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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Mann in einer auffällig gemusterten Motorradjacke krümmte sich am Boden.
    Der dritte, ein schlanker Blondschopf, wandte Alan den Rücken zu. Er hielt eine Pistole auf Kain gerichtet und schwenkte sie hin und her, auf der Suche nach einem freien Schussfeld. Alans Finger schmiegte sich um den Abzug der Beretta. Er feuerte den ersten Schuss ab, fing den Rückstoß. Die Kugel traf den Mann zwischen die Schulterblätter. Alan drückte noch einmal ab, und dann ein drittes Mal. Blut spritzte vom Nacken des Blondhaarigen. Der Mann stürzte. Mit ein paar Schritten war Alan über ihm, grub ihm den Dolch in die Kehle, sein Knie lastete schwer auf der Brust seines Opfers. Der Wind trug salzige Luft vom Meer heran, verwirbelte den Korditgeruch. Alan riss die Klinge frei. Ein breiter Strom Blut schoss aus der Wunde.
    Ein Schrei ließ ihn auffahren, ein Knurren, das kaum noch menschlich klang. Kain rang noch immer mit seinem Gegner. Alan wusste nicht zu sagen, wer wen zu Fall gebracht hatte. Eng umklammert wälzten sie über den Boden. Der Kahlkopf richtete sich halb auf und landete eine Serie von Schlägen in Kains Gesicht. Dann beugte er sich hinab zu Kains Kehle. Ein Bluttrinker.
    Für einen Moment trieb Alan zwischen widerstreitenden Impulsen, lauschte der Stimme in seinem Innern, die dem weißlockigen Killer das Schicksal gönnte, das er selbst so vielen beschert hatte. Leicht hob er die Hand mit der Beretta, bis sie auf den Schädel des Bluttrinkers zielte. Er musste nur den Abzug umlegen.
    Und trotzdem zögerte er. Er konnte sie beide erledigen. Musste nur warten, bis der Kahlkopf genug von Kains Blut getrunken hatte, und ihn dann niederschießen.
    Der Körper unter seinen Knien erschlaffte. Ein Stück entfernt richtete sich der Mann in der Motorradjacke wieder auf. Alan ahnte die Pistole seiner Hand mehr, als dass er sie sah. Reflexhaft feuerte er. Die Projektile schleuderten den Mann zurück. Der Kahlkopf fuhr auf und starrte ihn an. Sekundenlang hielt Alan seinen Blick fest. Ein tiefer Kratzer verstümmelte das Gesicht des Jägers, Blut troff ihm von Kinn und Wangen. Etwas Vertrautes lag in den hageren Zügen. Dann verflog der Moment und Alan drückte ab.
    Die erste Kugel grub sich in die Stirn des Mannes, die zweite in seine Brust. Der Kahlkopf schwankte. In der gleichen Sekunde fuhr Kain hoch und schüttelte die Umklammerung ab. Blut troff aus seinem Haar. Mit einem Knurren stürzte er sich auf seinen Peiniger.
    Alan wandte sich ab und stand auf. Ohne Eile überwand er die wenigen Meter zu der Stelle, an der der Mann in der Motorradjacke liegen geblieben war. Fast mechanisch beugte er sich hinab, um es zu Ende zu bringen. Nicht, dass es noch viel brauchte. Der Atem des Mannes schlug kaum spürbar gegen Alans Handrücken, als er ihm die Arterie durchtrennte.
    Seine Hände waren voller Blut.
    Alan wusste nicht, wie viel davon sein eigenes war. Eve lag noch immer dort, wo er den Rotblonden zu Fall gebracht hatte. Er umfasste ihr Kinn, seine Finger tasteten nach ihrem Puls. Sie lebte, atmete. Ein Muskel in ihrem Gesicht zuckte, ihre Lider flatterten.
    Er hob sie hoch und trug sie zum Haus. Die Tür stand weit offen. Sein Blick fiel auf einen Nachtfalter, der zertreten auf den Holzdielen lag.
    Bleierne Leere füllte ihn aus, eine Mischung aus Schuld, Groll und Widerwillen. Er musste ein Rätsel lösen und eine Entscheidung treffen, und beides war miteinander verknüpft. Doch sein Verstand weigerte sich, die Fäden zu entwirren. Selbst das Gefühl von Zärtlichkeit, das Eve in ihm auslöste, schien hinter einer Glasscheibe zu schweben, künstlich getrennt von der Realität.
    Er bahnte sich seinen Weg durch umgestürzte Möbel und herausgerissene Schubladen zum Schlafzimmer. Vorsichtig ließ er sie auf die Matratze sinken.
    Mit langsamen, methodischen Handgriffen überprüfte er das Magazin der Beretta. Vier Schuss verblieben ihm, um Kain aufzuhalten. Kain, den er hätte töten können. Sein Halbbruder würde seine Kräfte rasch zurückgewinnen, wenn er das Blut des Kahlköpfigen trank. Und dass er es tat, genau in diesem Augenblick, daran zweifelte Alan nicht. Die Waffe in seiner Hand war nur eine Farce, das wurde ihm bewusst, als er das Magazin zurück in den Griff rammte. Er wollte Kain gar nicht töten. Gerade hatte er seine beste Chance verstreichen lassen.
    Kain hatte eine Tür aufgestoßen. Dunkelheit quoll nun aus dem Spalt und das Versprechen auf Antworten, zu denen Alan nicht einmal die Fragen kannte.
    Er konnte

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