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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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den Tod treu war? »Hast du dich denn nicht aufgeregt, als sie Freitagabend nicht nach Hause gekommen ist? Hast du mit Emily darüber gesprochen?«
    »Ich bin von der Arbeit heimgekommen und habe sie gefragt, wo ihre Mutter ist. Sie hat gesagt, Deirdre sei ausgegangen; sie habe die Nachricht hinterlassen, daß sie zum Abendessen nicht zurück wäre und daß wir den restlichen Lachs essen sollten. Ich fand das ziemlich rücksichtslos von ihr - aber egal, jetzt ist sie tot.«
    »Und am Samstagmorgen?« bohrte ich weiter. »Was hast du da mit Emily geredet?« »Das habe ich dir doch schon zweimal gesagt, Warshawski«, rief er aus. »Wir haben uns nicht unterhalten.«
    »Dieses Symposium ... Hast du einen Handzettel, auf dem es angekündigt wird? Oder hat den die Polizei schon mitgenommen?«
    »Willst du damit andeuten, daß ich mir einfach einen wichtigen Vortrag als Alibi für den Mord an meiner Frau ausgedacht habe? Das ist ja noch schlimmer als deine anderen Behauptungen.«
    Er richtete sich einen Moment auf, so daß der Morgenmantel sich ein bißchen öffnete. Sehr bald merkte Fabian, daß seine blasse, unbehaarte Brust meinen Blicken ausgesetzt war, und zog den Morgenmantel wieder enger um seinen Körper. Dann sank er auf seinen Sitz zurück.
    »Also warst du auf deinem Symposium, als die Polizei mit der Nachricht von Deirdres Tod hierhergekommen ist. Das muß für Emily ein ganz schöner Brocken gewesen sein, so ganz ohne Unterstützung.«
    »Nicht, wenn sie Deirdre ermordet hat«, murmelte er aus den Tiefen seines Stuhls.
    Ich kratzte mir den Kopf und überlegte, wie ich ihn am besten dazu bringen könnte, mir eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen. »Ich mache mir wirklich Sorgen um Emily, Fabian. Du nicht? Wo könnte sie hin sein?«
    Er bewegte tonlos die Lippen, als wolle er sich selbst etwas einsagen.
    »Wenn du irgend etwas vermutest, was du der Polizei nicht mitteilen möchtest, helfe ich dir gern, es zu überprüfen. Ohne Honorar und unter Ausschluß der Öffentlichkeit.
    Hast du einen Kollegen oder einen Geistlichen oder sonst irgend jemanden, an den sie sich vielleicht gewandt haben könnte, dessen Name aber nicht genannt werden soll?« »Sie ist zu dir. Der Beamte, mit dem du so dicke befreundet bist - Finchley heißt er doch, oder? -, hat mir gesagt, man hätte sie in der Nähe vom Pulteney gesehen. Du hast Nerven, einfach hierherzukommen und mich nach ihr zu fragen, Warshawski. Ich denke wirklich ernsthaft daran, Anzeige gegen dich zu erstatten, weil du einen schlechten Einfluß auf sie ausübst. Wenn du nicht wärst, würde ihre Mutter heute noch leben, und ich müßte das alles nicht durchmachen. Erzähl mir bitte nicht, daß du Deirdre nicht in dein Büro gelockt hast - was wollte sie denn dort? Und dann hast du auch noch Emily ermutigt, zu dir zu rennen. Ich könnte dich wegen deines schädlichen Einflusses belangen.«
    »Damit würdest du dich lächerlich machen, und Alec Gantner würde dir nie helfen, Bundesrichter zu werden.«
    »Dir und Deirdre habe ich es zu verdanken, daß das wahrscheinlich sowieso nie der Fall sein wird. Verschwinde, Warshawski. Ich bin extra aufgestanden, um mit dir zu sprechen, aber jetzt habe ich genug. Geh nach Hause.«
    Seine Haut war so gelb und seine Augen so glasig, daß ich unwillkürlich Mitleid mit ihm hatte. »Du solltest zum Arzt gehen, Fabian, und dir was verschreiben lassen.« Zum Beispiel Lithium, dachte ich, oder Thorazin, Mittel gegen manischdepressive Erkrankungen.

Verfolger
    Auf dem Nachhauseweg hatte ich ein- oder zweimal das Gefühl, daß mir jemand folgte, aber als ich an den Straßenrand fuhr, um zu sehen, wie die Leute hinter mir reagierten, wurde niemand langsamer. Wenigstens sah ich die Scheinwerfer des Spiders nicht mehr in meinem Rückspiegel.
    Ich hielt im Grant Park, damit Peppy noch ein bißchen Auslauf hatte. Als ich vom Drive herunterfuhr, hatte ich wieder das Gefühl, daß mir jemand folgte, aber es stellte niemand sonst seinen Wagen ab. Ich hielt mich in der Nähe des Gehsteigs an der inneren Seite des Drive, wo regelmäßig Polizisten Streife gehen, und achtete auf Schatten. Peppy spürte, wie nervös ich war, und entfernte sich nicht weit. Ein paarmal stürzte sie einem eingebildeten Kaninchen nach, kam aber gleich wieder zurück und preßte die Schnauze in meine Hand.
    Als ich wieder in der Racine Avenue war, stellte ich den Wagen nördlich meines Hauses und auf der anderen Straßenseite ab, um den Eingang des Gebäudes zu

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