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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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ursprünglichen Projekt zurückgezogen und euch dann die Sanierungsgeschichte als Trostpflaster überlassen hat. Interessiert es dich nicht, warum?«
    »Sind unsere Jobs nicht wichtiger als das Wissen, ob Jasper mit dem Rathaus oder ein paar Banken was mauschelt? Für Frauen ist es wirklich schwierig, solche Jobs zu kriegen«, meinte Camilla mit flehender Stimme.
    »Jemand hat Deirdre umgebracht«, erklärte ich ihr. »Wenn das diese Typen waren, willst du dann wirklich ihr Geld?«
    Camilla kam zu mir herüber und tat so, als starre sie in mein Ohr. »Hab' ich's mir doch gedacht«, verkündete sie schließlich. »Kompromisse kann ich in deinem Kopf nicht finden. Schlag im Wörterbuch nach, was das Wort heißt. So ein Kompromiß kann nämlich hin und wieder ganz nützlich sein. Ich gehe jetzt heim. Du brauchst keinen Babysitter, sondern eine Zwangsjacke.«
    Es gefiel mir nicht, daß sie wütend ging, aber ich konnte sie nicht beruhigen - außer ich hätte ihr versprochen, nicht mehr hinter Jasper Heccomb herzuschnüffeln. Sie schlug mir sogar vor, meine Nachforschungen bis Ende des Sommers auf Eis zu legen, bis Lamia den Auftrag ausgeführt hätte. Ich schüttelte bedrückt den Kopf und sah ihr nach, wie sie zur Tür hinausstürmte. Ich spürte wieder jenen Schmerz, den ich jedesmal empfinde, wenn ich mich mit jemandem streite, den ich mag. Vom Küchentelefon aus fragte ich meinen Anrufbeantworter ab. Es war eine Nachricht von Eva Kuhn, der Therapeutin von Arcadia House, drauf.
    Sie wollte mir erzählen, was sie von Tamar Hawkings erfahren hatte. Es war schwierig gewesen, aber am Ende hatte sie Tamar doch dazu gebracht, etwas zu sagen. Eva hatte sie außerdem überredet, sie mit Sam und Miriam, den überlebenden Kindern, sprechen zu lassen. Tamars Mißtrauen gegenüber dem "Wohlfahrtsstaat lag offenbar in der Geschichte mit ihrer Schwester Leah begründet.
    Leah, die mit einem gewalttätigen Mann verheiratet gewesen war, hatte alles richtig gemacht: Nachdem sie aus dem Gefängnis gekommen war und er sie weiterhin verprügelt hatte, hatte sie sich an ein Frauenhaus gewandt, sich eine eigene Wohnung gesucht, eine einstweilige Anordnung zum Schutz ihres Vermögens durchgesetzt, eine Ausbildung gemacht und schließlich eine Beschäftigung als Datentypistin gefunden. Und dann war sie ermordet worden. Tamar war überzeugt davon, daß sie das gleiche Schicksal erwartete, wenn sie sich ebenfalls an ein Frauenhaus wandte. Der Tod ihrer Tochter konnte sie nicht davon überzeugen, daß es besser war, das soziale System in Anspruch zu nehmen, als auf den Straßen herumzuziehen. »Ich gebe mir größte Mühe mit ihr, aber das wird nicht leicht. Ich hab' mir bloß gedacht, du möchtest wahrscheinlich gern auf dem laufenden gehalten werden«, meinte Eva. »Ich hab' mich übrigens über die Schwester erkundigt - sie wurde von ihrem wütenden Mann ermordet, der sie vorher monatelang verfolgt hat. Einmal hat er ihr sogar am Arbeitsplatz aufgelauert und sie verprügelt. Danach war sie drei Wochen lang im Krankenhaus.«
    Als ich auflegte, war meine Laune noch düsterer als zuvor.
    Am liebsten hätte ich mich wieder im Bett verkrochen. Wenn ich an all die Männer dachte, die ihre Frauen und Kinder verprügelten, konnte ich mir nicht vorstellen, daß meine schwachen Interventionsversuche dagegen etwas fruchten würden.
    »Aber wenn du nichts tust, könnte noch ein Kind sterben«, sagte ich laut. »Und dann solltest du dich wirklich besser unter einen Felsen verkriechen.«
    Ich trommelte mit den Fingern auf der Arbeitsfläche in der Küche. Ich brauchte Hilfe, wenn ich Cyrus die Daumenschrauben anlegen wollte. Ich rief Murray im Herald-Star an.
    »Warshawski!« Seine Stimme klang sarkastisch. »Die Königin höchstpersönlich gibt sich die Ehre, mit dem gemeinen Volk zu sprechen.«
    »Tja, manchmal kannst du ganz schön gemein sein, so viel ist sicher. Möchtest du übers Geschäft reden oder mir ein paar Liebeslieder ins Ohr säuseln? Ich bin bereit, dir alles zu sagen, was ich weiß.« »Und was willst du dafür?«
    »Wenn du denkst, daß es wirklich eine heiße Story ist und du was drüber schreibst, locken wir vielleicht ein paar Leute aus der Reserve. Außerdem könntest du mich zum Essen einladen. Ins Filigree. Dann würde ich dir sogar verzeihen, daß du am Sonntag Conrad Lügen über mich erzählt hast.«
    »Edle Königin, Euer Wunsch läßt mich erzittern und auf der Stelle gehorchen. In einer halben Stunde im Filigree.«
    Ich warf

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