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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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hatte. Doch Erleichterung wollte sich nicht einstellen. Rasch kontrollierte sie die Schubladen an ihrem Schreibtisch, warf einen Blick ins Schlafzimmer. Die Tür zum Bad war halb offen, obwohl sie sicher war, sie geschlossen zu haben. Das einzig sichtbare Zeichen, dass ein Fremder ihr Apartment betreten hatte.
    „Es fehlt nichts“, sagte sie.
    „Was ist mit dem Ring?“
    Sie lachte verdrossen. „Ach, das weißt du ja noch gar nicht. Der war heute Morgen schon verschwunden.“
    „Der Einbruch?“ Jetzt war es Felipe, der um Fassung kämpfte. „Hast du es der Polizei gesagt?“
    „Nein.“ Sie schaltete ihren Laptop ein.
    „Ich dachte, du hättest dich heute mit Katherina getroffen, um ihr den Ring zu zeigen?“
    „Ich habe ihr Fotos mitgebracht. Sie weiß übrigens nichts. Oder gibt vor, nichts zu wissen.“ Eve fuhr sich durchs Haar. „Nein, der Ring ist weg. Wie gewonnen so zerronnen.“
    Felipe blätterte in den losen Seiten mit den E-Mail-Ausdrucken, die Eve am Morgen auf den Küchentresen geräumt hatte. „Wie hast du das gemeint?“, fragte er. „Vorhin, mit den übernatürlichen Dingen?“
    „War nicht so wichtig“, gab sie zurück. „Vergiss es.“
    „Denkst du, es ist etwas mit dem Ring?“
    „Es spielt keine Rolle. Er ist sowieso nicht mehr da.“ Sie registrierte, wie Felipes Gesicht versteinerte. Schuld schoss in ihr hoch, als ihr bewusst wurde, wie heftig sie ihn angefahren hatte. Felipe konnte nichts dafür, dass sie sich in ein Arschloch verliebt hatte. Sie versuchte ein verlegenes Lachen. „Tut mir leid.“ Plötzlich fiel ihr noch etwas ein. „Habt ihr nicht Aufzeichnungen von den Kameras?“
    „Die haben die Bullen mitgenommen.“
    Sie zuckte zusammen. „Und das hast du mir nicht gesagt?“
    „Du hast nicht gefragt.“
    „Aber von gerade eben“, beharrte sie. „Wir könnten doch jetzt runter gehen und nachsehen, wer vorhin in meinem Apartment war.“
    Sie setzten sich an einen der Computer im Büro hinter dem Concierge-Bereich. Felipe öffnete die Software, die die Überwachungskameras steuerte. Er schob einen Balken unter einem Kamerabild vor und zurück. Eve sah sich selbst, wie sie den Korridor hinunter lief, auf halber Höhe stehen blieb und sich bückte, um etwas an ihrem Schuh zu richten. Rückwärts verschwand sie wieder hinter der Ecke.
    „Das sind die Aufzeichnungen von heute.“ Felipe sah zu ihr auf. „Alles andere ist auf Band, und die Bänder liegen bei deinem Freund Mark.“
    „Er ist nicht mein Freund. Schaust du jetzt bitte nach, wer in mein Apartment eingebrochen ist?“
    Er verschob den Regler ein Stück. Etwas flackerte im Bild auf. „Da!“
    Felipe ging zurück und spielte den Mitschnitt in Normalgeschwindigkeit ab. Ein Mann trat in den Blickwinkel der Kamera. Eve konnte sein Gesicht nicht sehen, nur seinen Hinterkopf und weißblonde Locken. Der Mann brauchte nicht länger als ein paar Sekunden, um das Schloss zu öffnen.
    „Das ging schnell“, hauchte Felipe.
    Träge fiel die Tür hinter dem Eindringling zu. Dann geschah minutenlang nichts. Scharf sog sie den Atem ein, als die Tür wieder aufschwang. Sie sah zuerst nur seinen Rücken, dann dreht er sich um. Eve blieb beinahe das Herz stehen, als sie ihm ins Gesicht blickte, in diese blassen, ebenmäßigen Züge. Die Augen, hell und durchscheinend wie Wasser, streiften die Kamera. Für einen Moment hatte sie den Eindruck, er starre ihr direkt ins Gesicht. Diese Züge hatten sich ihr eingebrannt, dieser Blick.
    Sie spürte Felipes Hand auf ihrem Arm. „Alles Okay?“
    Seine Stimme drang wie von weit her an ihr Ohr. Mechanisch schüttelte sie den Kopf. Sie hatte dem Tod ins Antlitz gesehen. Und er wusste, wo sie wohnte. Er würde wieder kommen. Die Luft atmete sich plötzlich wie flüssiges Blei.
    „Nein“, flüsterte sie. „Nichts ist okay.“

17
    E ve konnte beinahe selbst nicht glauben, dass sie Mark angerufen hatte, um ihn um Hilfe zu bitten. Aber ja, sie hatte ihren Stolz beiseite geschoben und Mark Johnson gefragt, ob er sich mit ihr zum Abendessen treffen und sich ihre Probleme anhören wolle. Was eine Menge über das Maß ihrer Verzweiflung aussagte. Ebenso wie die Tatsache, dass sie sich ein Taxi bestellt hatte, um die hundert Meter zum Zucca, einem überteuerten Italiener in der Figueroa, zu fahren.
    Ihre Welt hatte sich in ein Spiegellabyrinth verwandelt. Ein irrer Killer brach in ihre Wohnung ein, eine Informationsquelle entpuppte sich unvermittelt als Bedrohung, und Alan spielte ein

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