Engelsauge - Die Jagd beginnt (German Edition)
verärgern wollte, doch er war nicht da! Weder in diesem Kurs noch in einem anderen. Nach der letzten Vorlesung hatte ich noch immer nichts von ihm gesehen und auch sein Auto stand mittlerweile nicht mehr auf dem Parkplatz.
Ich war völlig verdutzt und ziemlich überrascht. Dass er anscheinend feinfühlig und sensibel zu sein schien, was ich nicht von ihm gedacht hätte, überraschte mich, oder gab es einen anderen Grund? Diesen Gedanken konnte ich aber vorerst nicht weiter nachgehen, da ich Stewart wartend vor der Universität erblickte. Er holte mich mit seinem Dienstwagen ab, um mich zur einzigen Werkstatt in Vanicy, bei der mein Auto repariert auf mich wartete, zu bringen.
Es war Freitagabend und Stew war allein ins Diner gegangen. All seine Überredungskünste mich mitzunehmen, halfen nichts, denn ich hatte heute einfach keine Lust und wollte auch nicht nachgeben. Bei meiner Ausrede, ich sei von der Zeitverschiebung noch sehr müde und müsse außerdem noch einiges für die Uni vorbereiten, gab er schließlich nach und fuhr auf mein Drängen hin allein los. Ich war in einer dieser typischen melancholischen Stimmungen, bei denen man allein sein möchte, um seinen Gedanken in Ruhe nachgehen zu können. Um dies für mich in die Tat umsetzen zu können, machte ich es mir mit ein paar Kissen und einer Decke auf meinem neuen Lieblingsplatz, meiner großen Fensterbank, gemütlich. Ich hatte mir einen heißen Kakao gemacht, an dem ich genüsslich nippte. Auch Jadon hatte ich heute nicht angetroffen und ich machte mir Vorwürfe, dass ich ihm gegenüber zu unhöflich gewesen sein musste und offensichtlich hatte ich ihn auch mehr verärgert, als ich zuerst dachte.
Draußen war es dunkel und der Mond gab sein Bestes, die Nacht in ein sanftes Licht zu tauchen. Ich saß im Dunkeln und genoss die Aussicht auf eine leicht erhellte Straße und musterte kurz das gegenüberliegende Haus, in dem die einzigen Nachbarn von uns innerhalb der nächsten zwei Kilometer wohnten. Der angrenzende dichte Wald schien ungeduldig im Dunkeln zu lauern, während seine Baumkronen bedrohlich in den Himmel ragten. Das Mondlicht zauberte ein zartes Licht auf alles, was ihm in den Weg kam und ich überlegte gerade, ob man solch einen Moment mit der Kamera wohl richtig festhalten könnte, als sich draußen etwas zu bewegen schien. Zumindest glaubte ich, etwas gesehen zu haben, war mir aber schnell sicher, dass dies nur eines der vielen Tiere, die hier im Wald lebten, gewesen sein musste, denn die Nachbarn waren, wie ich von Stew erfahren hatte, noch im Urlaub.
Dann sah ich wieder eine Bewegung im Halbdunkeln. Aber diesmal nicht aus Richtung des Waldes, sondern vom gegenüberliegenden Haus. Ich sah jetzt zwei Gestalten, die vom Dach des Hauses elegant in den Vorgarten sprangen, und war sofort wieder hellwach. Mein erster Gedanke vermutete Einbrecher, aber diese beiden Gestalten waren gerade gute fünf Meter nach unten gesprungen, elegant auf den Beinen gelandet und ohne zu zögern einfach weitergegangen. Ich war mir sicher, dass, wenn ich oder auch Stewart dies getan hätten, wir nicht so elegant hätten landen und einfach weitergehen können und diese Tatsache weckte meine Neugier.
Es mussten zwei männliche Gestalten sein, soviel konnte ich dank des Mondlichtes und einer einzelnen Straßenlaterne, die vor dem gegenüberliegenden Haus leuchtete, erkennen. Zumindest deuteten ihre Körper und die Art, wie sie sich bewegten, auf männliche Personen hin. Dann sah ich zwei weitere Gestalten aus dem Wald kommen. Hatte ich vorhin also doch richtig gesehen, nur handelte es sich hier nicht um Tiere, sondern eindeutig um Menschen. Kurz darauf bemerkte ich zwei weitere Gestalten, die aus der Luft angeflogen kamen und neben den anderen beiden aus dem Wald landeten. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich weder übermüdet war, noch dass ich träumte, rieb mir aber sicherheitshalber kurz meine Augen. Die beiden aus der Luft hatten ausgesehen, als wenn sie große Flügel hätten. Jetzt standen sie allerdings neben den anderen und ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob ich gerade wirklich fliegende Menschen gesehen hatte. Möglicherweise hatte mein Verstand in den letzten Tagen doch nicht mehr richtig funktioniert. Ohne es zu merken, hatte ich die Luft angehalten, so gespannt schaute ich dem, was auf der Straße passierte, zu. Ich bemerkte den Sauerstoffmangel, sodass ich so stark einatmen musste, dass ich für den Bruchteil einer Sekunde etwas Angst bekam, die
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