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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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hatte geglaubt, immun gegen solche Empfindungen zu sein. Dennoch sehnte er sich so machtvoll nach ihr, dass es ihm physische Schmerzen bereitete.
    Die Vorstellung, ihr ein Leid zuzufügen, schürte nun Abscheu in ihm. Gegen sich selbst, gegen Vitali, gegen den Unbekannten, der ihren Tod in Auftrag gegeben hatte.
    So stand er im Dunkeln und betrachtete sie. Ihre Gesten entzückten ihn. Die Art, wie sie ihre Hände beim Sprechen hob, wie sie ihre Finger gegeneinander legte. Das faszinierte ihn und schürte einen Hunger, der weit jenseits körperlicher Bedürfnisse wurzelte.
    Wieder tastete er nach dem Ring. Der Opal fühlte sich warm an. Seine Fingerspitzen glitten die Fassung entlang, drückten sich in das Geflecht feiner Fäden, die den Stein einkerkerten. Was bedeutete das Schmuckstück für sie? Betrauerte sie seinen Verlust? Er ließ den Ring los und zog das Handy aus der Tasche. Vitalis letzte Nachricht stand noch auf dem Display. Kains Verstand fühlte sich scharf und klar an, während er die Nummer des Brokers wählte. So klar wie seit langer Zeit nicht mehr.
    „Ja?“, meldete sich eine weiche Stimme.
    Erstaunlich. Vitali gehörte zu den Menschen, die niemals zu schlafen schienen.
    „Ich gebe den Job zurück“, sagte er.
    „Wie bitte?“
    „Eve Hess. Ich töte sie nicht.“
    Eine Zeitlang hing Schweigen in der Leitung. Kain wusste, dass Vitali darüber nachdachte. Dass er sich fragte, welche Gründe Kain zu dieser ungewöhnlichen Entscheidung bewogen hatten.
    „Der Kunde wird nicht glücklich sein“, sagte der Anwalt.
    „Das ist mir bewusst.“
    Auf der anderen Seite der Straße drängte eine Traube von Menschen ins Zucca. Kain beobachtete, wie Eve den Kopf schräg legte. Die Kellner servierten das Essen.
    „Also gut“, sagte Vitali.
    Er fragte nicht nach dem Ring.

    Alan fixierte die dunklen Fenster ihres Apartments in der Fassade des 717. Eve war nicht zu Hause. Er hatte sie auf ihrem Handy angerufen, doch nur ihre Mailbox erreicht. Dann war ihm eingefallen, dass das Gerät wohl noch irgendwo auf der Straße lag, dort wo sie es am Vorabend verloren hatte.
    Trotzdem sprach er ihr auf den Anrufbeantworter. Er musste mit ihr reden, bevor Katherina es tat. Falls Katherina sich überhaupt mit Reden aufhielt. Er traute der Galeristin nicht. Er war sogar hinüber ins 717 gegangen und hatte eine Nachricht für Eve am Empfang hinterlassen. Sein Magen zog sich zusammen, wenn er daran dachte, was Eve dort draußen auflauern mochte. Katherina und ihre Garde waren Fanatiker.
    Hinzu kam der weißgelockte Bluttrinker namens Kain. Wenn er überlebte, war es möglich, dass er zurückkehrte, um zu Ende zu bringen, was er begonnen hatte. Alan wusste nicht, ob er sich das nur einbildete, doch er glaubte immer noch, die Aura des anderen zu spüren.
    Er trat an den Tisch. Seine Malutensilien hatte er beiseite geschoben, um Platz zu schaffen für die Pistole und die beiden Klingen. Daneben, mattgrau und mit Resten von Blut, lag das deformierte Projektil, das er aus seinem Fleisch geschnitten hatte.

    Mark glaubte ihr nicht. Eve konnte es in seinen Augen lesen. Er sah sie an, als habe sie den Verstand verloren.
    „Hey, vergiss das“, sagte sie hastig. „Vergiss das mit den magischen Kräften.“
    „Warum tust du das?“, fragte er.
    Seine Stimme klang zu ruhig. Das lief falsch. Ganz falsch. Sie hätte das nicht sagen dürfen. Sie hätte sich auf den rationalen Teil der Geschichte beschränken sollen. Gangster, die Geschäfte mit anderen Gangstern machten, damit konnte Mark etwas anfangen.
    „Tut mir leid“, fügte sie hinzu. „Ich bin einfach ein bisschen fertig mit den Nerven. Also vergiss die Magie. Bleiben wir bei den Fakten.“
    „Weißt du, was ich glaube?“
    „Was?“
    „Du willst Polizeischutz? Du willst, dass wir diesen Kerl hochnehmen, von dem du denkst, dass er ein bezahlter Killer ist?“ Er redete immer lauter. „Ich glaube, du verschweigst mir die Hälfte der Geschichte. Du hältst dich fürschlauer als alle anderen. Du denkst, du kannst die ganze Welt manipulieren.“ Er beugte sich nach vorn, so dass ihr Gesicht dicht an seinem war. „Aber damit liegst du falsch. Du kannst mit Menschen nicht umgehen wie mit Marionetten.“
    „Das tue ich nicht.“
    „Natürlich tust du das!“
    Voller Unbehagen registrierte Eve die verstohlenen Blicke von den Nachbartischen.
    „Mordechai macht uns eine Menge Ärger, aber er schafft es stets, eine saubere Weste zu präsentieren. Denkst du, nur weil du mit den

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