Engelsauge - Die Jagd beginnt (German Edition)
freundschaftlichen Kuss auf die Wange. »Weißt du, ich bin so glücklich, dass ich dich wieder getroffen habe«, gab Alice dem emotionalen Moment den letzten Feinschliff.
»Und ich bin froh, eine so wundervolle Freundin wie dich endlich gefunden zu haben«, sagte ich.
Die restlichen Tage übte ich mich in Geduld, was mir nur dank Alice einigermaßen gut gelang. Neben der Uni gingen wir zusammen ins Diner was essen, hatten wieder Tanzunterricht und sie kam auch das erste Mal mit zu mir nach Hause. Wir konnten einfach über alles reden – nur die merkwürdige Sache an dem einen Abend behielt ich vorerst doch noch für mich. Ihr vertraute ich auch als Erste mein Leben in Arizona bei den Jonsens an. Selbst Stewart wusste nicht die Einzelheiten, außer, dass es mir dort eben nicht gefallen hat und ich nicht sehr gut mit ihnen klarkam. Aber ihr konnte ich ohne zu zögern einfach alles bis ins kleinste Detail erzählen und sie war dafür eine wundervolle Zuhörerin. Ab und zu fragte sie mal nach, schüttelte entrüstet den Kopf oder strich mir liebevoll über den Arm. Es tat tatsächlich gut, einmal alles laut auszusprechen und festzustellen, dass es mir danach besser ging. Für niemanden wäre es leicht gewesen, unwillkommen und ungeliebt zu sein, aber dies über Jahre durchzumachen ist noch einmal etwas ganz anderes. So verbrachten wir die nächsten Tage zusammen, in denen wir uns gegenseitig unser vergangenes Leben erzählten.
Nachts hingegen hatte ich völlig unklare Träume, in denen es immer wieder um die Cartwrights ging. Mal träumte ich von ihnen im hiesigen Wald von Vanicy, ein anderes Mal schien es, als wären sie in einem völlig anderen Wald oder auf einem riesigen Feld, welche ich nicht kannte und einmal sah ich sie sogar in einem heruntergekommenen alten Gebäude. Zwei Mal wachte ich schweißgebadet auf, weil ich sie in meinem Traum kämpfen sah. Es waren merkwürdige Träume, aber ich ordnete sie dem nächtlichen Ereignis zu, welches ich ja beobachtet hatte, sowie der Tatsache, dass ich keinen von ihnen seitdem wieder gesehen hatte.
Dann stand endlich erneut das Wochenende vor der Tür, ich hatte all meine Arbeiten für die Uni fertig, und da ich Jadon noch immer nicht getroffen hatte, wollte ich Onkel Stew, natürlich ganz beiläufig, fragen, ob er mir sagen könne, wo die Cartwrights wohnten. Von den anderen konnte mir dies niemand beantworten, aber er als Sheriff musste es ja wissen.
»Die Cartwrights haben sich ein großes Haus am Ende des zweiten Waldweges gebaut. Eher ungewöhnlich, wenn es auch schön aussieht, wenn du mich fragst, aber wenn sie sich dort wohlfühlen ... Enya, ich hatte dir doch neulich von Lisa erzählt. Erinnerst du dich?«
»Ähm, ja. Lisa. Die kommt doch aus St.Claires, wenn ich mich richtig erinnere.« Ich hatte gerade überhaupt keinen Sinn für ein anderes Thema, aber ihm zuliebe gab ich mir Mühe, möglichst interessiert zu klingen.
»Ja, genau. Nun, also ... ich werde dort das restliche Wochenende verbringen. Ich hoffe das ist in Ordnung für dich! Ich werde also erst Sonntagabend, aber spätestens Montag früh wieder kommen. Ich lass dir natürlich Geld für Essen und so da«. Er wirkte mir gegenüber etwas nervös und schien sichtlich erleichtert zu sein, dass damit das Thema nun beendet war und ich keine weiteren lästigen Fragen an ihn hatte. An einem anderen Tag hätte ich diese mit Sicherheit gehabt.
Mit meinen Gedanken war ich nämlich wieder bei Jadon und versuchte mich an den Weg zum Cartwrighthaus zu erinnern, den Stewart mir gesagt hatte. Gegen Mittag verschwand er dann endlich, sodass ich mich kurz darauf ebenfalls auf den Weg machen konnte. Hier im Wald hatte ich jedes Mal, wenn ich Stewart besucht hatte, gespielt, sodass ich mich noch einigermaßen gut auskannte. Einmal war sogar Tessa mit nach Vanicy gekommen und ich meine mich zu erinnern, dass es das einzige Mal war, wo wir tatsächlich, für ein paar Stunden hier im Wald, gut miteinander ausgekommen waren.
Das Wetter war frisch und kühl, aber unglaublich herrlich, denn die Sonne schien mit aller Kraft am nahezu hellblauen Himmel. Ich genoss diese Schönheit, die die Natur für mich bereithielt. Alles wirkte so ruhig und ungezwungen und ich fühlte mich wie wundervoll in Watte getaucht. Dann führte auch schon ein Waldweg über eine Lichtung und zu meiner Linken erstreckte sich eine nicht sehr große Wiese, auf der einige kleine Bäumchen standen. Die Sonne lachte über das noch satte grüne
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