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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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fühlte sich seltsam beklommen. Es lag an ihr. Eve, die ihm so nahe war. Er musste nur die Hand ausstrecken, um sie zu berühren. Dann konnte er ihre Haut spüren, ihre karamellfarbenen Locken, und auch die Furcht, die sie einhüllte wie ein schwerer Mantel. Die Furcht, die sie zu verbergen suchte. Nur ihren Abscheu, den zeigte sie offen.
    „Kennst du dich hier aus?“, fragte er.
    Sie zuckte mit den Schultern.
    Erinnerungen spülten an die Oberfläche, verschüttete Echos an eine Zeit, in der er diese anderen Empfindungen gekannt hatte. Das war, bevor er sie sich aus der Seele gebrannt hatte, wie alles, was ihn verletzlich machte. Und nun fielen sie ihn an wie wilde Hunde. Unfähig, ihnen einfach die Kehle darzubieten, rang er mit sich selbst. Was, wenn sie ihm Wunden zufügten, von denen er sich niemals erholen konnte?
    Aus dem Augenwinkel betrachtete er Eves Gesicht. Ihre Nase, die Stirn, die sanft geschwungenen Wangenknochen. Eine Locke fiel ihr über die Schläfe, als sie den Kopf senkte.
    „Oder wir fahren bis Dana Point“, sagte sie, „und nehmen dann den Pacific Coast Highway zurück über Newport.“
    Seine Hände am Lenkrad fühlten sich steif an. Sein Körper schmerzte von der gewalttätigen Transformation, trotz des Blutes, das er getrunken hatte. Eve hielt ihn für ein Monster, eine Kreatur aus einem Alptraum. Und hatte sie nicht recht damit?
    „Darf ich dich was fragen?“
    Ihr Ton machte ihn beklommen.
    „Hat dich wirklich jemand beauftragt, mich umzulegen?“
    „Ja“, sagte er.
    „Warum?“
    „Das geht mich nichts an.“
    Er hörte, wie sie scharf die Luft einsog.
    „Es interessiert mich auch nicht“, fügte er hinzu.
    „Aber es ging um den Ring?“
    Kain nickte. „Das war Bestandteil des Jobs. Jemand will ihn zurück.“
    „Jemand?“
    Jetzt wandte sie ihm ihr Gesicht zu. Er stellte sich vor, wie es wäre, ihre Lippen zu berühren. Nicht gewalttätig, wie beim letzten Mal. So vieles hatte sich geändert.
    „Ich kenne den Namen des Auftraggebers nicht.“
    „Was?“ Aus ihrer Frage klang Ratlosigkeit. „Du meinst, du bringst Leute um und weißt nicht mal, in wessen Auftrag? Interessiert es dich nicht, warum sie sterben müssen?“
    Er zuckte mit den Schultern. „Es ist ein Geschäft.“
    „Und ich stehe nicht länger auf der Liste?“
    Kain lächelte.
    Ihre Stimme sank herab. „Warum lässt du mich gehen?“
    Warum? Alan hatte die Wahrheit getroffen. Diese Erkenntnis war erniedrigend. Es quälte ihn zu wissen, dass etwas, das sich wie Liebe anfühlte, nichts weiter war als ein triebhafter Zwang, eine Besessenheit, eine chemische Reaktion.
    „Was sind diese Blutsbande?“, bohrte sie nach.
    „Eine Legende.“
    So viele Jahre hatte er den Blutdurst als Gabe betrachtet, mehr Segen als Fluch, wenn man ihn zu kontrollieren vermochte. Und nun hatte die Gabe ihn betrogen und ihn hilflos gemacht.

    Alan bemerkte eine Bewegung im Augenwinkel und sah auf. Mit Befremden erkannte er, dass es nicht Naveen war, sondern sein Vater, der sich vom Korridor her näherte. Das war ein unerwarteter Bruch des Protokolls. Mordechai blieb dicht vor ihm stehen.
    „Was ist das für ein Gestank an dir?“
    Alan hob eine Braue. „Ich freue mich auch, dich zu sehen, Vater.“ Er machte eine Kopfbewegung zum Fenster. „Was geht dort vor?“
    „Ich dachte, du weißt das besser als ich.“
    Das Gesicht seines Vaters war eine reglose Maske. Seine Brillengläser funkelten im Licht. Alan suchte vergeblich nach Groll in seinem Innern, nach einem verbliebenen Funken Wut. Mordechai unterstellte ihm, mit seinen Gegnern zu paktieren und legte ihm Neutralität als Feindschaft aus. Das sollte er ihm übel nehmen. Doch er konnte nicht. Er fand nur Bedauern um das, was sie nicht mehr verband.
    „Ravin sagt, dass du dich jetzt im Krieg mit der Garde befindest.“ Alan trat zurück ans Fenster. Wenn dort unten Schüsse fielen, konnte er es nicht hören. Die Scheiben filterten alle Geräusche. „Es geht um den Engel, nicht wahr?“
    „Willst du dich mir in den Weg stellen?“
    „Von mir aus kannst du eine ganze Legion von Gefallenen erwecken.“ Er lachte auf. „Das interessiert mich nicht. Ebenso wenig wie Katherinas Schauermärchen. Mag sein, dass ein Nephilim allein eine Armee vernichten konnte, doch das war vor zweitausend Jahren.“ Eine neue Explosion erschütterte den Boden unter seinen Füßen. „Die Zeiten haben sich geändert.“
    „Es interessiert dich nicht“, wiederholte Mordechai. Seine Stimme klang

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