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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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mein Puls wieder: Das ordentlich aufgeräumte Zimmer gehörte Conrad. Ich mußte ein bißchen über mich selbst lachen - ich würde ihm erzählen, daß ich es für einen Alptraum hielt, in einer ordentlichen Umgebung aufzuwachen.
    Auf seinem Wecker sah ich, daß es kurz nach fünf war. Ich hatte fast vier Stunden geschlafen. Ich hörte Conrad im Wohnzimmer herumhantieren. Nachdem ich seinen Frotteebademantel angezogen hatte, gesellte ich mich zu ihm. Doch wer da mit einem Teller Pommes und Dip vor dem Fernseher saß, das war nicht Conrad, sondern Camilla. Als sie mich sah, stellte sie den Ton ab.
    »Na, wenn das nicht Lady Lazarus höchstpersönlich ist«, meinte sie. »Als mein Bruder gesagt hat, er müsse wieder arbeiten, hab' ich ihm angeboten, Babysitter zu spielen. Ich wollte mit eigenen Augen sehen, wie du redest und dich bewegst.«
    Ich ging zu ihr hinüber und nahm sie in den Arm. »Ich komme mir eher vor wie Lady Zombie. Warum muß Conrad arbeiten? Ich hab' gedacht, er hat jetzt bis Sommeranfang Tagschicht.«
    »Er hat mit einem Kollegen die Schicht getauscht, damit er heute auf dich aufpassen konnte. Ab Mitternacht hat er frei. Aber jetzt erzähl mir mal alles. - Alles, was die Leute vom Fernsehen in den sechzig Sekunden deines großen Auftritts noch nicht erwähnt haben.«
    Ich nahm eine Handvoll Pommes und erzählte ihr die Highlights meiner Suche im Tunnel. Obwohl sie das nicht hören wollte, erzählte ich ihr auch von Gary Charpentiers illegalen Geschäften mit den rumänischen Arbeitern. Sie schwieg, als ich fertig war. Uber ihren Kopf hinweg beobachtete ich die Helfer, die hektisch versuchten, das Wasser aus Chicagos Eingeweiden herauszupumpen. Im Loop wimmelte es nur so von Polizisten, Kanalarbeitern und Aufräumungsteams.
    »Weißt du, was Scheiße ist?« platzte es plötzlich aus Camilla heraus. »Unternehmen wie das unsere, die sich abstrampeln müssen, um sich einen Namen zu machen, können ihren Mitarbeitern nicht mal die gewerkschaftlich ausgehandelten Löhne zahlen. Aber leben können wir auch nicht von unserer Arbeit, weil Arsche wie Charpentier uns noch unterbieten.«
    »Home Free hat euch doch den Sanierungsauftrag gegeben«, erinnerte ich sie. »Ja, aber wir wollten eigentlich lieber einen Neubau machen. Natürlich hatte das Gebäude, das wir ursprünglich bauen wollten, nichts mit Home Free zu tun. Unternehmen wie das unsere kriegen nicht die gleichen Aufträge wie Charpentier.« Sie folgte mir in Conrads Küche, wo ich mir einen Kaffee machte. Am liebsten hätte ich mich eine Woche lang ausgeruht, aber das ging nicht. Ich mußte weitermachen. Koffein war nicht die Antwort auf meine Probleme, aber es konnte mir vielleicht die Illusion von Energie vermitteln.
    Während ich den Kaffee trank, inspizierte Camilla den Kühlschrank. »Seit Conrad weiß, daß er beim Cholesterin kürzer treten muß, ist nichts Richtiges mehr im Haus. Ich hätte gern ein Schinkensandwich nach einem harten Arbeitstag, keinen fettarmen Joghurt.«
    »Sag mir doch folgendes, Zu-Zu: Gegen welche städtische Verordnung hat Charpentier da draußen auf der Baustelle verstoßen?«
    Sie schüttelte den Kopf: »Keine Ahnung. Die Bundespolizei ist zuständig für illegale Einwanderer. Die Baustelle selbst wird von einem Inspektor der Stadt überwacht. Sanitärarbeiten sind am schlimmsten - die Leute, die die kontrollieren, sind die reinsten Höllenhunde.«
    Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Cyrus Lavalle, mein kleiner Spitzel im Rathaus, wegen eines Problems mit den Inspektoren von sanitären Anlagen so nervös geworden war. Ich versuchte, mir vorzustellen, über welche anderen Dinge sich die Leute von der Stadt noch Gedanken machten.
    Camilla fand eine Dose Thunfisch und teilte ihre Aufmerksamkeit zwischen mir und den Sandwiches, die sie herrichtete. »Lohnabrechnungen.« Sie leckte fettreduzierte Mayonnaise von einem Löffel und verzog das Gesicht. »Sie kontrollieren, ob man die derzeit üblichen Löhne zahlt. Natürlich geht niemand auf die Baustellen selbst. Angenommen, man bezahlt fünftausend Dollar die Woche laut Lohnliste - bei den derzeitigen Löhnen würde das bedeuten, daß ungefähr sechs Leute voll beschäftigt sind. Es könnte aber durchaus sein, daß dort zwölf arbeiten und jeder nur die Hälfte des üblichen Lohnes kriegt - die Leute von der Stadt schauen nicht auf der Baustelle vorbei, um zu überprüfen, wie viele Menschen dort arbeiten. Wenn man sechs sagt, glauben sie einem das.«
    Ich dachte über

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