Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Titel: Engelsflammen: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
Vom Netzwerk:
nennen.«
    »Bill«, wiederholte sie und kniff die Augen zusammen, um mehr zu sehen als die düsteren Höhlenwände um sie herum. »Sind Sie unsichtbar?«
    »Manchmal. Nicht immer. Auf keinen Fall muss ich es sein. Warum? Würdest du es vorziehen, mich zu sehen?«
    »Es könnte die Dinge vielleicht etwas weniger unheimlich machen.«
    »Hängt das nicht davon ab, wie ich aussehe?«
    »Nun …«, begann Luce zu erwidern.
    »Also« – seine Stimme hörte sich so an, als lächelte er –, »welche Gestalt wünschst du dir denn?«
    »Ich weiß es nicht.« Luce trat von einem Fuß auf den anderen. Ihre linke Seite war feucht von der Gischt des Wasserfalls. »Ist das wirklich meine Entscheidung? Wie sehen Sie denn aus, wenn Sie einfach Sie selbst sind?«
    »Ich habe eine ganze Palette. Du würdest wahrscheinlich wollen, dass ich mit etwas Niedlichem anfange. Habe ich recht?«
    »Ich schätze, ja …«
    »Okay«, murmelte die Stimme. »Huminah huminah huminah hummm.«
    »Was machen Sie da?«, fragte Luce.
    »Ich setze mein Gesicht auf.«
    Ein Lichtblitz zuckte auf. Eine kleine Explosion folgte, die Luce umgeworfen hätte, wäre da nicht direkt hinter ihr die Wand gewesen. Der Blitz erstarb zu einem winzigen Ball aus kühlem weißem Licht. In diesem Licht konnte sie die raue Fläche eines grauen Steinbodens unter ihren Füßen sehen. Eine steinerne Wand ragte hinter ihr auf, an der Wasser heruntertröpfelte. Und noch etwas sah sie:
    Dort auf dem Boden vor ihr stand ein kleiner Gargoyle.
    »Ta-da!«, sagte er.
    Er war ungefähr dreißig Zentimeter groß und hockte mit verschränkten Armen und auf die Knie gestützten Ellbogen da. Seine Haut hatte die Farbe von Stein – er war aus Stein –, aber als er ihr zuwinkte, konnte sie erkennen, dass er beweglich genug war, um aus Fleisch und Muskeln zu sein. Er sah aus wie die Figuren, die man als Wasserspeier auf den Dächern katholischer Kirchen findet. Seine Finger- und Zehennägel waren lang und spitz wie kleine Krallen. Auch seine Ohren waren spitz – und mit steinernen Ringen gepierct. Er hatte zwei kleine hornähnliche Auswüchse auf seiner Stirn, die fleischig und runzlig wirkten. Seine dicken Lippen waren zu einer Grimasse verzogen, die ihn wie ein sehr altes Baby aussehen ließ.
    »Sie sind also Bill?«
    »Das ist richtig«, bestätigte er. »Ich bin Bill.«
    Bill sah zwar seltsam aus, aber gewiss nicht wie jemand, vor dem man sich fürchten musste. Luce ging um ihn herum und bemerkte den wulstigen Wirbel, der aus seinem Rückgrat ragte. Und das kleine Paar rauer Flügel, das so aus seinem Rücken ragte, dass die beiden Spitzen miteinander verflochten waren.
    »Was denkst du?«, fragte er.
    »Großartig«, erwiderte sie aufrichtig. Ein Blick auf ein Paar Flügel – selbst die von Bill – führte dazu, dass sie Bauchschmerzen bekam, so sehr vermisste sie Daniel.
    Bill stand auf; es war seltsam zu sehen, dass sich die steinernen Arme und Beine wie Muskeln bewegten.
    »Es gefällt dir nicht, wie ich aussehe. Ich kann es besser machen«, sagte er und verschwand in einem weiteren Lichtblitz. »Warte.«
    Blitz.
    Daniel stand vor ihr, eingehüllt in eine glänzende Aura aus violettem Licht. Seine entfalteten Flügel waren herrlich und kräftig, und sie lockten sie, sich in sie hineinzuschmiegen. Er streckte eine Hand aus und sie sog scharf die Luft ein. Sie wusste, dass etwas an seinem Hiersein seltsam war, dass sie gerade dabei gewesen war, etwas anderes zu tun – nur konnte sie sich nicht daran erinnern, was oder mit wem. Ihr Verstand fühlte sich nebelhaft an, ihre Erinnerung war verschwommen. Aber nichts davon spielte eine Rolle. Daniel war hier. Sie hätte am liebsten vor Glück geweint. Sie trat auf ihn zu und legte ihre Hand in seine.
    »So«, sagte er leise. »Also, das ist die Reaktion, die ich wollte.«
    »Was?«, flüsterte Luce verwirrt. Etwas schob sich ganz vorn in ihren Geist und sagte ihr, dass sie sich von Daniel lösen musste. Aber Daniels Augen überwanden dieses Zögern, und sie ließ sich von ihm in seine Arme ziehen und vergaß alles außer den Geschmack seiner Lippen.
    »Küss mich.« Seine Stimme war ein heiseres Krächzen. Bills Stimme.
    Luce schrie auf und sprang zurück. Ihr Verstand fühlte sich an, als sei er aus einem tiefen Schlaf gerissen worden. Was war geschehen? Wie hatte sie denken können, sie sehe Daniel in …
    Bill. Er hatte sie überlistet. Sie entriss ihm ihre Hand, oder vielleicht ließ er sie auch während des Blitzes fallen, als er

Weitere Kostenlose Bücher