Engelsauge-Nacht des Todes (German Edition)
ihn
verantwortungslos.
Obwohl Cyril achtzehnhundertdreiundsiebzig geboren
und bereits mit dreiundzwanzig Jahren zum Slinner
verwandelt wurde, während sie gerade erst ein Jahr
später auf die Welt kam und auch erst mit knapp
sechsundzwanzig Jahren verwandelt worden ist, so sah
sie sich doch immer als die große Schwester an.
Nach der erwarteten Standpauke hatten sie sich dann
auf den Weg gemacht und bei Morgengrauen erreichten
sie bereits Schottland.
Cyrils Geruchssinn war der Stärkste von ihnen, wobei
dieser Sinn durch das menschliche Blut auch bei Jadon
verstärkt wirkte.
Sie flogen leicht östlich, als Cyril in der Luft plötzlich
inne hielt.
„Was ist?“, fragte Annabelle mit leichter Hoffnung in
ihrer Stimme.
„Ich, ich rieche etwas. Nicht weit von uns. Da lang“, er
zeigte schräg rechts und flog auch schon los. Jadons
Augen waren noch immer schwarz, aber langsam
mischte sich der bernsteinfarbene Ring wieder sanft
darunter.
Jadons Euphorie wurde allerdings gebremst, als auch er
die Gerüche wahr nahm.
„Das ist aber nicht ihrer.“
Sie waren nicht mehr weit entfernt und der bissige
Geruch, vermischt mit dem leisen schweren Atmen
wurde stärker. Sie setzten auf dem Waldboden auf und
wussten alle Drei sofort, mit was sie es zu tun hatten.
„Verdammt, das sind diese Mantikore“, raunte
Annabelle.
„Wir müssen uns schnell was überlegen, wir sind nicht
vorbereitet“, meinte Cyril. Obwohl er neugierig auf
dieses Wesen war, so hatte er längst größten Respekt
vor ihnen. Sie alle wussten ja nicht, zu was die
Mantikore wirklich fähig waren, geschweige denn, wie
man sie vernichtet.
„Wir teilen uns auf und nähern uns vorsichtig. Erstmal
die Lage peilen und wenn wir denken, dass es klappen
könnte, greifen wir an“, erteilte nun Jadon den Befehl
und die anderen Beiden folgten wortlos.
Sie sprangen von Baum zu Baum, vermieden dadurch
das Knacksen von Ästen unter ihnen. Cyril war der
Erste, der Einen von ihnen entdeckte und der Anblick
erschreckte ihn fast ebenso sehr, wie William kürzlich
zuvor.
Auch Annabelle und Jadon waren auf ihren Positionen
angekommen und erschraken.
Während sie leise in ihren Bäumen lauerten und die
Mantikore beobachteten, die anscheinend ahnungslos
waren, machte sich in Jadon etwas anderes breit. Ein
Geruch, nur all zu sehr vertraut und anscheinend nicht
weit weg von ihm.
Er sprang vorsichtig einige Bäume weiter, der Geruch
wurde stärker und sein ganzer Körper fing zu kribbeln
an.
Noch während er auf den nächsten Baum sprang,
konnte er unten am Boden etwas liegen sehen. Enyas
Shirt. Das wusste er sofort.
Unten angekommen nahm er es in seine Hände,
begutachtete es und erschrak angesichts der Blutflecken
und Risse am Rückenteil.
Sie zu riechen brachte ihn wieder zurück auf den Boden
der Realität, das restliche Schwarz in seinen Augen
verschwand sofort.
Sie war also hier oder zumindest in der Nähe. Ihr
Geruch war noch kräftig genug. Oder hatten die
Mantikore sie erwischt und das hier war der Rest von
ihr?
Doch dann verfinsterte sich wieder seine Miene. Da war
noch ein anderer, nur sehr schwacher Geruch.
„Verdammt, ich hab’s doch gewusst“, ärgerte er sich,
klemmte das Shirt an seiner Hose fest und machte sich
zurück auf seinen Platz.
Für einen kleinen Moment war er wieder klar geworden,
doch jetzt machte sich Ärger und Unmut in ihm breit.
Er holte seine Geschwister zurück und weit genug von
den Kreaturen entfernt, zeigte er ihnen seinen Fund.
„Sie wird aber nicht tot sein. Sein Geruch hängt an
ihrem Shirt“, Jadon war außer sich vor Wut.
„Na schön, er ist bei ihr. Vermutlich hat er ihr das Leben
gerettet, schon mal daran gedacht?“ Annabelle
versuchte möglichst ruhig zu klingen, da sie wusste, ihr
Bruder war alles andere als gut auf William Strightler zu
sprechen. Doch Jadon ging nicht näher darauf ein,
sondern schmiedete einen Plan.
„Wir müssen uns schnell stärken und dann greifen wir
mit den Feuerschwertern an. Der Hals dürfte genügen.
Einer lenkt ab und wenn Beide, am besten Dich
Annabelle, im Visier haben, greifen Cyril und ich jeder
einen an.“
„Jadon hat Recht, das müsste klappen. Wir springen von
hinten rauf und schneiden ihnen den Kopf ab.“
Annabelle gefiel das Ganze nicht, sie konnte Gewalt
nichts abgewinnen. Aber sie sah ein, dass sie nur diese
eine Möglichkeit besaßen und die Mantikore konnten
nicht länger unter den Menschen weilen.
„Wir hatten doch gerade erst Blut“, gab sie ihrem
Zweifel Wort.
„Ja schon,
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