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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Rattenbisse und untersuchen jetzt sein Herz, um festzustellen, ob er das aushält. Ich habe ihnen gesagt, den Mann könnte man nur mit einem großen Lastwagen aufhalten.«
    Ich nickte. »Ohne ihn hätte ich die Sache nicht überstanden. Wie geht's Tamar Hawkings?«
    Lotty runzelte die Stirn. »Sie hängt am Tropf - das tun sie alle. Aber größere Sorgen machen sich die Arzte um ihren geistigen Zustand. Das gleiche gilt für Emily Messenger. Mr. Messenger ist gestern nachmittag vorbeigekommen, sobald er erfahren hatte, daß die Kinder gefunden worden sind. Offenbar hat Emily zu schreien angefangen und die Arzte dazu gebracht, ihn wegzuschicken. Jetzt kriegt keiner mehr eine zusammenhängende Geschichte aus ihr raus. Eine Psychologin soll sich mit ihr unterhalten, aber zuerst muß sie wieder auf die Beine kommen - dieses emotionale Trauma könnte ihren Tobsuchtsanfall ausgelöst haben. Ihre kleinen Brüder werden sich bald wieder erholen, zumindest körperlich, und die Arzte sind auch wegen der anderen zwei Kinder von Tamar Hawkings zuversichtlich.« Leon Hawkings sei dagewesen, um das Sorgerecht für die Kinder zu reklamieren, fügte sie hinzu. Er habe gedroht, gerichtliche Schritte wegen Jessies Tod einzuleiten und gefordert, daß seine Frau zu ihm zurückkehre. Gleichzeitig habe er verlangt, daß sie ins Gefängnis komme, weil sie das Leben der Kinder gefährdet habe. Lotty hatte Marilyn Lieberman von Arcadia House angerufen, die Eva Kuhn vorbeischicken wollte, um zu sehen, ob man etwas für Tamar Hawkings tun könne.
    »Die Leute von den Amtern werden ihr Vernachlässigung der Kinder vorwerfen. Sie wird sich mit vielen Leuten und Problemen auseinandersetzen müssen, wenn sie wieder die Kraft dazu hat«, meinte Lotty. »Die Polizei hat Emily noch nicht festgenommen?« fragte ich.
    Lotty lächelte mich spöttisch an. »Wegen des Mordes an Deirdre? Die Polizei geht sehr vorsichtig vor, weil Fabian überall so hohes Ansehen genießt.
    Außerdem hat sich von deinen Freunden bei der Polizei ganz unerwartet jemand auf unsere Seite geschlagen - die rothaarige Frau, die dich am Samstag in der Notaufnahme befragt hat ... ja, Officer Neely, so hat sie sich vorgestellt ... Vic, ich habe die Arzte hier gebeten, eine Kernspintomographie zu machen und deine Gehirnfunktionen zu überprüfen, bevor sie dich rauslassen.«
    »Weil jeder, der da unten in den Schächten war, einen Schlag weghaben muß?« Lotty erhob sich von meinem Bett. »Nein, weil du innerhalb der letzten sieben Jahre die dritte schwere Kopfverletzung hast, und weil ich sichergehen möchte, daß dein polnischer Dickschädel keinen dauerhaften Schaden davonträgt.« Ich setzte mich auf und bekam einen roten Kopf vor Wut. »Das kann ich mir nicht leisten. Du weißt doch, daß ich keine Versicherung habe. Außerdem habe ich einen Riesenberg Schulden. Die haben doch erst am Samstag im Beth Israel ein EEG gemacht. Ich muß was unternehmen. Es sind so viele Dinge liegengeblieben, und jetzt, wo wir Emily gefunden haben, ist alles noch dringender geworden.« Sie legte die Finger um mein Handgelenk, um meinen Puls zu fühlen und mich zu beruhigen. »Die Geräte und die Techniker im Beth Israel sind nicht so gut wie die Einrichtungen hier. Der Radiologe hat mir gestern gesagt, das EEG sei nicht klar genug ausgefallen; er kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit feststellen, ob die Hirnhaut verletzt wurde. Ich werde mich mit denen über die Rechnung schon irgendwie einigen. Mit Kopfverletzungen ist nicht zu spaßen.«
    Als sie weg war, stand ich auf, entschlossen, mich anzuziehen und abzuhauen. Ich hatte keine Zeit, hier herumzuhängen und dem Krankenhaus Tausende von Dollar für sinnlose Untersuchungen in den Rachen zu werfen.
    Meine Muskeln waren längst nicht so geschmeidig, wie ich gedacht hatte. Ich ging mit steifen Gliedern zum Kleiderschrank hinüber. Jemand hatte meine Sachen in einen Plastiksack mit der Aufschrift W ARSHAWSKI - 402-B gesteckt. Ich machte den Sack auf und trat angewidert einen Schritt zurück - der Gestank war gräßlich. Wenn man öliges Wasser über Nacht luftdicht in einen Plastiksack verpackt, könnte man das Ergebnis ohne weiteres als Mittel zur Selbstverteidigung abfüllen. Selbst in besserer Verfassung hätte ich mich vermutlich nicht überwinden kö nnen, die Sachen anzuziehen.
    Als ich den Sack wieder zumachte, merkte ich, daß der Geruch an mir haftete: Die Schwestern hatten mich gestern mit einem Schwamm abgewaschen, aber meine Haare

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