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Engel sterben

Engel sterben

Titel: Engel sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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in die Küche hinein. Die Tür zum Keller steht offen. Und tatsächlich, da sind trippelnde Schritte auf den Stufen. Hell, fast metallisch klingen die Töne.
    Zip, zap, zip, zap, die Stufen hinab.
    Was die Mädchen dort wohl treiben?
    Karoline tastet sich die Treppe hinunter. Von Stufe zu Stufe wird das Tageslicht aus der Küche schwächer. Aber Karoline sucht nicht nach dem Schalter. Obwohl sie befürchtet, dass die Schwestern sich noch die Beine auf der rutschigen Stiege brechen werden, will sie ihnen das Versteckspiel nicht verderben. Vorsichtig setzt sie ihre Schritte. Die linke Hand liegt auf dem Geländer, die rechte streift an der Wand entlang. Putz löst sich und bröckelt zu Boden. Ein Ton wie von platzenden Puderstücken. Karoline fährt bei jedem dieser Geräusche zusammen. Die metallischen Laute von unten sind inzwischen verstummt. Die Schwestern stehen still und erwarten Karoline. Leise beginnt sie, die Mädchen beim Namen zu rufen.
    »Ann-Kathrin. Paula. Lise.«
    Aber die Schwestern antworten nicht. Nur das Trappeln ihrer kleinen Füße ist wieder zu hören, fein und metallisch, als trügen sie goldene Schuhe. Die Laute kommen aus dem Raum ganz hinten am Ende des Ganges, sie kommen von dort her, wo es am allerdunkelsten ist. Natürlich haben sich die Schwestern dort versteckt, das hätte Karoline gleich wissen müssen. Noch zwei Schritte, dann ist sie an der Tür, dreht den Schlüssel im Schloss und stößt sie auf.
    Die Schwestern haben den ganzen Raum in Unordnung gebracht.
    Und mitten in der Unordnung steht die blonde Hexe und lacht meckernd über Karolines erschrockenes Gesicht.

Dienstag, 28. Juli, 12.37 Uhr,
Möwengrund, List
    Verschlafen liegt der Ortsteil mit den Einfamilienhäusern in der Vormittagssonne. Die meisten Fenster sind mit Gardinen verhängt, trübe Augen, die uninteressiert auf eine Straße blicken, auf der nichts geschieht. Auch im Haus von Gisela Manthey regt sich nichts. Als Bastian Kreuzer nach einer eigentümlich schweigsamen Fahrt den Wagen parkt, stößt Silja Blanck schnell ihre Tür auf. Doch der Kollege hält sie am Arm fest.
    »Teil zwei«, erklärt er, nicht ohne Wärme in der Stimme.
    »Wie meinst du das?«
    Silja zieht die Tür wieder zu.
    »Jedes Verhör besteht aus zwei Teilen. Im ersten sagt der Verhörte freiwillig aus, im zweiten Teil hilft man ein wenig nach. Solltest du eigentlich wissen.«
    »Und was hat das mit mir zu tun?«
    »Ich habe während der ganzen Fahrt darauf gewartet, dass du etwas Nettes zu mir sagst. ›War schön mit dir am Sonntagabend.‹ Oder: ›Gut, dass du nicht das Gleiche gegessen hast wie ich. Sonst wäre es dir gestern auch schlechtgegangen.‹ Irgendetwas in dieser Art.«
    »Entschuldige, aber …«
    »Nichts aber. Und du musst dich auch nicht entschuldigen. Darum geht es nicht. Wenn du auf meine Fragen antwortest, reicht mir das schon.«
    Silja wirft Bastian einen zweifelnden Blick zu. Ist er sauer, oder meint er es ironisch? Aber Bastian sieht sie vollkommen ernsthaft an, langsam arbeitet sich sogar ein Lächeln auf sein Gesicht.
    »Hör mal, Silja, ich bin nicht blöd. Nach dem, was du mir vorgestern erzählt hast, ist mir schon ziemlich klar, dass es ein paar Bereiche geben wird, mit denen du Schwierigkeiten hast. Darum das Folgende nur zu deiner Information: Ich mag dich gern, und ich finde dich wunderschön. Und ich bin gern bereit, mich auf dich mitsamt all diesen Schwierigkeiten einzulassen. Aber nur unter einer Bedingung. Rede mit mir. Sag mir, was los ist. Nur dann kann die Sache mit uns beiden eine Zukunft haben.«
    Silja beißt sich auf die Lippen und sieht Bastian schweigend an. Er wartet einen Moment, dann redet er leise weiter.
    »Es sei denn, dein Verhalten gestern und eben im Auto ist deine Art, mir zu sagen, dass der ganze Sonntagabend ein Irrtum war, der sich nicht wiederholen sollte. War es so?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Also?«
    Silja schluckt. Ihre Stimme ist so leise, dass sie kaum zu verstehen ist.
    »Du machst mir ein bisschen Angst.«
    »Nur ein bisschen? Oder ein bisschen zu viel?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Okay. Dann frage ich anders. Was genau macht dir Angst?« Bastian greift nach Siljas Hand und hält sie fest. »Das?« Sie schüttelt den Kopf. Er lässt ihre Hand los und streicht ihr leicht mit den Fingerrücken über die Wange. »Oder das?« Wieder schüttelt sie den Kopf. »Aber wenn ich mich jetzt zu dir herüberbeugen, dich fest umarmen und gleichzeitig versuchen würde, dich zu küssen, dann

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