Engelsauge-Nacht des Todes (German Edition)
sie früher ausfindig gemacht, wäre uns eine Menge
Ärger erspart geblieben“, meinte Jadon.
Cyril nickte.
„Schon, aber wer weiß ob wir zu einem früheren
Zeitpunkt diese Viecher genauso schnell und einfach
vernichtet hätten. Dem Blut sei diesmal Dank. Was
macht eigentlich deine Wunde? Müsste ja mittlerweile
verheilt sein“, sagte Cyril und schaute Jadon dabei nur
flüchtig an.
„Ja, alles wieder okay“, antwortete dieser und
zusammen warteten sie auf ihre Schwester.
Was er Cyril aber verheimlichte, warum wusste er selber
nicht, war, das seine Wunde noch immer nicht verheilt
war. Vorsichtig hob er den Ärmel an und schaute auf die
kleine Wunde. Der Stachel war nicht sehr dick gewesen
und der Mantikor hatte ihn im fast gleichen Moment
auch wieder mit herausgerissen. Zurück blieb ein
schätzungsweise ein Zentimeter kleines Loch an seinem
rechten Oberarm. Kein Blut, nichts weiter zu sehen als
dieses kleine Loch. Sehr tief war es auch nicht. Jadon
schüttelte seine Gedanken ab. Bisher war immer alles
verheilt, anscheinend dauerte dies hier nur etwas
länger.
Auch ihre Eltern müssten bald eintreffen und Jadon
konnte nur hoffen, dass seine Geschwister über seinen
blutigen Seitensprung mit dem Obdachlosen und dem
dadurch entstandenen Blutrausch schweigen würden.
Die Sonne stand schon tief am Himmel und gemeinsam
betrachteten
sie
dieses
wunderschöne
immer
wiederkehrende Ereignis, während sich Annabelle mit
neuer Kleidung auf den Rückweg machte.
Als Enya wach wurde, hatte sie gänzlich ihre
Orientierung verloren.
Müde und erschöpft schaute sie sich um.
„W…William?“, flüsterte sie. Ihre Stimme war schwach.
„Ich bin hier, alles gut Kleines“, sagte seine Stimme in
ruhigem Ton. William kam aus einer Ecke des Raumes
und setzte sich an Enyas Bett.
Mittlerweile hatten sich Enyas Augen an den fast
dunklen Raum gewöhnt.
Sie selber lag in einem Bett mit anscheinend frischem
Bettzeug. Zumindest roch es danach. Der Raum bestand
aus Holz, hatte zudem noch eine kleine Kochnische und
zwei Fenster. Zwei Türen konnte Enya erkennen. Eine,
so folgerte sie, ging nach draußen und die andere
sicherlich in einen weiteren Raum oder das Badezimmer.
„Wo sind wir?“, fragte sie nun und versuchte sich etwas
aufzusetzen, was ihr allerdings misslang.
„Bleib bitte liegen. Du bist sehr geschwächt und du hast
ziemlich hohes Fieber. Du hast die ganze Reise auf
meinem Arm geschlafen und warst zwischendurch sogar
Bewusstlos.“
„Wie lange waren wir denn unterwegs?“
„Wir sind gestern am späten Nachmittag gestartet und
jetzt haben wir Abend. Also gut einen Tag lang.“
Enya runzelte kurz die Stirn. Ihr Kopf fing wieder zu
hämmern an.
„Wieso… wieso so lange? William, wo hast du mich
hingebracht?“
„Es ist alles gut. Du bist an einem sicheren Ort. Ich habe
Salben und Kräuter besorgt. Ich werde jetzt deine
Wunden am Rücken versorgen, dazu musst du ich auf
die Seite drehen.“ William sprach ruhig und gedämpft
und verlieh seiner Stimme damit einen männlichen
Unterton.
Enya hatte große Schmerzen, während sie sich auf ihre
rechte Seite drehte. Vorsichtig zog William ihr seinen
Pullover, den sie noch immer trug, nach oben und salbte
ihre Wunden ein. Hier und da gab Enya einen kurzen
Laut von sich, ansonsten biss sie tapfer ihre Zähne
zusammen.
Dann stand William kurz auf und kam mit einem Becher
Tee zurück. Er beugte sich über Enya.
„Hier, du musst was trinken.“
Enya beugte sich leicht hoch, trank ein paar Schlucke
und sank dann entkräftet auf ihr Kopfkissen zurück. Sie
wollte nachdenken, wollte William so viele Wichtige
Dinge erzählen und Jadon anrufen. Sie wollte seine
Stimme hören. Doch sie hatte keine Kraft mehr und
schlief noch vor dem nächsten Gedanken ein.
Mittlerweile waren alle Cartwrights wieder unbemerkt in
ihr Haus in Vanicy zurück gekehrt. Sie hatten keine
Fährte mehr aufnehmen können und nach den
Geschehnissen mahnten die Eltern zur kurzen Rückkehr.
Jadons Blutrausch wurde vor den Eltern zwar weiterhin
verheimlicht, doch dafür musste Jadon seine Wunde
zeigen, welche selbst nach Mitternacht noch nicht
verheilt gewesen war. Natürlich hatten sich gleich alle
Sorgen gemacht und um sicher zu gehen, wollten sie in
ihr Haus zurück.
Jadon hatte sich lange dagegen gewehrt. Er hatte Enyas
Shirt in den Händen gehabt und erst als alle die
Umgebung ergebnislos weiter nach ihr durchsuchten,
gab er Ruhe.
Besonders Francis wollte kein Risiko eingehen und
verordnete ihm eine Zwangspause, an
Weitere Kostenlose Bücher