Engelsblut
E-Mails mit ihrer Freundin Sonja ausgetauscht. Ansonsten alles klinisch rein. Als ob sie davon ausgehen muss, dass alles, was sie auf dem Rechner hat, von anderen gelesen wird. Ein paar Briefe, Kündigung der Gala – was man ja verstehen kann.«
»Sonst nichts?«, hakte Margot nach.
»Wir warten noch auf die Telefonliste des Handys. Die vom Festnetzanschluss, die haben wir schon. Aber auch da – tote Hose. Ein paar Anrufe bei Zumbills Mutter, ein paar von Zumbills Mutter. Dann zwei Adressen von Männern – Kollegen von Zumbill – und noch zur OWB-GmbH, dem Arbeitgeber.«
»OWB?«
»Odenwaldbahn GmbH.«
Horndeich sah auf seinen Bildschirm. »Ah, da kommt die Liste mit den Handydaten von Susanne Warka.«
Er klickte. Riemenschneider und Margot traten hinter ihn, als er die Liste auf den Bildschirm zauberte. Bei einigen wenigen Handynummern stand ein Name dahinter. Bei den meisten Verbindungen standen nur die Nummern.
»Hat ja nur wenig mit Leuten gesprochen, die beim selben Handyprovider sind«, stellte Horndeich fest. Da nur bei diesen Nummern auch die Namen danebenstanden, würden Sie wegen der Namen zu den anderen Nummern bei den jeweiligen Telefonfirmen einzeln nachfragen müssen.
»Gut«, sagte Riemenschneider, »ich geh dann mal wieder.«
»Prima«, meinte Margot, »Horndeich schickt Ihnen gleich die Liste. Bitte kümmern Sie sich drum, dass wir die fehlenden Namen und Anschriften von den übrigen Gesprächspartnern bekommen.«
»Ist das mein Job?«, fragte Riemenschneider.
»Ja. Das ist Ihr Job.«
Riemenschneider grummelte etwas in den Bart, dann trottete er davon. Wie Horndeichs Pflegehund Che, wenn er in sein Körbchen geschickt wurde, weil er der Versuchung nicht widerstanden und doch ein Stück Schinken gemopst hatte.
»Ich kümmere mich darum, die Adressen zu den Namen hier auf der Liste herauszufinden«, sagte Horndeich.
Margot sah auf die Liste. »Riemenschneider wird nicht viel zu tun haben. Schau, es sind immer die gleichen Nummern.« Margot ging wieder zu ihrem Schreibtisch. »Ist da eine Nummer der Telekom dabei, die mit 6689 beginnt?«
Horndeich überflog die Liste. »Ja.«
»Das ist die Handynummer von Sonja Leibnitz.«
Horndeich hatte die Liste inzwischen in eine Tabelle konvertiert, sortierte sie nach Nummern und tippte hinter die genannte Nummer den Namen Sonja Leibnitz, ins danebenstehende Feld: Freundin . »Den Namen Reinhard Zumbill können wir auch schon zuordnen.«
Margot öffnete die Liste ebenfalls auf ihrem Bildschirm.
» Frederik Schaller – der Name sagt mir was«, meinte Margot und tippte ihn ins lokale Telefonbuch ein.
Jetzt war es an Horndeich, an den Tisch hinter seine Chefin zu treten.
»Bingo, ich wusste doch, dass ich den Namen schon mal gehört habe«, freute sich Margot.
»Dr. med. Frederik Schaller, Gynäkologe«, stand über einer Adresse und der dazugehörigen Nummer des Festnetzanschlusses. Margot griff zum Telefon und wählte die Handynummer, die auf der Liste stand. Nach wenigen Sekunden legte sie den Hörer auf. »Meldet sich nur die Mailbox.«
»Und nun?«, fragte Horndeich.
»Fahren wir hin. Ich bin dankbar für jeden Externen, der uns was zu Susanne Warka sagen kann.« Margot rief in der Praxis an und erhielt die Auskunft, dass Herr Dr. Schaller mittwochs nicht praktiziere, sie aber in einer halben Stunde empfangen könne.
Das Haus von Frederik Schaller lag in der Straße »Am Elfengrund«, zwischen Darmstadt und dem südlichen Vorort Eberstadt. Die Villenkolonie hatte, im Gegensatz etwa zu dem
ebenfalls villenträchtigen Paulusviertel, den Zweiten Weltkrieg unbeschädigt überstanden. So war sie ein perfektes Anschauungsobjekt für die unterschiedlichen Baustile der Epoche zwischen der Jahrhundertwende und dem Zweiten Weltkrieg. Margot erinnerte sich daran, dass Rainer ihr mal bei einem gemütlichen Spaziergang einen Vortrag über das nördliche Eberstadt gehalten hatte. Schallers Haus lag auf der linken Seite. In der direkten Umgebung befanden sich fast ausschließlich Ein-oder Zweifamilienhäuser, in denen die Familien komfortabel wohnen konnten. Das Haus von Frederik Schaller war eines, in dem eine Familie mehr als komfortabel residierte.
Margot lenkte den Wagen direkt auf den Bürgersteig vor dem Gebäude.
»Nette Hütte«, sagte Horndeich.
»Ja«, erwiderte Margot.
Schallers Refugium glich dem Haus, in dem die Aaners gewohnt hatten, auf verblüffende Weise. Margot erinnerte sich, dass Rainer ihr dieses Haus als ein Beispiel für
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