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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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eingerichtet hat. Ich hab nicht viel verändert.«
    »Sie leben allein?«
    »Ja. Bin geschieden. Seit fünf Monaten jetzt mit Brief und Siegel. Ist nicht leicht.«
    »Herr Pörgsen, wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen.«
    »Bitte. Nur zu.«
    »Kennen Sie eine Nadeschda Pirownika?«
    Pörgsen atmete hörbar aus. Dann hustete er.
    »Ist das ein ›Ja‹?«
    Pörgsen nickte. »Ja. Das ist ein ›Ja‹. War mir schon klar, dass da irgendwas nicht stimmen konnte.«
    »Dass was nicht stimmen konnte?«
    »Na, dass mit ihr was nicht stimmte. Mit dem Schmuck, mit dem Geld, das war schon seltsam. Dass sie allein kam.«
    Margot versuchte einen Sinn in das Gesagte zu bringen, aber es gelang ihr nicht. Nur das mit dem Schmuck konnte sie zumindest einordnen.
    »Vielleicht erzählen Sie mal der Reihe nach. Wann haben Sie Nadeschda Pirownika denn kennengelernt?«
    Pörgsen goss seinen Gästen und sich selbst Tee ein. »Zucker und Sahne – bedienen Sie sich.«
    Greven nahm zwei Stücke Kandis – Kluntjes, wie der Zucker hier genannt wurde. Dann gab er etwas Sahne hinzu, die sich wie Wölkchen im Tee ausbreitete.
    Pörgsen tat es ihm nach.
    »Ich habe Nadeschda vor drei Jahren kennengelernt. Sie war mit ihrem Ensemble hier.«
    »Was für einem Ensemble?«
    »Sie spielte Geige. Und das ziemlich gut. Sie war mit einer Folkloregruppe aus der Ukraine hier. Sieben Frauen, die sangen und Instrumente spielten. Sie hatten einen Auftritt in der Blinke .«
    Margots irritierten Blick kommentierte Greven mit: »Große Veranstaltungshalle.«
    Pörgsen fuhr unbeirrt fort: »Die Veranstaltung hatte irgendetwas mit so einem Tschernobyl-Projekt zu tun. Keine Ahnung mehr. Meine Frau hatte mich drei Wochen davor verlassen. Und ich hab einfach jeden Abend was unternommen. Das war unter der Woche, da gab’s nicht so viel Auswahl. Und ich mag Musik – also hat es gepasst.« Pörgsen würde wohl niemals einen Schnellsprech-Wettbewerb gewinnen. Die Worte kamen unendlich langsam aus seinem Mund.
    »Und wie haben Sie dann Nadeschda kennengelernt?«, hakte Greven nach.
    »Sie hat mir gefallen. War einfach die Hübscheste von allen. Die haben CDs dabeigehabt. Und dann habe ich mich einfach ein bisschen im Vorraum rumgedrückt, sodass ich als Letzter in der Schlange stand. Dann hab ich alle drei CDs gekauft und sie mir signieren lassen. Nadeschda hat deutsch gesprochen. Und so sind wir ins Gespräch gekommen. Ich war der Letzte der Gäste. Die Damen haben gesagt, dass ihre Tournee nun beendet sei. Sechs Wochen seien sie in Deutschland unterwegs gewesen. Und jetzt wollten sie feiern. Und sie fragten mich, ob ich nicht mitfeiern wollte. Was ich dann getan habe.«
    Pörgsen machte eine Pause. Margot merkte, dass ihr Kollege nervös wurde. Sie hatte jedoch begriffen, dass es die zeitsparendste Variante war, Pörgsen einfach erzählen zu lassen. Jedes Unterbrechen und spätere Rückfragen würden die Befragung nur noch länger dauern lassen.
    »Und dann?«, fragte Greven, um irgendetwas zu sagen und Pörgsens Erzählung am Fluss zu erhalten.
    Pörgsens zog die Mundwinkel ein wenig nach oben – wohl seine Interpretation eines strahlenden Lächelns. »War toll. Richtig toll. Der schönste Abend, den ich seit Langem gehabt hatte. Nadeschda ist das Kleid gerissen. Sie ist an einem kaputten Stuhl hängen geblieben.«
    Er strahlte immer noch, als ob das Gesagte irgendetwas erklärt hätte. »Sie kam mit zu mir. Ich bin Schneider. Hab hier einen kleinen Laden. Ist zwar heute meist Änderungsschneiderei – aber ich kann so was nähen, ohne dass das Kleid Narben bekommt. Man sieht danach kaum noch was.«
    »Sie sind also zu Ihnen nach Hause gefahren – und dann?« Wenn er jetzt jeden Tag so ausführlich beschreiben wollte, dann konnten sie sich darauf einrichten, in vier Stunden Pizza zum Abendessen zu bestellen.
    »Ja. Sie zog das Kleid aus, ich nähte es. Sie saß dabei. Ich hatte ihr einen Bademantel von Ute gegeben. Meiner Ex. Und dann erzählte sie ein wenig über sich. Und ihre Familie.«
    Margot spürte, dass Greven Pörgsen unterbrechen wollte, um endlich auf den Deal mit den Schmuckstücken zu kommen. Sie waren in Pörgsens Geschichte immer noch drei Jahre vom Schmuckraub entfernt. Margot aber fragte sich vor allem, welches Motiv Nadeschda gehabt haben könnte, die Aaners nicht nur zu berauben, sondern auch niederzustechen. Bislang war Pörgsen der Einzige, der Nadeschda persönlich kannte und ihnen zur Verfügung stand. Vielleicht war es besser, ihn

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