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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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verfehlte seine Kehle, als er zur Seite rollte. Ein Regen feiner Splitter traf ihn im Gesicht.
    Mit schierer Willenskraft zwang er sich auf die Knie. Seine Lungen brannten wie Feuer. Einen Herzschlag später war der andere über ihm, der Mann namens Kain, und stieß ihn zurück auf den Boden. In Kains Faust funkelte eine Klinge.
    Alan wusste im gleichen Moment, dass er zu langsam war. Seine Reflexe versagten. Er zog den unverletzten Arm hoch, um die Hand mit dem Dolch aufzuhalten. Seine Finger krallten sich in Kains Ärmel, brachten aber nicht genug Kraft auf, die Wucht des Streiches zu brechen. Die Klinge grub sich in seine Kehle, Schock versteifte seine Muskeln, sein Mund füllte sich mit Blut. Er spürte, wie es aus ihm heraus sprudelte. Wie er mit jedem Herzschlag an Stärke verlor. Kain trieb den Dolch noch tiefer in die Wunde, nagelte ihn gegen den Asphalt. Er beugte den Kopf so dicht herab, dass Alan sein Spiegelbild in den Pupillen des anderen sah.
    „Habe ich dich überrascht?“, knurrte Kain.
    Alans Geist driftete fort. Ein Teil seines Bewusstseins erkannte, dass ihn die Konfrontation mit dem eigenen Tod kaum berührte. Im Gegenteil. Er spürte eine seltsame Erleichterung. Dann dachte er an Eve und Bedauern strömte in die Leere. Und unter der Trauer keimte Wut. Eine hilflose Wut, am Boden gehalten von zwölf Zentimetern Stahl.
    „Spürst du es nicht?“, fragte Kain. Warum brachte er es nicht zu Ende? „Wie nah wir uns sind? Du musst es spüren. Es ist wie ein Spiegel.“ Nachdenklichkeit trat in Kains Blick. „Was ist das in dir?“
    Alan öffnete tonlos den Mund. Kain tauchte einen Finger ins Blut und benetzte damit seine Lippen.
    Ein Schuss krachte. Kains Körper erstarrte im gleichen Moment. Wie durch einen Schleier sah Alan, dass sich die Augen des anderen weiteten. Ein zweiter Schuss, und Kains Schulter explodierte in einer Wolke aus Blut. Die dritte Kugel löste Kains Griff um den Dolch und schleuderte ihn rücklings in die Dunkelheit.
    Alan konnte sich wieder bewegen. Würgend zog er die Klinge heraus. Seine Muskeln zitterten so heftig, dass er die Waffe beinahe fallen ließ. Er presste eine Hand gegen seine Kehle, ein vergeblicher Versuch, den Blutstrom zu stoppen. Agonie tobte durch seinen Körper, als er sich auf die Beine zwang. In seinen Ohren hallte ein vierter Schuss. Dann erfasste er Eves Gestalt, die sich aus dem Dunkel schälte. Blutüberströmt stand sie da, wie ein Rachegeist, und hielt mit beiden Händen eine Pistole umklammert. Ein Stück entfernt hockte Kain am Boden, kaum mehr als ein Umriss gegen das Schwarz. Eve feuerte mehr Schüsse auf ihn ab. Die Kugeln erschütterten den Körper des Killers und schleuderten ihn tiefer in die Schatten. Alan hörte, wie der Hammer ein paar Mal auf Metall schlug. Das Magazin war leer.
    Er umklammerte den Griff des Dolches, der glitschig war von seinem eigenen Blut, und begann zu laufen. Allmählich stabilisierten sich seine Schritte. Wut und Adrenalin überschwemmten seinen Körper und drängten die Schwäche zurück. Doch alles, was er fand, war eine Blutlache, wo Kain gestürzt war und eine glänzende Spur in die Nacht. Alan blieb stehen und lauschte auf Feuerwehrsirenen in der Ferne. Kain war geflohen.
    Keuchend ließ er die Waffe sinken.

13
    „H alt still“, flüsterte Alan.
    Eve starrte aus weit aufgerissenen Augen zu ihm hoch. Sie lag mit dem Kopf auf seinen Knien und zitterte so heftig, dass er sie festhalten musste.
    Seine Kehle blutete noch immer. Er beugte sich über sie, so dass das Blut in ihre Wunde rann. Beinahe sofort setzte eine Reaktion ein. Eve versteifte sich in seinem Arm. Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder und Alan kämpfte gegen die Schwärze, die sein Bewusstsein zu überfluten drohte. Seine Finger tasteten über den Asphalt, fanden die Pistole, die Eve hatte fallen lassen. Er erhob sich und zog Eve mit sich auf die Beine. Schmerz schoss seinen Arm hinauf und setzte sich fort in die Brust. Eine dumpfe Qual lastete darauf, die ihm jeden Atemzug zu einer ungeheuren Anstrengung machte.
    „Komm.“ Er strich ihr über das Haar in einem hilflosen Versuch, ihr Entsetzen zu lindern.
    Noch immer gelang es ihm kaum, zu sprechen. Seine Kehle, verletzt und voller Blut, fühlte sich an wie mit heißem Metall ausgegossen. Halb stützte, halb trug er sie. Er schleppte sie tiefer ins Dunkel, bis sie eine Stahltür auf der Rückseite des Hauses erreichten. Alan wischte sich das Blut von den Händen, bevor er das Schloss

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