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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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DDR über. Aber BMW gewann zumindest den Prozess im Warenschutzrecht. Und so wurde aus BMW einfach EMW – für Eisenacher Motorenwerke –, und aus Blau wurde Rot. Der Wagen, den Sie hier sehen, ist von 1953. Dass es ein echter EMW ist, sehen Sie hier.«
    Friedrichsen klappte die Motorhaube auf. Sie war auf der Höhe der Frontscheibe angeschlagen. »Sehen Sie, eine Alligator-Haube. Die BMW-Hauben waren an der Längsachse über dem Motor befestigt.«
    »Und was kostet der Wagen?«
    Friedrichsen ließ die Haube sinken. »80 000 Euro.«
    Damit war das geklärt. Und Horndeichs kurzer Traum, Hinrich einmal richtig eins auszuwischen, im Keim erstickt.
    Horndeich ließ sich auch noch die anderen Wagen zeigen. Zwei Trabbis und drei Wartburgs, dann aber noch einen gelben flachen Sportwagen, der Horndeich an einen Ferrari Dino erinnerte.
    »Ein Melkus RS 1000. Davon wurden nur 101 Exemplare gebaut. Eines sehen Sie hier. Und eines, das nicht mehr in so gutem Zustand ist, haben wir in unserem Lager in Dresden.«
    Da der Verkaufsraum in L-Form gehalten war, sah Horndeich den Traum in Heckflosse erst zum Schluss. »Wieder so was wie ein EMW?«
    »Jein. Ein russischer Tschaika GAZ 13. Da stand der amerikanische Packard Patrician Pate, das ’55er-Modell.«
    Horndeich seufzte.
    Friedrichsen sah auf die Uhr. »Ich glaube, wenn wir Ihre Fragen noch erörtern wollen, sollten wir an dieser Stelle abbrechen. Vielleicht haben Sie ja Lust, sich irgendwann mal unsere anderen Wagen anzusehen. Genau genommen sind die beiden Geschäfte gar keine Läden. Es sind Galerien. Museen, in denen man die Exponate auch kaufen kann.«
    Friedrichsen geleitete Horndeich aus dem Verkaufsraum über das Treppenhaus in den ersten Stock. Dort führte über die ganze Länge des Gebäudes ein Flur, der an der rechten Seite Fenster zum Hinterhof hatte, zur linken gingen die Türen zu den Büros ab.
    »Die beiden Läden arbeiten unabhängig voneinander. Ich bin der verbindende Faktor. Aber ich habe in beiden Läden direkte Stellvertreter. Und ich habe auch in beiden Läden ein Büro. Treten Sie ein«, sagte Friedrichsen und führte Horndeich in das letzte Büro auf dem Gang. Eine breite Fensterfront ging in Richtung Verkaufsraum, zudem hatte Friedrichsens Büro noch Fenster zum Hof.
    »Nehmen Sie doch bitte Platz.«
    Das Büro war schlicht und funktionell eingerichtet. Die Büromöbel waren in verschiedenen Grautönen gehalten und sahen edel aus. An den Wänden hingen ein paar Bilder von spektakulären Autos. Offensichtlich die Highlights der Wagen, die diese Verkaufshallen schon von innen gesehen hatten.
    »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
    Horndeich winkte ab. »Nein danke.«
    »Gut, dann schießen Sie mal los. Wie kann ich Ihnen helfen.«
    »Ich frag Sie ganz direkt: Haben Sie irgendwann in der letzten Zeit einen AMC Matador in Bronze an einen Kunden in Darmstadt verkauft? An einen gewissen Frederik Schaller?«
    »Ein Coupé?«
    »Genau. Ein Coupé.«
    »Das James-Bond-Auto aus Der Mann mit dem goldenen Colt ?«
    »Ja, genau diesen Wagen.«
    Friedrichsen grinste. »Typischer Fall von James-Bond-Syndrom. Sie glauben gar nicht, wie oft hier Leute reinspaziert kommen und nach einem Aston Martin DB5 fragen, den mit dem Schleudersitz, bei dem der Beifahrer durchs Dach fliegt.«
    » Goldfinger , 1964«, warf Horndeich ein.
    »Genau. Oder nach dem Lotus Esprit aus Der Spion, der mich liebte . Wir haben zwei Kunden in England, die ein James-Bond-Museum planen. Und dort alle Autos ausstellen wollen, die in den Filmen zu sehen waren. Und nicht nur die Stars, sondern etwa auch den kleinen grauen Transporter, den Richard Kiel als ›Beißer‹ im letztgenannten Film mit bloßer Hand auseinandernimmt. Einen Leyland Sherpa. Nun, wenn man so zählt, dann kommt man auf mehr als hundert Wagen.«
    »Und der AMC?«, brachte Horndeich Friedrichsen wieder auf die ursprüngliche Frage zurück.
    Friedrichsens Computer war noch nicht heruntergefahren. »Einen Moment.« Während er sich durch irgendwelche Programmmenüs klickte, sagte der Geschäftsführer: »Wir hatten tatsächlich einen AMC Matador. Aber ich weiß nicht mehr, wer ihn gekauft hat. Der Name Schaller – da klingelt was. Ich glaube aber, der AMC ging auch an die Museumstypen.«
    Na, dann hatte ich vielleicht doch nicht den richtigen Instinkt, dachte Horndeich.
    Sekunden später sagte Friedrichsen: »Ha, da ist er ja.« Dann runzelte er die Stirn. »Wir hatten beide unrecht. Weder Ihr Herr Schaller noch meine

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