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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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von Home Free zu übertragen. Was hielten Sie von dieser Idee?« Die Worte sprudelten plötzlich aus mir heraus und überra schten mich genauso wie ihn.
    »Sie müssen mir schon verzeihen, Ms. Warshawski: Ich erledige meine Aufgaben als Beiratsmitglied nicht ganz so gut, wie ich eigentlich sollte. Ich muß zugeben, daß ich nicht weiß, über welches spezielle Sanierungsprojekt Sie sprechen.« »Obwohl Phoebe Quirk Ihnen die Sache bei Ihrem Treffen gestern morgen erklärt hat?«
    Er lächelte. »Wenn Phoebe Ihnen erzählt hat, daß wir darüber gesprochen haben, war sie vermutlich zu höflich, Ihnen zu sagen, Sie sollen sich um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern.«
    Jetzt lachte ich. »Da kennen Sie Phoebe aber schlecht, wenn Sie meinen, daß sie so zurückhaltend ist.«
    Er warf demonstrativ einen Blick auf die Uhr auf seinem Schreibtisch. »Tja, ich bin's auch nicht. Wie Home Free seine Bauunternehmen auswählt, geht Sie nichts an. Außerdem verstehe ich nicht ganz, was Ihre Fragen mit dem Mord an Deirdre Messenger zu tun haben. Immer vorausgesetzt, daß polizeiliche Nachforschungen in Ihrem Aufgabenbereich liegen, was ich bezweifle.«
    »Ich frage mich, wieso Sie mich ohne Termin empfangen haben. Wegen Deirdre oder wegen Home Free? Oder könnte Jad Holdings was damit zu tun haben?« Ich hatte die Frage absichtlich so formuliert, in der Hoffnung, ihn damit zu überraschen. Doch er war ein versierter Pokerspieler; er antwortete sofort und ohne mit der Wimper zu zucken. »Natürlich weiß ich über Home Free und auch über Deirdre Messenger Bescheid. Aber der dritte Name ... wie war er noch gleich?«
    »Dann verheimlicht Ihnen Ihr Vater also gewisse Dinge? Ich habe den Brief gesehen, den er Fabian wegen der Boland-Novelle geschrieben hat. Der war in einer Akte mit der Aufschrift Jad Holdings.«
    Seine Reaktion bewies, daß er sehr wohl Bescheid wußte: Er drehte sich auf seinem Stuhl um, um zum Fenster hinauszuschauen. Die getönte Scheibe spiegelte ihn in dem Neonlicht geisterhaft wider. Ein bißchen erinnerte mich sein Gesicht an eine Halloweenmaske.
    »Sie interessieren sich sehr für Sachen, die Sie nichts angehen, Ms. Warshawski - sogar für unsere Versuchsfelder. Ich frage mich wirklich, warum Sie eigentlich hier herausgekommen sind.«
    Wieder lachte ich. »Sie halten mich also für eine Spionin von Pioneer oder einem der anderen großen Agrarunternehmen? Sie müssen ja eine ganz nette Ausrüstung installiert haben da draußen auf Ihren Feldern, wenn Sie jeden fotografieren können, der sie sich anschaut.«
    »Trotzdem würde ich Ihre Taschen gern von meinen Sicherheitskräften durchsuchen lassen, bevor Sie gehen. Nur für alle Fälle.«
    Er rief Bart, meinen näselnden Begleiter, und bat ihn, ein paar Sicherheitsbeamtinnen heraufzuschicken. Während wir auf sie warteten, versuchte ich, ihm noch weitere Informationen über Home Free, Deirdre, Lamia, Jad Holdings und die Century Bank zu entlocken, aber er war nicht mehr von seiner Überzeugung abzubringen: Ich war gekommen, um mir die Maispflänzchen seines Onkels anzuschauen, und deshalb mußte er mich loswerden. Trotz meiner Frustration mußte ich ihm innerlich Anerkennung zollen ob seines Einfallsreichtums - diese Anschuldigung war der ideale Vorwand, mich vor die Tür zu setzen.
    Nach fünf Minuten - in denen ich immer wieder Fragen stellte und er stur mauerte -betraten zwei Frauen in brauner Uniform mit Armbinden, auf denen goldfarben wieder einmal das Gant-Ag-Logo prangte, das Büro. Sie führten mich in ein freistehendes Zimmer und schauten in meine Taschen und Socken. Ich bot an, ihnen auch meinen Büstenhalter und meinen Slip zu zeigen, aber sie winkten ab. Nachdem ich meine Schnürsenkel wieder gebunden hatte, dirigierten sie mich - höflich, aber bestimmt - zu meinem Wagen und fuhren mit mir an dem Wachposten vorbei.
    Als ich wieder bei dem Versuchsfeld anlangte, lenkte ich den Trans Am noch einmal an den Straßenrand. Ich steckte die Hand durch den Zaun und brach ein paar Kolben ab. Dann stand ich eine ganze Weile da, untersuchte sie demonstrativ, hob sie gegen das trübe Aprillicht und riß ein paar Blätter von der Pflanze ab. Ich trug sie so auffällig wie möglich zu meinem Wagen zurück.
    Vielleicht machte sich Gantne r tatsächlich mehr Sorgen um seine Maispflanzen als um alles andere, aber trotzdem warf kein Hubschrauber Bomben über mir ab. Während der ganzen langen Heimfahrt nach Chicago versuchte ich, mir darüber klarzuwerden, warum

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