Engelsflammen: Band 3 (German Edition)
Steinen entlang, um das Wasser zu überqueren. Sie schwitzte in den Unterröcken und dachte daran, aus dem engen und warmen Kleid zu schlüpfen und direkt ins Meer zu springen.
»Wie viel Zeit habe ich mit Lulu?«, fragte sie. »Bevor es passiert?«
Bill hob die Hände. »Ich dachte, du wolltest dich nur mit eigenen Augen davon überzeugen, dass die Liebe zwischen Daniel und dir echt ist.«
»Ja, genau.«
»Dafür brauchst du nicht mehr als zehn Minuten.«
Sie kamen zu einem kurzen, von Orchideen gesäumten Pfad, der zu einem weiteren makellosen Strand führte. Eine kleine strohgedeckte Hütte erhob sich auf Pfählen am Rande des hellblauen Wassers. Hinter der Hütte wankte eine Palme im Wind.
Bill hockte sich in der Luft schwebend über ihre Schulter. »Guck sie dir an.« Dann zeigte er mit seiner steinernen Klaue auf die Palme.
Luce beobachtete voller Respekt, wie zwei Füße aus den Wedeln hoch oben auf dem Baumstamm auftauchten. Dann warf ein Mädchen, das nicht mehr trug als einen geflochtenen Rock und eine riesige Blütenkette, vier struppige braune Kokosnüsse auf den Strand, bevor es den knorrigen Stamm hinunterglitt.
Ihr Haar war lang und offen und brach in seinen dunklen Strähnen das Licht der Sonne wie Diamanten. Luce wusste genau, wie es sich anfühlte, wenn es in Wellen über ihre Taille floss und sie am Arm kitzelte. In der Sonne hatte Lulus Haut einen dunklen goldbraunen Ton angenommen – dunkler, als Luce es je gewesen war, selbst als sie einen ganzen Sommer im Strandhaus ihrer Großmutter in Biloxi verbracht hatte –, und ihr Gesicht und ihre Arme waren mit dunklen, geometrischen Tätowierungen übersät. Sie war irgendwo zwischen überhaupt nicht wiederzuerkennen und Luce pur.
»Wow«, flüsterte Luce, als Bill sie hinter einen buschigen lila blühenden Baum zerrte. »He – Au! Was machst du da?«
»Dich zu einem sicheren Ausguck geleiten.« Bill zog sie wieder hinauf in die Luft. Sobald sie auf Höhe der Baumwipfel waren, flog er sie zu einem kräftigen Ast und ließ sie darauf plumpsen. Jetzt konnte sie den ganzen Strand sehen.
»Lulu!«
Die Stimme drang Luce durch die Haut und direkt ins Herz. Daniels Stimme. Er rief nach ihr. Er wollte sie. Brauchte sie. Luce wandte sich der Stimme zu. Sie bemerkte nicht einmal, dass sie sich bereits aufgerichtet hatte, als könne sie einfach aus dem Baumwipfel spazieren und zu ihm fliegen – bis Bill sie am Ellbogen packte.
»Genau deswegen musste ich deinen Popa’a-Popo hier heraufschleppen. Er spricht nicht mit dir. Er spricht mit ihr.«
»Oh.« Luce ließ sich auf den Ast zurücksinken. »Stimmt.«
Auf dem schwarzen Sand begann Lulu, das Mädchen mit den Kokosnüssen, zu rennen. Und von der anderen Seite des Strandes kam ihr Daniel entgegengelaufen.
Er trug nur abgeschnittene dunkelblaue Hosen, die an den Rändern ausgefranst waren. Sein Oberkörper war wunderschön gebräunt und muskulös und seine Haut glitzerte von einem erfrischenden Bad im Meer. Seine nackten Füße warfen Sand auf. Luce beneidete das Wasser, beneidete den Sand. Beneidete alles, das Daniel berühren durfte, während sie hier oben in diesem Baum festsaß. Am meisten beneidete sie ihr früheres Ich.
Luce konnte sich nicht daran erinnern, Daniel jemals so glücklich und natürlich gesehen zu haben wie jetzt, da er auf Lulu zulief. Sie hätte weinen mögen.
Als er bei ihr war, schlang Lulu die Arme um ihn, und er riss sie hoch und wirbelte sie herum. Dann stellte er sie wieder auf die Füße und bedeckte sie mit Küssen, küsste ihre Fingerspitzen und ihre Unterarme bis hinauf zu ihren Schultern, ihrem Hals, ihrem Mund.
Bill machte es sich an Luce’ Schulter bequem. »Weck mich, wenn’s zur Sache geht«, sagte er und gähnte.
»Du bist ja pervers!« Sie wollte ihn schlagen, aber sie wollte ihn nicht berühren.
»Du denkst auch immer nur an das Eine, was? Ich meine das Tätowieren . Ich stehe auf Tattoos, okay?«
Als Luce wieder zu dem Paar am Strand schaute, führte Lulu Daniel zu einer geflochtenen Matte, die nicht weit von der Hütte entfernt auf dem Sand ausgebreitet war. Daniel zog eine kurze Machete aus dem Gürtel seiner Hose und hackte auf eine der Kokosnüsse ein. Nach einigen Hieben trennte er den Deckel ab und reichte die geöffnete Frucht Lulu. Sie trank in tiefen Zügen, wobei ihr Milch aus den Mundwinkeln rann. Daniel küsste sie fort.
»Es wird nicht tätowiert, sie haben bloß …« Luce brach ab, als ihr früheres Ich in der Hütte verschwand.
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