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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Feuersbrünsten und Sintfluten muß ich mir immer wieder anhören. Aber auf die Idee, daß menschliche Gehirnmasse das Diskettenlaufwerk verkleben könnte, ist noch niemand gekommen.« »Haben Sie Mirror?« »Was ist das?«
    »Ein Programm. Das benutzt man, um verlorene Daten zu rekonstruieren. Ohne das kann ich wahrscheinlich den >U ndelete <-Befehl nicht ausführen.« Ich schnippte mit dem Daumen gegen meinen Autoschlüssel. »Sie wissen genau, daß ich kein Wort von dem verstehe, was Sie mir da erzählen. Krieg' ich nun meine Daten zurück oder nicht?«
    »Sie leben ganz schön hinter dem Mond. Ich glaube, um Ihr technisches Verständnis auf Vordermann zu bringen, brauchen Sie mich, nicht diesen Bullen. Es h ängt alles davon ab, wie der Mörder die Festplatte gelöscht hat. Oder die Mörderin«, fügte er mit einem weiteren Seitenblick hinzu. »Wenn er sie im Low-Level-Format neu formatiert hat, sehen Sie Ihre Daten nie wieder. Aber wenn er's eilig gehabt hat, nicht riskieren wollte, erwischt zu werden, hat er die Daten vielleicht nur gelöscht. Dann hat er >DEL Stern Punkt Stern< eingegeben. Wenn er das gemacht hat und einfach abgehauen ist, könnte ich Ihre Buchhaltung rekonstruieren, immer vorausgesetzt, Sie haben die Daten nicht selbst überschrieben. Das wäre ziemlich viel Arbeit, aber nicht unmöglich.« »Dann könnte ich Ihnen nicht zahlen, was Ihre Arbeit wert ist. Ich werde wohl ein Gnadengesuch ans Finanzamt schreiben müssen - die sind ja bekannt für ihr Mitgefühl.« Ich ging zur Fahrertür.
    Er folgte mir und packte mich am Arm. »Augenblick mal - ich muß gemeinnützige Arbeit leisten. Überzeugen Sie meinen Bewährungshelfer davon, daß Sie eine gemeinnützige Einrichtung sind, dann kommen wir ins Geschäft.« Ich war mir ziemlich sicher, daß wir das nicht hinkriegen würden, denn bei Gericht wollten sie bestimmt meine Steuererklärung sehen. Aber über das Problem konnte ich mir später den Kopf zerbrechen. Wenn Ken es wirklich schaffte, meine Buchhaltung zu rekonstruieren, wäre mir so sehr damit geholfen, daß ich irgend jemanden von meinen Freunden bei den gemeinnützigen Einrichtungen dazu bringen würde zu behaupten, Ken hätte diese Arbeit für sie gemacht.
    Ken bestand darauf, mich zum Mittagessen einzuladen, um unseren Deal zu feiern, bevor wir meinen Computer in der Eleventh Street abholten. Ich weigerte mich, die Mitgliedschaft seines Vaters im Athletic Club auszunutzen, ließ ihn aber die Rechnung im New Orleans Gumbo House an der South Dearborn Street bezahlen, obwohl ich vermutete, daß Darraugh auch diese Rechnung begleichen mußte. Im Polizeirevier hatte ich Glück, denn Mary Louise Neely saß an dem Schreibtisch, den sie sich mit drei anderen Beamten teilte. Sie hatte den Papierkram schon für mich vorbereitet - ich mußte lediglich noch ein paar hundert Formulare ausfüllen.
    Anschließend marschierten wir gemeinsam zu dem Lagerraum, ich zeigte meinen Führerschein vor, sie ihre Polizeimarke, und schon reichte mir der zuständige Beamte meinen 386er zusammen mit der Tastatur. Auf freundliches Bitten meinerseits holte er von irgendwoher sogar noch einen Karton. Ich packte Laufwerk und Bildschirm ein, stellte das Keyboard darauf und reichte das Ganze Ken. Ein bißchen körperliche Arbeit tat ihm gut, stärkte vielleicht sogar seinen Charakter.
    Ken warf einen Blick auf das Gerät und verzog das Gesicht. »Das Ding ist ganz schön verdreckt. Ich weiß nicht, ob das Laufwerk so was mitmacht, aber ich werde es herausfinden. Wenn wir fertig sind, sollte ich Ihnen vielleicht einen 486er klauen - ich seh's gar nicht gern, wenn eine clevere Detektivin wie Sie mit einer so vorsintflutlichen Ausrüstung arbeitet.«
    Er schaute Mary Louise Neely von der Seite an, um zu sehen, ob sie sich durch seine Bemerkung provoziert fühlte, aber mit Rotzlöffeln wie ihm, die sich besonders gern vor Frauen produzierten, hatte sie in ihrem Job jeden Tag zu tun. Ohne ihn zu beachten, fragte sie mich, ob ich etwas von den Messenger-Kindern gehört hätte. Jetzt war es an mir, das Gesicht zu verziehen. »Ich habe mich gestern abend mit Fabian unterhalten. Er wirkt ziemlich durcheinander - er ist nicht mehr der selbstsichere Jurist oder der Mann, der seine Familie tyrannisiert. Ich habe irgendwie das Gefühl gehabt, jemand hat ihm Daumenschrauben angelegt. Hat Terry ihn eingehender befragt wegen Deirdres Tod?«
    Sie schnaubte verächtlich. »Schön wär's! Wenn er sie tatsächlich geschlagen hat - wenn Sie

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