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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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folgen konnte, ohne daß sie es merkte.
    Nachdem ich den Lake Shore Drive an der Forty-seventh Street verlassen hatte, passierte ich die Ampel am Lake Park und stellte mich noch einmal an den Fahrbahnrand. Zwei Wagen fuhren an mir vorbei; einer schien ein bißchen langsamer zu werden, den Spider hatte ich abgehängt. Ich machte mich auf den Weg zum Haus der Messengers und klingelte.
    Die Haushälterin öffnete die Tür, erinnerte sich an mich und ließ mich hinein. Die Polizei hatte ihr offenbar nicht erklärt, daß ich mir das letztemal unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Zutritt verschafft hatte: Ich streckte ihr eine Karte hin, aber sie schaute gar nicht darauf, sondern sagte nur »Oh, Polizei«, drehte sich um und ließ mich im Flur stehen, während sie nach oben ging. Nach ein paar Minuten kehrte sie mit der Anweisung wieder, ihr zu folgen.
    Sie führte mich den Flur entlang zu einer Bibliothek hinter der soliden Treppe. Dieser Raum war Fabians beruflichem Status angemessen - Regale aus dunklem Kirschholz bedeckten drei Wände, schwarze Ledersessel luden in Nischen zum Verweilen ein, und ein alter Schreibtisch mit lederbezogener Schreibfläche stand auf einem Orientteppich, der abgenutzt genug war, um wertvoll auszusehen. Auf mich wirkte der Raum bedrückend, aber vielleicht würde sich meine Meinung ja mit einem sechsstelligen Einkommen ändern.
    Ich hob eine Ecke des purpurroten Vorhanges am anderen Ende des Raumes. Sprossenfenster gingen hinaus auf den Garten. Ich blinzelte in die Dunkelheit, um festzustellen, wie weit sich das Anwesen der Messengers erstreckte, konnt e aber nur einen Spielplatz entdecken, der genausogut ausgestattet war wie der im Arcadia House. Als ich mich wieder dem Raum zuwandte, konnte ich der Versuchung, die Schubladen des Schreibtisches herauszuziehen, nicht widerstehen. Fabian behauptete, er habe sich auf einen Vortrag am Samstagvormittag vorbereitet. Ich glaubte nicht, daß Terry dieses Alibi überprüft hatte. Wahrscheinlich hatte Fabian irgendwo einen Kalender oder so etwas. Ich begann seine Unterlagen anzusehen.
    Ich konnte weder einen Kalender noch sonst etwas Interessantes finden und wollte gerade die Schublade wieder zumachen, als mir Senator Gantners Name ins Auge sprang. Er hatte einen Brief geschrieben, der nun in einer Akte mit der Aufschrift Jad Holdings steckte. Ich wollte ihn eben lesen, als ich Fabians Schritte hörte. Obwohl ich mir ziemlich albern vorkam, stopfte ich den Brief in die Hosentasche und machte die Schublade schnell zu.
    Fabian schaute so krank aus, daß er es wahrscheinlich gar nicht gemerkt hätte, wenn ich die Schublade in seiner Gegenwart durchsucht hätte. Sein Gesicht war gelblich-fahl, und er bewegte sich, eingehüllt in einen Flanellmorgenmantel, leicht schlurfend. Kaum zu glauben, daß das der Mann war, der vor zwei Tagen die Treppe zu meiner Wohnung hinaufgehastet war, um mich der Entführung seiner Tochter zu bezichtigen. »Ach, du bist's, Warshawski. Sie haben mich gewarnt, aber Karin hat mir gesagt, daß die Polizei da ist.«
    Ich blinzelte, verblüfft über diese merkwürdige Begrüßung. »Wer hat dich gewarnt? Die Polizei?«
    Er stand neben einem der Ledersessel und schaute sich unsicher um, als wäre er, nicht ich, der Fremde in dem Raum. »Egal. Bist du gekommen, um mir zu sagen, daß Emily ihre Mutter umgebracht hat? So schlau wäre ich selber gewesen, mir das zu denken.« »Wie praktisch für dich. Bist du dir da auch sicher? Oder ist Emily nur ein Sündenbock für dich? Zuerst die Ersatzmutter für deine Kinder und jetzt die Ersatzmörderin deiner Frau.«
    »Das Privatleben meiner Familie geht dich nichts an.« Er versuchte, genauso selbstherrlich wie immer zu klingen, aber er brachte nur ein lasches Murmeln zustande. »Die Polizei hat den Baseballschläger von Nellie Fox in ihrem Zimmer gefunden. Und den hat sie eindeutig dazu verwendet, ihre Mutter umzubringen.«
    »Ach, das glaubst du doch selber nicht. Jedenfalls waren keine Fingerabdrücke dran. Haben sie dir das nicht gesagt?«
    Als ich mich in einen der Polstersessel setzte, stolperte er in den Raum und nahm ebenfalls Platz, jedoch nicht hinter seinem Schreibtisch, sondern auf einem Holzstuhl neben der Tür. Er zog den Morgenmantel enger um seine Schultern, als könnte dieser ihn vor mir schützen.
    »Doch, Warshawski - es waren welche dran, die von Emily.«
    Ich atmete tief durch. »Tja, alle scheinen zu glauben, daß sie Deirdre getötet hat. Aber erstens: Wieso sollte sie

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