Engelsflammen: Band 3 (German Edition)
Flügel!«
»Er ist ein Gott! Von Chaak zu uns gesandt!«
Luce kämpfte mit den Seilen an ihren Händen und Füßen. Sie musste zu Daniel. Sie versuchte, zu ihm zu kommen, bis …
Bis sie sich nicht mehr bewegen konnte.
Daniels Flügel waren so strahlend hell, dass es fast unerträglich war. Nur dass es jetzt nicht nur Daniels Flügel waren, die leuchtenden. Es war … sein ganzer Körper. Als habe er die Sonne verschluckt.
Musik erfüllte die Luft. Nein, nicht Musik, sondern ein einziger harmonischer Akkord. Ohrenbetäubend und endlos, herrlich und erschreckend.
Luce hatte ihn schon einmal irgendwo gehört. Auf dem Friedhof der Sword & Cross, in der letzten Nacht, die sie dort verbracht hatte, der Nacht, in der Daniel gegen Cam gekämpft hatte und Luce nicht hatte zusehen dürfen. In der Nacht, in der Miss Sophia sie weggezerrt hatte und Penn gestorben war und nichts mehr so gewesen war wie zuvor. Es hatte mit genau demselben Akkord begonnen und der Akkord ging von Daniel aus. Er leuchtete so hell, dass sein Körper summte.
Sie schwankte, außerstande, den Blick loszureißen. Ein Schwall heißer Luft schlug ihr entgegen.
Hinter Luce schrie jemand auf. Dem Schrei folgte ein weiterer Schrei und dann noch einer, und dann schrie ein ganzer Chor von Stimmen.
Irgendetwas brannte. Es roch sauer, nahm ihr die Luft und drehte ihr den Magen um. Dann sah sie aus dem Augenwinkel einen plötzlichen Feuerball, genau da, wo eben noch Zotz gestanden hatte. Der Knall warf sie zurück und sie wandte sich von der brennenden Helligkeit Daniels ab. Die schwarze Asche und der bittere Rauch ließen sie husten.
Hanhau war verschwunden, und der Boden, wo sie gestanden hatte, war schwarz versengt. Der Mann mit den Zahnlücken versteckte sein Gesicht und tat alles, nur um Daniels Strahlen nicht anzuschauen. Aber es war unwiderstehlich. Luce sah, wie der Mann zwischen den Fingern hindurchspähte und in einer Säule aus Flammen aufging.
Überall um den Cenote herum starrten die Maya Daniel an. Und einer nach dem anderen wurde von seinem Licht in Brand gesetzt. Bald erleuchtete ein heller Ring aus Feuer den Dschungel, entzündete jeden einzelnen außer Luce.
»Ix Cuat!« Daniel streckte die Hände nach ihr aus.
Sein Glühen ließ Luce vor Schmerzen aufschreien, aber obwohl sie Angst hatte, zu ersticken, sprudelte es aus ihr heraus. »Du bist wunderbar. «
»Schau mich nicht an«, flehte er. »Wenn ein Sterblicher das wahre Wesen eines Engels erblickt, dann – du siehst ja, was mit den anderen passiert. Ich kann dich nicht so schnell wieder gehen lassen. Nicht schon wieder so schnell …«
»Ich bin noch hier«, beruhigte Luce ihn.
»Du bist noch …« Er weinte. »Kannst du mich sehen? Mein wahres Ich?«
»Ich kann dich sehen.«
Und für den Bruchteil einer Sekunde konnte sie es tatsächlich. Ihr Blick klärte sich. Sein Strahlen war immer noch hell, aber nicht mehr so blendend. Sie konnte seine Seele sehen. Sie war weiß glühend und makellos, und sie schaute aus wie – es gab keine andere Möglichkeit, es auszudrücken –, wie Daniel . Und es kam ihr so vor, als komme sie nach Hause. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchflutete Luce. Irgendwo in ihrem Kopf klingelte etwas. Etwas kam ihr bekannt vor. Sie hatte ihn schon einmal so gesehen.
Oder etwa nicht?
Während ihr Verstand sich bemühte, in die Vergangenheit zu sehen, die sie nicht ganz greifen konnte, wurde sie von seinem Licht überwältigt.
»Nein!«, rief sie und spürte, wie ihr das Feuer das Herz verbrannte und ihr Körper sich von etwas Unbestimmtem frei machte.
»Und?« Bills knirschende Stimme tat ihr in den Ohren weh.
Sie lag auf einer kalten Steinplatte. Sie war wieder in einer der Höhlen eines Verkünders, gefangen an einem eisigen Zwischenort, wo es schwer war, an irgendetwas außerhalb dieses Ortes festzuhalten. Verzweifelt versuchte sie, sich vorzustellen, wie Daniel dort draußen ausgesehen hatte – die Schönheit seiner unverhüllten Seele –, doch es war vergebens. Es entglitt ihr bereits. War es überhaupt geschehen?
Luce schloss die Augen und versuchte, sich genau daran zu erinnern, wie er ausgesehen hatte. Es gab keine Worte dafür. Es war einfach eine unglaubliche, von Glück erfüllte Verbindung.
»Ich habe ihn gesehen.«
»Wen, Daniel? Ja, ich habe ihn auch gesehen. Er war der Bursche, der die Axt fallen ließ, als er mit dem Köpfen an der Reihe war. Großer Fehler. Riesengroßer Fehler.«
»Nein, ich habe ihn wirklich gesehen.
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