Engelsblut
nach Hause zu gehen. Sandra hatte ein gutes Schnitzel angekündigt. Und er wollte sich nicht bei einer weiteren Frau in seinem Leben unbeliebt machen.
Das Schnitzel war wunderbar zart.
Stefanie tat Sandra und Horndeich den Gefallen und schlief, während sie aßen. Horndeich sah, dass Sandra müde war. Sie gab es nicht zu, aber die dunklen Schatten unter ihren Augen sprachen eine deutliche Sprache. Nachdem Stefanie die Nacht über wieder unter ihren wachsenden Zähnen gelitten hatte – lautstark –, war sie erst eine halbe Stunde vor Horndeichs Ankunft eingeschlafen.
Horndeich erzählte Sandra von Margots unfeinem Abgang.
»Sie ist weg?«
»Ja. Nach Ostfriesland. Angeblich, um zu ermitteln.«
»Wie – angeblich?«
Horndeich berichtete von ihrem Erfolg bei der Suche nach dem Bentley und der Videokonferenz. »Jetzt meint Frau Hesgart, sie müsse dort vor Ort ermitteln. Und wenn ich eines weiß, dann, dass sie nicht wegen der Ermittlungen dort hochfährt.«
Er sagte Sandra, dass sie sich ein wenig ausruhen solle, er würde mit Stefanie und Che eine Runde spazieren gehen.
Sandra nahm das Angebot gern an.
So räumte Horndeich den Tisch ab und dann die Küche auf. Dafür nutzte er die Zeit, in der Stefanie noch schlief.
Dann nahm er die Leine vom Garderobenhaken, ein Geräusch, das Che innerhalb von zwei Sekunden in den Flur lockte. Horndeich packte seine Tochter in den Kinderwagen und hakte den Hund an die Leine.
Während Che den Spuren der anderen Revierbewohner nachschnüffelte, dachte Horndeich über Margot nach. So gut er Rainer leiden konnte, war der nun seit fast einem Dreivierteljahr in Amerika. Würde mir auch nicht gefallen, wenn Sandra so lange weg wäre, dachte er. Sicher, es mochte für Rainer beruflich wichtig sein, dass er die Chance ergriffen hatte, gemeinsam mit den Amerikanern den alten Kirchenplan zu untersuchen. Doch Horndeich schwor sich, dass er Sandra nie so lange allein lassen würde.
Als er wieder zu Hause war, gab er Che frisches Wasser und wollte sich selbst noch einen Kaffee zubereiten.
Er hörte ein Geräusch und drehte sich um.
In der Tür stand Sandra. »Steffen. Ich glaube, ich habe einen riesigen Fehler gemacht.«
Kaum saß Horndeich wieder am Schreibtisch, klingelte das Telefon. Eine Frankfurter Nummer.
»Steffen Horndeich, Kripo Darmstadt K10, guten Tag«, sagte er gewandt. Langte ja, dass er die Kollegen vergraulte. Mussten ja nicht auch noch Fremde sein.
»Hallo, Zilitt am Apparat.«
»Äh, ja?«
»Anke Zilitt. Die neue Kollegin von Martin Hinrich.«
»Ah, ja, natürlich. Was kann ich für Sie tun?«, fragte Horndeich.
Anke Zilitt lachte auf. Dabei wurde ihre Stimme noch tiefer, als sie schon beim Sprechen war. »Ich glaube eher, dass ich etwas für Sie tun kann.«
»Wunderbar. Was?«
»Sie haben heute Morgen angerufen, damit wir die DNA der Aaners mit der des Embryos von Susanne Warka vergleichen.«
»Ja. Haben Sie das Ergebnis schon?«
»Ja. Der Vergleich ist ja kein Problem. Eher die Aufbereitung der Proben. Aber das hatten wir ja vorher schon erledigt. Und für nette Kollegen machen wir doch immer so schnell, wie es die Physik zulässt.«
Horndeich ignorierte das Kompliment, zumal er nicht wusste, wie er es sich in der kurzen Zeit des persönlichen Kontakts verdient hatte. »Und wie lautet das Ergebnis?«
»Regine und Paul Aaner sind die biologischen Eltern des Mädchens in Susanne Warkas Bauch.«
»Kein Zweifel?«
»Kein Zweifel. Es sei denn, eine Wahrscheinlichkeit von eins zu ichweißnichtwieviel Millionen sät einen solchen in Ihnen.«
»Nein, ich glaube nicht. Danke. Dafür, dass es so schnell ging.«
»Gern geschehen. Hilft Ihnen das Ergebnis weiter?«
Horndeich war ehrlich: »Im Moment wirft es mehr Fragen auf, als es Antworten gibt. Aber auf jeden Fall stellt es eine nachweisliche Verbindung zwischen den Mordfällen her. Danke nochmals.«
Sie verabschiedeten sich, und Horndeich legte auf.
Margot war auf dem Weg in den hohen Norden – und gerade jetzt hätte er sich gern mit ihr besprochen. Er überlegte, ob er Margot am Telefon mitteilen sollte, was Sandra ihm nach seinem Spaziergang mitgeteilt hatte. Doch er entschied sich dagegen. Margot würde morgen wieder in Darmstadt sein. Dann könnten sie zu dritt immer noch über diese Geschichte reden. Und wenn Horndeich sich recht erinnerte, würde auch Rainer am Wochenende hier eintreffen. Das wäre ein bedeutend besserer Zeitpunkt, sich über Doros Fehlverhalten auszutauschen …
Horndeich
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