Engelsblut
ist eine Leihmutter.«
»Aber die Aaners waren ja offensichtlich auf der Suche nach einer Eispenderin. Nicht nach einer Leihmutter.«
Die Praxis von Frederik Schaller war modern und praktisch eingerichtet. Resopal war die vorherrschende Oberfläche an der Empfangstheke. Die Sprechstundenhilfe, eine junge Frau mit rothaarigem Pferdeschwanz, hatte die beiden Beamten um ein wenig Geduld gebeten. »Der Herr Doktor ist gerade bei einer Untersuchung. Nehmen Sie doch bitte im Wartezimmer Platz.«
Horndeich und Margot gehorchten. Lächelnde werdende Mütter lachten von irgendwelchen Werbeplakaten, im Hintergrund stets ebenso breit lächelnde Männer. Echte lächelnde Menschen gab es keine in dem Raum. Auch keine nicht Lächelnden: Margot und Horndeich waren die einzigen Anwesenden.
Margot griff automatisch zu einer Gala, Horndeich schwankte zwischen Spiegel und Auto-Bild . Der Spiegel machte das Rennen. Denn es gab keine Auto-Bild . Er war schließlich beim Gynäkologen, nicht beim Urologen. Was ihn daran erinnerte, dass er seine Krebs-Vorsorge auch schon eine Weile verschleppt hatte.
Wenig später bat die Sprechstundenhilfe die beiden Beamten ins Sprechzimmer mit der Nummer 1. Ein wuchtiger Schreibtisch aus Metall und Holz dominierte den Raum. Eine Wand mit Regalen war gefüllt mit Büchern, dazwischen fanden sich immer wieder afrikanische Kunstgegenstände. Drei aus Holz geschnitzte Masken von der Größe eines Gitarrenkorpus hingen an der dem Schreibtisch gegenüberliegenden Wand. Nach rechts gingen zwei Türen ab, offenbar zu den Umkleidekabinen, von denen aus man auf der anderen Seite wohl in die Untersuchungsräume gelangte. James-Bond-Modellautos entdeckte Horndeich nicht.
Sekunden später betrat Schaller den Raum. »Sie schon wieder«, begrüßte Schaller Margot und Horndeich.
»Ja. Wir schon wieder.«
Schaller sah demonstrativ auf die Uhr. »Viel Zeit habe ich nicht.«
Klar, weil das Wartezimmer ja aus allen Nähten platzt, dachte Horndeich, ohne es auszusprechen.
»Herr Dr. Schaller«, begann Margot ganz förmlich, »wann hat Susanne Warka Sie zum ersten Mal kontaktiert?«
»Sie haben inzwischen einen richterlichen Beschluss?«
Margot zauberte das Dokument aus ihrer Tasche. »Ja. Ich möchte Sie bitten, uns die Akte Susanne Warka komplett mitzugeben.«
»Wieso benötigen Sie die Akte?«
»Weil Susanne Warka ermordet worden ist.«
»Ich dachte, sie habe sich vor einen Zug geworfen?«
»Nein. Sie ist zuvor umgebracht worden. Wie lange ist Susanne Warka schon Ihre Patientin?«
Schaller schien irritiert. Er griff zum Telefonhörer. »Moment, bitte«, sagte er. Er tippte eine Kurzwahl, dann sprach er in den Hörer: »Gundula, würden Sie bitte die Akte Susanne Warka einmal komplett kopieren? Bitte auch die Daten der elektronischen Ablage ausdrucken und mit in die Akte legen. Danke.«
Er legte auf, tippte etwas in die Tastatur auf seinem Schreibtisch. Dann drehte er den Monitor zur Seite, sodass Margot und Horndeich auch einen Blick darauf werfen konnten. »Susanne Warka kam das erste Mal zu mir, als sie fünfzehn wurde. Sie kam damals nur, um sich untersuchen zu lassen. Später war sie nur unregelmäßig da.«
»Wann kam sie zu Ihnen wegen ihrer letzten Schwangerschaft?«
Schaller scrollte ein paar Zeilen auf dem Bildschirm nach unten. »Das war vor gut einem Monat. Sie war im dritten Monat schwanger.«
»Hat sie Ihnen gesagt, wer der Vater war?«
»Nein, wieso auch? Ich wusste, dass sie in einer festen Beziehung lebt. Und wenn ihr Lebensgefährte nicht der Vater gewesen wäre – dann wäre mich das nichts angegangen.«
»Susanne Warka hat Ihnen also nicht mitgeteilt, wer der Vater des Kindes war?«
»Nein. Das sagte ich doch gerade. Sie war meine Patientin. Wir haben kaum über Persönliches gesprochen.«
»Sie hat Ihnen auch nicht mitgeteilt, wer die Mutter war?«, wagte Margot den Ausfallschritt nach vorn.
»Die Mutter? Was soll das denn? Die Mutter von Susanne Warkas Kind war Susanne Warka. Oder habe ich Ihre Frage irgendwie falsch verstanden?«
»Nein, Sie haben durchaus richtig verstanden. Denn Susanne Warka war nicht die biologische Mutter ihres Kindes.«
Schaller schwieg kurz. »Dann müsste Sie sich ja als Leihmutter zur Verfügung gestellt haben. Das kann ich mir kaum vorstellen.«
»Sie haben also Susanne Warka keinen fremden Embryo eingepflanzt? Und zuvor eine künstliche Befruchtung durchgeführt?«
»Das meinen Sie nicht im Ernst, oder?« Jegliche Freundlichkeit war aus
Weitere Kostenlose Bücher