Engelsblut
saß. Das kann ja dann nur jemand sein, den sie dort kannte oder von hier aus mitgenommen hat.«
»Okay. Und was heißt das für uns?«
Margot hielt kurz inne. Gedankenverloren spielte sie mit ihrem Handy. Sah auf das Display. Dann sagte sie: »Das heißt, dass ich jetzt nach Leer fahre.«
»Nach Leer? Du spinnst«, erwiderte Horndeich spontan.
»Nein. Morgen nehmen die sich den Juwelier vor. Ich denke, dann haben wir ein Bild von der Frau. Wenn wir Glück haben, auch von dem Mann. Dann gehen die Ermittlungen in Leer weiter.«
Horndeich seufzte. »Was willst du denn da oben? Die haben doch wohl genug Leute, um selbst zu recherchieren.«
»Sicher. Aber die haben keine Ahnung von unserem Fall hier. Da muss jemand die richtigen Fragen stellen.«
»Willst du wegen diesem Kerl gen Norden?«, nuschelte Horndeich.
»Welchem Kerl?«
»Diesem Ole Greven. Der, der dich via Webcam angemacht hat.« Horndeich hatte keine Lust, vor Ort allein weiterermitteln zu müssen. Vor knapp einem Jahr war Margot schon einmal ins Ermittlungsexil gegangen. Nach Darmstadt in Amerika, als der Amerikaner hier, vor ihrer Haustür, ermordet worden war. Margot hatte damals beschlossen, mit dem amerikanischen Captain gemeinsam ermitteln zu müssen. Zwar hatte sich das im Nachhinein als richtig erwiesen. Aber Horndeich hatte sich des Verdachts nicht erwehren können, dass dieser Captain Nick Peckard für Margots Flug über den Teich irgendwie mitverantwortlich gewesen war.
»Greven? Hast du sie noch alle? Was willst du damit sagen? Dass ich meinem Mann untreu bin? Dass ich nach anderen Typen Ausschau halte?«
»Hallo? Habe ich das gesagt?«
»Nein, aber so laut gedacht, dass ich es deutlich hören konnte. Allerdings liegst du da völlig falsch. Ich fahre dahin, weil es für unsere Ermittlungen wichtig ist.«
Horndeich konnte sich ein Auflachen nicht verkneifen.
»Arsch!«, sagte Margot.
Das war gemeinhin nicht die Ebene, auf der sie miteinander kommunizierten. Horndeich hatte keine Ahnung, was auf einmal in seine Vorgesetzte gefahren war.
»Ich melde mich morgen aus Leer«, zischte sie und rauschte ohne weiteren Gruß aus dem gemeinsamen Büro.
»Was ist denn mit Margot los?«, fragte Marlock, der in dem Augenblick mit einer Liste in der Hand ins Büro kam.
Horndeich zuckte nur mit den Schultern. »Keine Ahnung«, sagte er und verkniff sich den Zusatz: Wahrscheinlich klimakterische Hysterie.
»Hier ist die Auswertung von der Telefonnummer, die uns Breklau von der Warka gegeben hat.«
»Wer?« Horndeich war mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache. Dass ihn Margot mit Arsch tituliert hatte, war noch nie vorgekommen. Und es sagte eine Menge über ihren Gemütszustand aus. Entweder hatte er unverhofft ins Schwarze getroffen. Oder eben gänzlich danebengelegen.
»Der Rosenkavalier. Die Daten von der zweiten Handynummer von der Warka.«
»Irgendwas Interessantes?«
»Aber hallo! Mit dem Handy hat sie nicht nur telefoniert, sondern auch gesurft – ich hab mir nämlich auch den Vertrag schicken lassen. Das ist zwar ein Prepaid-Vertrag, aber das Konto wurde mehrfach für Internetflat gebucht. Susanne Warka hat den Vertrag vor vier Monaten abgeschlossen. Und sie hat damit viel telefoniert. Nummern im ganzen Bundesgebiet angerufen.«
»Schon irgendwas herausgefunden, was uns weiterbringt?«
»Nun, auf die Schnelle: Mit dem Rosenkavalier hat sie regelmäßig telefoniert und auch SMS ausgetauscht. Außerdem hat sie sehr viel in die Region Gießen telefoniert. Und auch viel in die Region Bodensee. Konstanz und weiterer Umkreis.«
»Sind die Nummern schon alle zugeordnet?«
»Nein. Aber Riemenschneider ist schon dran. Und da ist noch was: Mit dem Handy hat sie weder mit der Freundin telefoniert, dieser Sonja Leibnitz, noch mit ihrem Freund. Sie scheint zwei komplett getrennte Leben geführt zu haben.«
»Und wo ist das Handy jetzt?«
»Nun, in ihrer Wohnung habt ihr es ja nicht gefunden – aber wir haben die Wohnung auch noch nicht richtig auf den Kopf gestellt. Ich weiß aber, wo es zuletzt eingeloggt war. Ein Handymast mitten in der Stadt.«
»Was uns auch nicht wirklich weiterhilft.«
»He, wie wär’s mit einem Danke, Kollege Marlock, gut gemacht ?«
»Sorry, hast ja recht. Danke.« Horndeich musste aufpassen, dass Margot nicht im Nachhinein noch seine Stimmung versaute. Nur weil ihr eine Laus über die Leber gelaufen war. Eine Laus mit Fernweh Richtung Ostfriesland …
Bevor er weiter nachgrübeln konnte, entschied er sich,
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