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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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betrachtete ein Gemälde, ein weiteres seiner Bilder, in denen Katherina etwas sah, das er nicht verstand.
    „Oder hast du dich verliebt?“ Katherina sprach weiter, obwohl er ihr den Rücken zuwandte. „Du bist so sentimental. Das war schon immer deine Schwäche. Du verletzt dich selbst.“
    Er ging nicht darauf ein, sondern lenkte das Gespräch in eine andere Richtung. „Woher weißt du, dass Mordechai in der Lage ist, einen Engel zu erwecken? Er jagt dieser Verrücktheit nach, seit ich mich erinnern kann. Bislang ist nichts weiter dabei herausgekommen als eine Bibliothek mit alten Schriften.“
    „Dieses Mal ist es mehr.“
    „Woraus schließt du das?“
    „Es gibt Gerüchte. Schon länger.“ Katherina zögerte. „Ich hatte gehofft, dass meine Quellen sich irren. Aber jetzt habe ich es gesehen.“ Sie lachte auf. „Durch einen Zufall. Die Welt ist so klein. Einfach eine Verkettung von Umständen.“ Schärfe sprang in ihre Stimme. „Sieh mich an!“
    Alan spürte, dass sie sich näherte. Ihr Atem berührte seinen Nacken. Er kämpfte mit sich. Er hasste sich für seine Zerrissenheit. Warum war er hierher gekommen? Um sie zur Rechenschaft zu ziehen? Sie zu verletzen? Einen Ausgleich zu schaffen für die Wunden, die sie ihm geschlagen hatte? Was für eine Verschwendung von Kraft und Vertrauen. Sie tat, was sie glaubte, tun zu müssen. Er konnte sogar verstehen, wie sie dachte. Katherina bezog ihre Motive aus einem verdrehten ethischen Ideal, einer selbstauferlegten Berufung zur Wahrung des Gleichgewichts. Dieser Zweck heiligte ihr die Mittel.
    „Es tut mir leid“, sagte sie.
    „Du klingst nicht reuig.“
    „Ich bereue auch nicht. Ich würde wieder so entscheiden. Es tut mir nur leid, dass du mich für kalt hältst. Das bin ich nicht.“
    Ein Lachen löste sich in ihm, tief unten, ohne Fröhlichkeit. Er stieß sich von der Wand ab und drehte sich zu ihr um. „Katherina, du bist das kälteste Geschöpf, das ich kenne. Du würdest eine Kirche voller Kinder verbrennen, wenn es deinen Zielen dient.“

    Die meisten der Fenster waren geöffnet. Sonne, durch die Baumkronen gefiltert, sprenkelte die Zimmer in Grün und Gold.
    Eve spähte in einen kleinen Raum. Sie glaubte, Stimmen zu hören. Eine dünne Schicht aus Blättern schirmte sie gegen Blicke ab, ein fragiler Schild, der einer misstrauischen Untersuchung nicht standhalten konnte.
    Sie zog sich ein Stück zurück auf die andere Seite der Büsche und tastete sich zum nächsten Fenster. Die Stimmen wurden lauter. Eve schob die Äste eines Goldflieders auseinander und drängte sich ins Unterholz. Ein Regen gelber Blüten ging auf sie nieder. Sie kroch tiefer ins Dickicht, bis sie die Mauer vor sich fand und bewegte sich seitlich zum offenen Fenster. Ein Vorhang verwehrte ihr den Blick nach innen, doch sie verstand nun, was gesprochen wurde. Und als sie ihren Namen hörte, wurde sie mehr als hellhörig.

    Alan versuchte, in Katherinas Miene zu lesen, doch sie hielt ihre Emotionen unter Kontrolle.
    „Diese Journalistin ist darüber gestolpert“, sagte sie. „Eve Hess. Hat sie dich übrigens angerufen?“
    Ein Schauer rann über seinen Körper. Der beiläufige Ton ihrer Frage weckte sein Misstrauen. Ihm gefiel nicht, wie sie Eves Namen aussprach. „Was meinst du?“
    „Sie ist hinter einer Story her. Sie glaubt, es geht um Kunstschmuggel.“ Katherina presste die Fingerspitzen gegeneinander. „Um Gottes Willen, Kunstschmuggel! Ein gemeinsamer Freund hat sie zu mir geschickt. Um meinen Rat als Gutachterin einzuholen.“
    „Sie war bei dir?“
    Argwohn blitzte in ihren Augen auf. Alan wurde bewusst, dass er seine Bindung zu Eve unter allen Umständen vor Katherina verbergen musste. Es war zu kostbar. Zu empfindlich, um von den Schatten befleckt zu werden, die Katherina zweifellos darauf projizieren würde.
    „Sie hat mir Fotos gezeigt. Eine Statue und einen Ring, die jemand an Mordechai verkauft hat. Sie hält es für babylonische Raubkunst.“ Die Stimme der Galeristin klirrte. „Alan, er hat nicht nur einen Körper gefunden, sondern auch ein Seelengefäß. Wenn er beides zusammenfügt ...“
    „Wie fügt man einen Körper und eine Seele zusammen?“, unterbrach er sie.
    „Wie war es überhaupt möglich, sie voneinander zu trennen?“ Katherina zuckte mit den Schultern. „Wenn jemand es weiß, dann dein Vater.“
    „Und was erwartest du jetzt von mir?“
    „Liegt das nicht auf der Hand?“, schnappte sie. „Wir müssen herausfinden, wo sich die

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