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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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das nach, was sie mir gesagt hatte. Die Löhne machen nicht die gesamten Personalkosten aus, es gibt auch noch Steuern. Dazu kommen die Unfallversicherung, die im Baugewerbe wahrscheinlich ziemlich hoch ist, und die Krankenversicherung, wenn das Unternehmen einer Gewerkschaft angehört. Auf der Baustelle, auf der ich gewesen war, hatten acht Männer gearbeitet. Wenn Charpentier ihnen die üblichen Löhne bezahlte, waren das insgesamt sechstausendvierhundert Dollar. Dazu kamen etwa dreitausendsechshundert für Versicherungen und Lohnsteuer. Machte zehntausend die Woche. Da die Männer aber illegal hier waren, zahlte Charpentier keine Steuern. Und sie bekamen auch mit Sicherheit nicht die von der Gewerkschaft ausgehandelten Löhne. Charpentier - und Heccomb - sahnten wahrscheinlich sechs- oder siebentausend Dollar wöchentlich ab. Kein Wunder, daß Home Free den Liberalentraum von günstigen Wohnungen erfüllte. Bestachen die Leute von Home Free die Inspektoren, damit sie ein Auge zudrückten - auf so hoher Ebene, daß Lavalle lieber keine Fragen stellte? Ich mußte meinen Informanten anrufen, aber seine Nummer stand leider nicht im Telefonbuch, sondern nur in meinem Adreßbuch. - Das entweder irgendwo inmitten des Chaos in meiner Wohnung lag oder von den Schlägern am Samstag geklaut worden war. Ich aß eines von Camillas Thunfischsandwiches, ohne ihren Protesten Beachtung zu schenken. Sie hatte die vier Brote für sich gemacht, aber selbst eine hart arbeitende Bauschreinerin konnte mit drei auskommen. Wenn ich Cyrus nicht bis morgen auftreiben konnte ... o nein, da fiel mir etwas ein: An seinem Arbeitsplatz konnte ich ihn nicht erreichen, denn das Rathaus war wegen der Flut bis auf weiteres geschlossen. Aus dem gleichen Grund würde ich ihn vermutlich auch nicht im Golden Glow finden. »Phoebe«, sagte ich laut. »Hast du Phoebes Privatnummer?«
    »Vielleicht.« Camilla aß das letzte Sandwich. »Aber du kriegst sie nicht, wenn du ihr wieder Vorträge wegen Lamia halten willst. Vielleicht ist Jasper ein Ekelpaket, das illegale Arbeiter ausbeutet und den amerikanischen Kollegen die Butter aufs Brot nicht gönnt. Aber unseren ersten richtigen Vertrag will ich nicht gefährden.« Ich legte den Kopf schräg. »Ich glaube, daß ich mich mit Phoebe unterhalten kann, ohne mich in eure Sachen einzumischen.«
    »Versprochen? Schriftlich?«
    Ich nahm Conrads Einkaufsliste vom Kühlschrank und kritzelte mein Versprechen auf die Rückseite. Camilla mußte lachen und ging hinüber ins Wohnzimmer, um ihr Adreßbuch zu holen. Ich rief Phoebe von der Küche aus an, während Camilla mich von der Tür her beobachtete.
    »Phoebe!« rief ich fröhlich in den Hörer. »Gute Arbeit! Ich hab's gestern in der Zeitung gelesen, dich aber nicht früher erreichen können. Mir ist was dazwischengekommen - vielleicht hast du ja in den Nachrichten gestern abend davon gehört.«
    »Was willst du, Vic?« Sie klang nicht gerade, als habe sie mich schrecklich vermißt.
    »Ich möchte dir dazu gratulieren, daß Mr. T. die Genehmigung für die klinischen Versuche von der Food and Drug Administration erhalten hat. Ich habe dich schon immer bewundert, aber dieser Schachzug war einfach genial.«
    »Das mußte früher oder später sowieso genehmigt werden. Natürlich haben wir uns sehr gefreut, daß es so schnell gegangen ist.« Sie klang argwöhnisch.
    »Und was hast du Senator Gantner als Gegenleistung versprochen? Doch wohl nicht hunderttausend für seine Schatulle. Es muß was anderes gewesen sein. Darf ich dreimal raten?«
    »Kümmer dich verdammt noch mal um deine eigenen Angelegenheiten.« Sie war wütend, legte aber nicht auf.
    »Camilla steht neben mir und beobachtet mich. Ich habe ihr versprochen, weder Lamia noch die Handwerkerinnen zu erwähnen. Also mache ich das auch nicht. Wieso wollten Gantner und Heccomb die Century Bank schützen - was war so wichtig, daß Alec junior seinen mächtigen Daddy dazu gebracht hat, der Food and Drug Administration für dich Dampf zu machen?«
    »Weißt du, in all den Jahren, die wir zusammen studiert haben, ist mir nie aufgefallen, was für eine lebhafte Phantasie du hast.« Phoebe hatte sich, zumindest an der Oberfläche, wieder gefangen und mokierte sich über mich. »Mit Century ist alles in Ordnung. Die hatten einen Engpaß und konnten sich Lamia nicht mehr leisten, also sind sie zu Jasper gegangen ... «
    »Und haben den dazu gebracht, den Weihnachtsmann zu spielen«, fiel ich ihr ins Wort. »Jasper und

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