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Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Titel: Engelsflammen: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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der Liebenden auf dem Sand in die Länge. »Bitte. Ich möchte eine gute Erinnerung behalten. Ich möchte sie nicht sterben sehen.«
    Bill verzog verwirrt das Gesicht, aber er schwieg.
    Luce konnte nicht länger warten. Sie schloss die Augen und ließ ihr Verlangen einen Verkünder herbeirufen. Als sie die Augen wieder öffnete, konnte sie ein Beben in dem Schatten eines nahen Passionsfruchtbaumes sehen. Sie konzentrierte sich und beschwor den Verkünder mit aller Macht, bis er zu zittern begann.
    »Komm schon«, sagte sie zähneknirschend.
    Endlich befreite sich der Verkünder, zischte von dem Baum weg und durch die Luft und kam direkt vor ihr schwebend zum Stehen.
    »Immer mit der Ruhe«, murmelte Bill, der über dem Ast hockte. »Verzweiflung und Verkünderreisen passen nicht gut zusammen. Wie saure Gurken und Schokolade.«
    Luce starrte ihn an.
    »Ich meine: Sei nicht so verzweifelt, dass du aus den Augen verlierst, was du eigentlich willst.«
    »Ich will weg von hier«, erklärte Luce, aber sie konnte den Schatten nicht in eine stabile Gestalt bringen, so sehr sie sich auch bemühte. Sie sah nicht zu dem Paar unten im Sand hinüber, aber trotzdem konnte sie die Dunkelheit spüren, die sich am Himmel über dem Strand bildete. Es waren keine Regenwolken. »Hilf mir, Bill.«
    Er seufzte, griff nach der dunklen Masse in der Luft und zog sie zu sich hin. »Dies ist dein Schatten, verstehst du? Ich betätige ihn, aber es ist dein Verkünder und deine Vergangenheit.«
    Luce nickte.
    »Was heißt, dass du keine Ahnung hast, wo er dich hinbringt, und ich trage keine Verantwortung.«
    Sie nickte wieder.
    »Also schön.« Er rieb einen Teil des Verkünders, bis dieser dunkler wurde, dann fing er die dunkle Stelle mit einer Klaue und riss daran. Es funktionierte wie eine Art Türknauf. Der Gestank von Moder wehte heraus und Luce musste husten.
    »Ja, ich rieche es auch«, sagte Bill. »Das Teil ist nicht mehr das neuste.« Er bedeutete ihr voranzugehen. »Ladies first.«

    Preußen, 7. Januar 1758
    Luce’ Nase wurde von einer Schneeflocke geküsst.
    Dann von noch einer und noch einer und immer mehr, bis ein Schneegestöber die Luft erfüllte und die ganze Welt weiß und kalt wurde. Sie blies eine lange Atemwolke in die Kälte.
    Irgendwie hatte sie gewusst, dass sie hier landen würden, obwohl sie sich nicht sicher war, wo genau hier war. Sie wusste nur, dass der Nachmittagshimmel dunkel war von einem wilden Sturm und nasser Schnee ihre schwarzen Lederstiefel durchdrang, ihr in die Zehen biss und sie bis ins Mark frieren ließ.
    Sie ging auf ihre eigene Beerdigung.
    Sie hatte es in dem Moment gespürt, als sie durch den Verkünder geschritten war. Eine nahende Kälte, unerbittlich wie eine Eisdecke. Sie fand sich an den Toren eines Friedhofs wieder. Hinter ihr erstreckte sich eine baumbestandene Straße. Kahle Zweige reckten sich dem stahlgrauen Himmel entgegen. Vor ihr lag eine kleine Anhöhe von schneebedeckter Erde, Grabsteine und Kreuze ragten aus dem Weiß wie spitze, schmutzige Zähne.
    Einige Schritte hinter ihr stieß jemand einen Pfiff aus. »Bist du dir sicher, dass du hierfür bereit bist?« Bill. Er klang atemlos, als habe er sie gerade erst eingeholt.
    »Ja.« Sie schnatterte vor Kälte und drehte sich erst um, als Bill neben ihren Schultern heruntergerauscht kam.
    »Hier«, sagte er und hielt ihr einen dunklen Nerzmantel hin. »Dachte, du frierst vielleicht.«
    »Woher hast du …«
    »Ich hab ihn von einer Tussi abgegriffen, die von dem Markt dahinten nach Hause ging. Keine Bange, sie hatte schon genug natürliche Polsterung.«
    »Bill!«
    »He, du brauchst ihn!« Er zuckte die Achseln. »Halte ihn in Ehren.«
    Er drapierte den dicken Mantel über Luce’ Schultern und sie zog ihn fester um sich. Der Mantel war unglaublich weich und warm. Eine Welle der Dankbarkeit überflutete sie, sie streckte die Hand aus und ergriff seine Klaue, und es störte sie nicht einmal, dass sie kalt und klebrig war.
    »In Ordnung«, sagte Bill und drückte ihre Hand. Für einen Moment spürte Luce eine seltsame Wärme in den Fingerspitzen. Doch dann war die Wärme verschwunden und Bills steinerne Finger waren eiskalt. Er atmete nervös durch. »Ähm. Äh. Preußen, Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. Du wohnst in einem kleinen Dorf an den Ufern des Flusses Havel. Sehr hübsch.« Er räusperte sich und hustete einen großen Klecks Schleim aus, ehe er fortfuhr. »Ähm, ich sollte wohl sagen, du hast hier gelebt. Du bist gerade –

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