihaben. Aber die Polizei hat noch keineswegs beschlossen, daß sie zu den Tatverdächtigen gehört. Es gibt noch eine Menge ungeklärter Fragen bezüglich der Nacht, in der Deirdre getötet wurde.«
    »Als da wären?« Gantner verflocht die Fingerspitzen ineinander.
    Trotz der getönten Fenster machte es mir die sinkende Sonne schwer, sein Gesicht zu erkennen. Ich rückte meinen Sessel etwas zur Seite. Zuerst hob Gantner die Augenbrauen, dann nickte er anerkennend ob meiner Eigeninitiative.
    »Zum Beispiel, wen sie in der Nacht, in der sie ermordet wurde, in meinem Büro getroffen hat. Wir wissen, daß sie sich mit jemandem verabredet hatte - und diesen Jemand versuche ich jetzt zu finden.«
    Wieder nickte er, diesmal mit einem leichten Stirnrunzeln. »Das wußten wir noch nicht. Aber wenn das stimmt, hat die Polizei doch sicher Möglichkeiten, das herauszufinden, oder?«
    Ich ignorierte seine Frage. »Wer ist >wir    Zum erstenmal vergaß er seine eingeübten Manierismen und fauchte mich an: »Wir alle machen uns Sorgen wegen Fabian Messenger. Was heißt, daß wir alle die Ermittlungen im Fall Deirdre Messenger verfolgen. Ist das so wichtig?« »Da Sie vier, oder zumindest Sie und Donald Blakely, den Staatsanwalt dazu bringen können, Ihren Fragen Gehör zu schenken, vielleicht sogar, Ihren Anweisungen zu folgen, ist Ihr Interesse wichtiger als das eines anderen intere ssierten Bürgers.« »Und so eine sind Sie? Soweit ich weiß, hält Fabian nicht sonderlich viel davon, daß Sie sich in seine Angelegenheiten einmischen.«
    Er klang so, als wolle er dieses Thema beenden, aber ich schüttelte den Kopf. »Deirdres Tod ist nicht seine Privatsache. Selbst heute, wo kaum eine Minute vergeht, ohne daß ein Amerikaner eines gewaltsamen Todes stirbt, ist Mord immer noch ein Verbrechen und damit etwas, was er oder Ihr angesehener Vater nicht einfach zur Privatsache erklären können.
    Ich versuche herauszufinden, mit wem Deirdre in der Nacht ihres Todes verabredet war. Diese Person könnte den Mörder gesehen haben - natürlich ohne zu ahnen, daß es sich um den Mörder handelt. Also spreche ich mit den Leuten in den Organisationen, in denen sie ehrenamtlich tätig war. Home Free und Arcadia House zum Beispiel. Da Sie ja im Beirat von Home Free sitzen, hoffe ich, von Ihnen die Namen der Leute zu bekommen, mit denen sie eng zusammengearbeitet hat.«
    Jetzt richtete er sich kerzengerade auf. »Da werde ich Ihnen nicht helfen können. Das ist Jaspers Angelegenheit, und wenn ich mich nicht täusche, wollte er vermeiden, daß unser Beirat in die Sache hineingezogen wird.«
    »Aber Sie haben ein gewichtiges Wort bei Jaspers Entscheidungen mitzureden.« Ich versuchte, beschwichtigend zu klingen. »Ich bin mir sicher, daß Sie ihn dazu bringen könnten, seine Meinung zu ändern.«
    »Wenn er mich um Rat bittet, gebe ich ihm einen - mehr kann ein verantwortungsbewußtes Beiratsmitglied nicht tun.«
    »Da wäre zum Beispiel das Angebot, Lamia ein Sanierungsprojekt

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