Engelsblut
drei Ebenen der Hotelhierarchie. Das Ergebnis: Diese Frau und dieser Mann hatten niemals im Welcome Hotel übernachtet.
Als Nächstes fuhr Horndeich zum Maritim Hotel . Auf dem Weg dorthin musste er erneut daran denken, wie Dorothee nicht nur ihn, sondern auch Sandra, Rainer und Margot hintergangen hatte. Er musste so schnell wie möglich mit Margot reden. Am besten Auge in Auge. Und es würde ihre Rückkehr sicher beschleunigen, wenn er den Weg der Irina Lambert in Darmstadt dokumentieren könnte.
Horndeich lenkte den Wagen die Rheinstraße entlang. Kurz überlegte er, ob er nach rechts zum Veteran der Maritim Hotels in Darmstadt abbiegen sollte oder ob der Schlenker nach links zum Komplex des Maritim Rhein-Main-Hotels erfolgversprechender war. Er entschied sich für die Tradition.
Als er das Hotel betrat, wandte er sich direkt an die Rezeption. Hinter der Theke stand eine junge Frau mit Kolorationshintergrund.
»Wie kann ich Ihnen helfen«, fragte sie.
»Steffen Horndeich. Kripo Darmstadt.« Er wies sich aus, dann zeigte er das Foto der blonden Frau. »Kennen Sie diese Dame?«
Die Hotelangestellte betrachtete das Foto. »Wann könnte sie hier gewesen sein?«
»Ich denke, so um den 7. Oktober herum.«
Die Dame zögerte. »Ich glaube, ich habe sie hier gesehen. Aber ich habe sie nicht ein-oder ausgecheckt. Ich werde meine Kollegin fragen.«
Horndeich hatte Glück, dass die Kollegin in derselben Schicht arbeitete wie die junge Schwarze. Eine Minute später kam sie zu Horndeich. »Sie sind von der Polizei?«
»Ja. Es geht um diese Frau. Oder diesen Mann. Hat einer von den beiden bei Ihnen ein Zimmer gemietet?«
Die Frau antwortete schnell: »Die Frau, die kenne ich. Die war hier. Der Mann, glaube ich, nicht.«
»Unter welchem Namen ist sie hier abgestiegen?«
»Einen Moment«, sagte die Dame auf der anderen Seite der Theke.
»Ich habe mir das Gesicht der Frau gemerkt, weil sie so lange Haare hatte. Sie hat am 4. Oktober eingecheckt. Ich erinnere mich wieder. War nach dem Feiertag, dem 3. Oktober.«
»Welchen Namen hat sie angegeben? Wie lang hat sie hier gewohnt?«
»Sie kam aus der Ukraine, aus Odessa. Ihr Name war Nadeschda Pirownika. Sie war vom 4. bis zum 8. Oktober hier. Als sie abgereist ist, hat sie bei mir ausgecheckt.«
»Sind Sie ganz sicher?«
»Ja. Frau Pirownika wirkte ein wenig zerstreut, als sie auscheckte. Ich hatte ihr gesagt, dass die Zimmer bis zwölf Uhr geräumt sein müssen. Aber sie kam erst um vierzehn Uhr zu mir. Sie schien verwirrt, war ganz blass. Aber sie wollte auschecken, egal, was es kostete, sie war auch bereit, noch eine Nacht zusätzlich zu zahlen.«
»Haben Sie eine Kopie des Reisepasses?«
»Nein. Das machen wir nicht. Aber wir haben die Meldekarte. Und da steht auch die Passnummer drin. Aber die Daten darf ich Ihnen nicht so einfach geben. Richterlicher Beschluss, Sie kennen das ja sicher.«
Ja, Horndeich kannte das. Er sah auf die Uhr. Kurz vor acht. Es kostete ihn drei Telefonate, und eine Viertelstunde später kam die Anordnung per Fax. Die Dame an der Rezeption hatte einen Ausdruck der Daten bereits für Horndeich fotokopiert.
Nadeschda Sikorska Pirownika war fünfundzwanzig Jahre alt und kam aus Odessa in der Ukraine.
Bernd Riemenschneider war bereits im Büro, als Horndeich vom Hotel zurück ins Präsidium kam.
»Bernd, ich weiß jetzt, wie unsere Unbekannte heißt.«
»Gratuliere. Und?«
»Sie kommt aus der Ukraine.«
»Und was hat das mit mir zu tun?«
»Wir sollten Aaners Datenspeicher noch mal checken. Du hast gesagt, dass du auch bei beschädigten Dateien noch nach Textfragmenten suchen kannst, nicht wahr? Vielleicht taucht ihr Name irgendwo zwischen den Datentrümmern auf seiner Festplatte auf.«
»… auf seinem NAS.«
»… meinetwegen auch dort. Könntest du mal danach suchen?«
»Ja. Wenn du mir den Namen aufschreibst.«
»Hier steht er«, sagte Horndeich und zeigte Bernd Riemenschneider die Kopie des Meldebogens aus dem Hotel.
Riemenschneider nickte. Dann schaltete er die Tastatur auf Kyrillisch um.
»Am besten schreibe ich dir die möglichen Namen auf, dann kannst du sie einfach kopieren und in deinen Suchprogrammen an der richtigen Stelle wieder einfügen«, schlug Horndeich vor.
»Wieso ›Namen‹? Hat sie mehrere?«
»Ich füge noch die Verkleinerungsformen hinzu. Kein Mensch würde Nadeschda nur Nadeschda nennen. Wahrscheinlich eher Nadja. Darf ich?«
Bernd Riemenschneider stand auf, und Horndeich setzte sich. Er öffnete
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