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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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behindert.«
    »Dann hau sie ihm über den Kopf. Außerdem gebe ich dir Deckung. Wenn wir da sind, läßt du mich zum Eingang gehen. Wenn jemand sich auf mich stürzt, rufe ich nach dir, und du kannst uns auf Video aufnehmen.« Murray war genauso kalt wie mir. Er machte nur Zicken, weil es ihm nicht gefiel, daß alle Ideen von mir kamen. Wir packten sorgfältig unsere Habseligkeiten zusammen, denn diese Stelle würden wir in der Dunkelheit nie mehr wiederfinden, und wir wollten auf keinen Fall etwas zurücklassen, was auf uns hinweisen konnte.
    Die letzten hundert Meter zum Hangar krochen wir auf allen vieren zwischen den Maisfeldern hindurch. Wir wollten nicht von den Scheinwerfern eines Lastwagens erfaßt werden, der zu einem Lagerhaus fuhr. Während wir so dahinkrochen, fing es zu nieseln an. Unsere Knie versanken im Schlamm.
    Neben dem Gebäude entdeckten wir einen Entwässerungsgraben, der fast tief genug war, um aufrecht darin stehen zu können. Wir krochen hinüber zur Flugzeughalle, wo wir uns endlich aufrichten und unsere steifen Glieder massieren konnten. Murray nahm einen Schluck Kaffee. Wir blieben ein paar Minuten so stehen und lauschten, doch die dicken Betonmauern schluckten alle Geräusche. Ich zog Murrays Kopf zu meinem Ohr herunter und sagte ihm leise, ich würde nach vorne gehen, um das Gelände zu erkunden.
    »Wenn ich in fünfzehn Minuten nicht zurück bin, verschwinde und benachrichtige die Polizei.« Für den Fall, daß die Polizisten von Grundy County oder Chicago es wagten, sich die Finger an Gant-Ag zu verbrennen.
    Ich schlüpfte um die Ecke des Gebäudes herum und folgte der Westseite in Richtung der blauen Lichter auf der Landebahn. Das Gebäude war ziemlich lang, länger als es meiner Meinung nach für die Hubschrauber und Kleinflugzeuge von Gant-Ag nötig gewesen wäre. In der Dunkelheit erschien es mir endlos.
    Als ich endlich am vorderen Teil angelangt war, blieb ich stehen und sah mir die Landebahn mit dem Feldstecher an. Auf der anderen Seite entdeckte ich einen Lastwagen, der wahrscheinlich zu den Lagerhäusern fuhr. Ich schlich um die Ecke herum zum Eingang. Schwere Wellblechtore verschlossen die Vorderseite. Sie waren abgesperrt. Wahrscheinlich hätte ich die Schlösser knacken können, aber die Tore zu öffnen, würde sicher einen Höllenlärm machen. Also suchte ich nach einem normalen Eingang und fand ihn an der Ostseite. Ich öffnete das Schloß mit einem Dietrich und kehrte dann auf der westlichen Seite des Hangar zu Murray zurück. »Hast ganz schön lange gebraucht, Warshawski. Gerade wollte ich nach dir suchen.« »Ich glaube, die Luft ist rein«, murmelte ich zurück. »Aber halten wir uns lieber trotzdem auf der Seite des Maisfeldes.«
    Als wir vorne angelangt waren, warteten wir ab, bis der nächste Lastwagen den Weg zu den Lagerhäusern entlanggefahren war, und schlüpften dann an den Wellblechtoren vorbei zu dem Seiteneingang. Nachdem Murray mir nach drinnen gefolgt war, verschloß ich die Tür wieder hinter uns.
    Im Dunkeln roch ich das Ol der Motoren. Ich knipste die Taschenlampe an und hängte die Decke darüber für den Fall, daß drüben im Bürotrakt jemand das Licht durch die hohen Fenster sähe. So erkundeten wir die Flugzeughalle.
    Vorne, gleich neben einem kleinen Jet, standen die Beobachtungshubschrauber, die in dem trüben Licht aussahen wie bösartige Insekten, die Rotorblätter wie riesige Tentakeln, die Füße wie Stachel. Ich bekam eine Gänsehaut, bewegte mich aber weiter in das Gebäude hinein. Murray folgte mir und filmte alles um uns herum. Auf den Werkbänken entlang der Westseite lagen Schraubenschlüssel und Schweißbrenner, die man zum Reparieren von Flugzeugen braucht. Keilriemen hingen von großen Haken über uns; unter den Bänken befa nden sich Ersatzrotorblätter, F enster und sogar ein paar Türen für die Flugzeuge. Neben der Bank standen einige Gepäckkarren, mit denen normalerweise Lasten zum Flugzeug transportiert werden. »Eigentlich brauchten wir ein Bordbuch als Beleg«, meinte Murray und zog einige Schubladen der Werkbank heraus. »Du weißt schon - für den Fall, daß Fabian dich hierhergelockt hat, ohne daß heute abend ein Flugzeug ankommt.« »Und was würde deiner Meinung nach da drinstehen?« fragte ich spöttisch. »Heute wieder eine Ladung Hundertdollarscheine von den Caymaninseln angekommen?« Aber ich mußte trotzdem zugeben, daß er recht hatte, also ging ich zum anderen Ende der Halle hinüber, wo ein kleiner

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